Die #Beraterberaterin Was haben Buyer Persona, ein Italien-Urlaub und der ID.3 von VW gemeinsam?

Wer sich als Beratung nachhaltig differenzieren möchte, braucht maßgeschneiderten Business-Content. Zwei Tricks, wie das gelingt: Eine eigene Marken-Tonalität und Buyer Persona. Beraterberaterin Susanne Mathony spannt in ihrer Kolumne den Bogen zwischen den drei Killer-R’s: Reputation, Relationships und Revenues.

Herbert Diess weilt gerade im Italien-Urlaub – mit Tochter Caro und einem ID.3, dem Elektrofahrzeug von VW.

Woher ich das weiß?

Ich habe seinen LinkedIn-Post am 6. August gelesen – dieser hat bereits 4.500 Likes. Die 330 Kommentare sind durchgehend positiv – was bei der Zunahme der Hater in Social Media bemerkenswert ist. Die Kommunikationsstrategie ist also aufgegangen.

Herbert Diess, Volkswagen-Posting (Bild: (Bild: Posting Herbert Diess – LinkedIn-Profil)

(Bild: Posting Herbert Diess - LinkedIn-Profil).

Ihm wird nicht nur ein schöner Urlaub gewünscht, sondern detailliert nach seiner User Experience mit dem ID.3 gefragt und weitere Vermarktungsmöglichkeiten wie YouTube-Videos oder Roadtrip-Reportagen von Leitmedien offeriert.

Zu seinem Urlaub – auch als DAX-CEO – hatte er sich in seinem Pulse-Artikel in der Vorwoche bekannt, mit dem Hinweis: "Der Laden muss laufen, wenn der Chef mal nicht da ist". Kurzum: Ein echter Social CEO und Influencer.

Was zur Frage führt:

Warum sind viele Posts von Chefs der Professional Services-Player oft hölzern-trocken, fast schon gefährlich austauschbar?

Das Gros der Feeds liest sich nahezu identisch: Studien-Launches, der Start neuer Partner-Kollegen oder das Sponsoring von Konferenzen. In einer sommerlichen Auszeit scheint von den Deutschland-Chefs von BCG, Bain, oder Kearney jedenfalls keiner zu sein.

Zwar zeigen sich immer mehr Beratungschefs mit Selfies und wagen erste Schritte im modernen Storytelling. Aber so richtig unterscheidbar sind sie (noch) nicht – auch wenn immer mehr Social-Media-Berater damit werben, dass sie ihren Klienten und Klientinnen keine Posts verkaufen, sondern klare Meinungsführerschaft.

Eine gewisse "Gesichtslosigkeit" von Beraterstudien

Das Problem der gewissen "Gesichtslosigkeit" gilt auch für so manche Beraterstudie. Das Branding – sprich Logo, Farbgebung und Typo – verraten den Absender. Aber die Tonality? Eher nicht. Dabei sollte sich die Markendifferenzierung von Beratungsgesellschaften doch auch hier widerspiegeln!

Warum?

Der Kampf um Marktanteile hat unter COVID19 nochmals massiv zugenommen. Konsequente Differenzierung ist kriegsentscheidender denn je. Die Wirkung des eigenen Content-Marketings weiter zu maximieren - einschließlich der Thought Leadership - ist ein Must.

Leider gilt weiter: "Gut gemeint, ist nicht immer gut gemacht", sprich: Nur überzeugender Content konvertiert in Meetings, Leads und Projektaufträge. Hier existiert noch ein Delta zwischen dem, was Professional Services-Player produzieren und dem, was sich Klienten und Klientinnen wünschen. Es gibt also Nachhol- wie Schärfungsbedarf, um "distinctive" zu sein.

Anspornen sollten vier Zahlen von Source Global

  1. 85 Prozent der CXOs beschäftigen sich täglich mit Business-Content, verglichen mit "nur" 66 Prozent der Führungsebenen darunter.
  2. 90 Prozent der CXOs ist bereit, mindestens 30 Minuten in ein Thought Leadership-Piece zu investieren - wenn sie denn das Thema interessiert
  3. 25 Prozent kontaktieren die Beratung, um den Content zu diskutieren
    und
  4. Neun Prozent kaufen daraufhin Beratungsleistungen.

Jetzt zuckt man ggf. und denkt: Knapp ein Zehntel ist verdammt wenig!

Dennoch: Es lohnt sich.

Für Vorstände ist Thought Leadership nicht nur das Mittel der Wahl, um am Puls der Zeit zu sein, sondern auch mit Berater*innen im Dialog zu bleiben. Starker Content hält die Tür zu Klienten und Klientinnen offen bzw. ist – wenn richtig gemacht – der begehrte Backstage-Pass zur frühen (Priorisierungs-) Phase im Kaufprozess.

Die Krux:

Die Anspruchshaltung gegenüber dem Content von Unternehmensberatungen und Wirtschaftsprüfungen steigt weiter. Unternehmenslenker*innen sind eben smarte Buyer mit klaren, eigenen Ansichten, was funktioniert und was nicht. Einige reagieren mittlerweile geradezu allergisch, wenn sie irrelevantes oder wenig überzeugendes Material erhalten.

Diese allergische Verstimmung korreliert auch mit dem puren Volumen, der in Inboxen landet. Source Global spricht von durchschnittlich fünf Mails pro Tag von verschiedenen Beratungen. Vorstände aber haben weder Zeit noch Lust durch Content zu waten, sondern erwarten smarter getaktetes Volumen und höhere Relevanz.

Womit wir wieder bei der Differenzierung, als größte Herausforderung sind:
Zu viele Allgemeinplätze, zu viel "me too". Dafür zu wenig eigene Standpunkte und klare Ableitungen und Vorschläge, was Unternehmen in der Praxis, wie umsetzen sollen.

