Deep Dive Consulting: Kolumne von Jörg Hossenfelder Consultants sehen Restrukturierungs- und Sanierungsprojekte im Aufwind

In der Automobilindustrie erwarten die Befragten am häufigsten einen Restrukturierungsbedarf (Bild: picture alliance / SvenSimon | Frank Hoermann/SVEN SIMON)
In unserer jüngst veröffentlichten Lünendonk-Studie 2023 „Managementberatung in Deutschland“ haben wir, abseits der Standardfragen zu Umsatz- und Mitarbeiterentwicklung, Leistungsspektrum und Marktsektoren, ein besonderes Augenmerk auf den Themenkomplex „Restrukturierung und Sanierung“ gerichtet.
Die Daten des Sonderkapitels zeigen: 79 Prozent der befragten Consultants rechnen damit, dass die Zahl der Restrukturierungsfälle in den nächsten zwölf Monaten zunehmen wird, und rund ein Fünftel damit, dass es konstant bleibt (21%). Von einem Nachlassen geht niemand aus. Soweit jedenfalls der generelle Trend. Doch wie fällt der Blick auf die verschiedenen Branchen aus?
Daher wollten wir von den Consultants wissen: Bei welchen Branchen erwarten Sie für 2023 erhöhten Restrukturierungsbedarf?

Automobilindustrie und Maschinenbau mit erhöhtem Bedarf
Unangefochten an erster Stelle steht die Automobilindustrie – hier erwarten rund 93 Prozent der Befragten Restrukturierungsbedarf. Zwar agieren auch andere Branchen in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld, doch es wird erkennbar, dass sich gerade diese Industrie in einem großen Transformationsprozess befindet. Allein schon regulatorische Anforderungen, gesellschaftliche Entwicklungen und technische Innovationen erfordern verstärkt Restrukturierungsmaßnahmen und Investitionen in beispielsweise Zukunftstechnologien und die Elektrifizierung des Fahrzeugportfolios. Hinzu kommen derzeit volatile Lieferketten, Halbleitermangel und steigende Preise für Energie und Rohmaterialien.
Aber auch für die Maschinenbau-Branche sehen 63 Prozent der Studienteilnehmenden Anpassungsbedarf, gefolgt von Banken und Handel mit jeweils 42 Prozent. An fünfter Stelle kommt die Verkehr- und Logistikbranche mit rund 34 Prozent. Abschließend sei an dieser Stelle noch auf die Chemie- und Pharmabranche sowie den Energiesektor verwiesen, für die jeweils 32 Prozent der Studienteilnehmenden Restrukturierungsbedarf erwarten.
Der Restrukturierungs- und Sanierungsbedarf variiert von Branche zu Branche, doch für alle gilt: Sie agieren in einem Umfeld, in dem eine schnelle konjunkturelle Erholung unwahrscheinlich ist.
Der ifo Geschäftsklimaindex sank im Juli zum dritten Mal in Folge - die Konjunktur lahmt und die Inflation ist weiterhin auf einem hohen Niveau. Klar ist: Der derzeit hohe Preisauftrieb senkt die Realeinkommen und damit die Kaufkraft der privaten Haushalte, was insbesondere die verbrauchernahen Branchen weiter unter Druck setzen wird. Parallel dazu steigt das Risiko von Kreditausfällen. Doch auch die Lage der energieintensiven Produktionsbereiche dürfte weiter angespannt bleiben.

Kostensenkungs- und Effizienzsteigerungsprogramme im Fokus
Wir haben die Studienteilnehmenden außerdem gefragt, welche konkreten Restrukturierungsmaßnahmen sie aktuell im Fokus sehen. Für 91 Prozent kommen den klassischen Kostensenkungs- beziehungsweise Effizienzsteigerungsprogrammen eine besondere Bedeutung zu. Danach folgen bereits Maßnahmen zur Geschäftsmodellinnovation/Veränderung der Wertschöpfungskette sowie der Optimierung von Organisation und Prozessen (jeweils 81%). Angesichts der Nachhaltigkeitsthematik auch interessant: Für rund 43 Prozent der Befragten sind auch Anpassungen im Rahmen der Nachhaltigkeit notwendig, um Unternehmen zukunfts- und wettbewerbsfähig aufzustellen.
Die Mehrheit erwartet zweistellige Umsatzzuwächse
Abschließend wollten wir von den Consultants wissen: Erwarten Sie aufgrund der aktuellen Situation für Ihr Unternehmen Umsatzzuwächse in den Segmenten Restrukturierung und Sanierung? Fall ja, wie hoch schätzen Sie das Potenzial in Prozent Ihres Gesamtumsatzes? Für 61 Prozent der Befragten ist klar: Die Umsätze in diesem Segment werden steigen, und dies in einer Höhe von durchschnittlich 15,9 Prozent des Gesamtumsatzes.
Soweit jedenfalls die Prognosen der Consultants. Inwieweit sie realisiert werden können, bleibt abzuwarten.
Jedoch sollte der Blick nicht nur zur Krisenresilienz gehen. Die deutsche Wirtschaft befindet sich im Umbruch. Hier ist die Leistung der Consultants ebenfalls gefragt, besonders bei Transformations- und Wachstumsthemen. Gerade die Digitalisierung wird (weiterhin) viel zu verändern wissen. Weitere Insights gewünscht? Umfassende Kennzahlen, Entwicklungen und Analysen zum Consulting-Markt in Deutschland bietet die Lünendonk-Studie, die Ende Juli erschienen und unter www.luenendonk.de erhältlich ist.
Über die Person
Jörg Hossenfelder ist Kommunikations- sowie Politikwissenschaftler und studierte bis 2000 an den Universitäten Mainz und Bologna. Nach seinem Studium beriet er als Kommunikations-Berater B2B-Unternehmen. 2004 übernahm er die Leitung der Research-Abteilung bei Lünendonk & Hossenfelder. Seit Juli 2005 ist Hossenfelder Geschäftsführer, seit 2009 Geschäftsführender Gesellschafter. Jörg Hossenfelder verantwortet die Marktsegmente Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Advisory und Business Consulting.
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