Die drei Killer-R's: Reputation, Relationships und Revenues

Fragen Sie sich also immer: Funktioniert Ihr Content in Ihrer Marketing-Wertschöpfungskette? Beeinflusst es Ihre Reputation, schafft es Relationships und hilft es, Projekte zu gewinnen?

Wenn diffus ist, wer eigentlich die Zielgruppe ist, welchen Benefit eigene Studien & Posts schaffen, dann werden Entscheider*innen diese nicht von A-Z lesen. Die Konsequenz: Marketing-Budget wird verbrannt.

Finden Sie die Nische, die Wettbewerber noch nicht zu Tode kommentiert haben und überzeugen Sie durch echte Insights – und mit Ihrem ganz individuellen "Tone of Voice". Zeigen Sie sich etwas weniger operativ, dafür individueller und "menschlich nahbarer".

Denken Sie auch darüber nach, Ihre Beratungsmarke durch die Marken einzelner Berater aufzuladen. Schenken Sie ausgewählten Kollegen und Kolleginnen, als "Brand Ambassadors", den Freiraum, ihre Persönlichkeit und ihre Ansichten in den Content einzubringen. Wie sie ihr Ziel erreichen bzw. "Make your content click!"

Wer sind Sie auf einer Cocktailparty?

Wenn Sie nun grübeln, welche Tonality Ihr Content haben sollte, fragen Sie sich: Wären Sie der Gast einer Cocktailparty? Oder wer möchten Sie dann sein?

Mehr denn je möchten Targets auch im Business eine emotionale Bindung zu Marken aufbauen. Sie erwarten Content, der sie direkt anspricht – im doppelten Sinne des Wortes. Marketer müssen also die Zielgruppe genau kennen und wissen, wie sie diesen Inhalt zum Klicken bringen.

Hier kommt der sogenannte "Tone of Voice" ins Spiel. Die Art und Weise, wie mit der eigenen Audience kommuniziert wird – bei klassischen Studien genauso wie Online - entscheidet über fast alles: Nicht nur, wie engagiert Klienten und Klientinnen Texte lesen, sondern auch, ob diese zur Interaktion motiviert werden können. Der "Tone of Voice" transportiert alles, was Marke und Klient*innen ausmacht. Er reflektiert auch, wie Ihre Zielgruppe Sie im Projektalltag kennen und schätzen gelernt hat sowie der Target Audience angemessen ist.

Da besonders in den Online-Marketing-Kanälen, inklusive Social Media, der höchste Noise stattfindet, reicht es nicht, "einfach mitzumischen". Sie sollten sich wirklich abheben und auffallen. Hilfreich dabei: Das Erstellen einer eigenen Marken-Persona.

Was ist eine Persona?

Vereinfacht: Die Kombination von Eigenschaften oder Qualitäten, die eine ausgeprägte Markenpersönlichkeit bilden – also eine eigene Stimme, ein anderer Ton, Charakter oder Ansatz. Audience oder Follower müssen verstehen, wer Sie sind und wofür Sie stehen.

Trocken formuliert: Niemand möchte mit einem Logo sprechen, sondern nur mit echten Menschen.

Bevor Sie also Ihre nächste Studie oder Ihren nächsten Post schreiben, definieren Sie vorher Ihre "Buyer Persona". Anders als abstrakte, heterogene Zielgruppen, besitzt eine Buyer Persona ein konkretes Gesicht. Es ist die fiktive Person, die typische Klienten und Klientinnen repräsentiert. Dieses Konzept macht es einfacher, die Bedürfnisse, Herausforderungen und Handlungen der idealen Klienten und Klientinnen besser zu verstehen. So können Inhalte maßgeschneidert angepasst werden. Mit einer Buyer Persona vor Augen wird nicht einfach Content geschrieben, sondern für Jemanden.

Was zur abschließenden Frage führt - besonders im Bereich Social Media: Schreiben oder schreiben lassen?

Aus Erfahrung sage ich: Beides!

Alle Professional Services-Player haben mittlerweile – inhouse oder in ihren Agenturen - Social Media-Spezialisten, die ihre Feeds füttern. Schließlich haben Beratungschefs anderes zu tun, als 20 Minuten täglich eigene Posts zu texten.

So legitim dieses Outsourcing ist, so verlangt es dennoch viererlei, um wirklich erfolgreich und nachhaltig zu sein:

  1. Echtes Commitment zum Vermarktungskanal
  2. Saubere Definition der Themen, die über die reine Verlautbarungskommunikation hinausgehen
  3. Kontinuierliches Einspielen eigener Ideen und Elemente
  4. Vorgabe des persönlichen Stils.

Bitte nicht falsch verstehen: Kein Beratungschef* sollte sich in einer Home Story exponieren – BUNTE und Gala kann er/sie getrost B-Promis aus dem Show-Biz überlassen.

Aber ein bisschen persönlicher darf es dennoch sein. Und wenn man dann geschickt Produktwerbung macht – wie eben Herbert Diess für sein Elektrofahrzeug – nimmt das niemand krumm.

 

Susanne Mathony, Mathony Brand Strategists
Susanne Mathony, Mathony Brand Strategists
Zur Person: Susanne Mathony, Geschäftsführerin von Mathony Brand Strategists. Die internationale Marketing- und Kommunikationsberaterin blickt auf mehr als zwei Jahrzehnte Führungserfahrung im Bereich Professional Services zurück. Auf EMEA- und globaler Ebene arbeitete sie u.a. für Accenture, Strategy& sowie Russell Reynolds Associates. Die ausgebildete Journalistin und Politologin begann ihre Karriere in einem Think Tank in Washington.

 

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