Deep Dive Consulting: Kolumne von Jörg Hossenfelder, Lünendonk Consulting 2022: Planvoll und agil in das neue Jahr

Ende Oktober 2021: Das zweite Pandemie-geprägte Jahr neigt sich in absehbarer Zeit dem Ende zu. Angesichts der aktuellen Schwierigkeiten in den globalen Lieferketten sind ein langfristiger Blick auf das was kommt und zu erwarten ist und vorausschauendes Planen das Gebot der Stunde. Gleichzeitig hat die Krise gelehrt, gewappnet zu sein und sich nicht auf dem Status quo auszuruhen. Ständiges Sich-Infragestellen und die Anpassung an neue Gegebenheiten machen den Plan von heute morgen vielleicht schon wieder obsolet.
Consulting-Markt blickt optimistisch ins Jahr 2022

Bis 2026 rechnen die Beratungsunternehmen mit einem stabilen Wachstum. (Bild: MB-Studie 2021)
Auch die Managementberatungs-Unternehmen richten den Blick nach vorn. Das Corona-Jahr 2020 hat ohne Zweifel zu einem Dämpfer geführt. Erstmals nach zehn Jahren ununterbrochenem Wachstum verzeichnete der deutsche Managementberatungsmarkt einen Umsatzrückgang: die Top-15-Consultants mit Hauptsitz in Deutschland mussten im Mittel einen Umsatzrückgang von 6,1 Prozent verkraften. Die Kehrtwende soll schon im aktuellen Geschäftsjahr 2021 geschafft werden. Laut unserer aktuellen Studie zu Managementberatungen in Deutschland erwarten die Top 15 ein durchschnittliches Plus von 8,7 Prozent, die internationalen Consultants ein solches von 10,3 Prozent. Für 2022 fallen die Erwartungen noch positiver aus. Die Top 15 der deutschen Beratungsunternehmen erwarten +9,6 Prozent Wachstum, internationale Beratungen sind optimistischer und rechnen gar mit einem Plus von 10,3 Prozent.
Ein positives Signal sendet auch die Einschätzung der eigenen Umsatzerwartungen gegenüber der Markteinschätzung. Die Gesamtheit aller befragten Consulting-Unternehmen rechnet 2022 mit einem Marktwachstum von 7,1 Prozent, planen für sich selbst jedoch, deutlich stärker als der Markt zu wachsen. Im Durchschnitt liegen die Erwartungen für den eigenen Umsatz bei +10,6 Prozent. Die Krise scheint demnach überwunden und die Consulting-Häuser melden zur Jahreshälfte 2021 volle Auftragsbücher sowie hohe Auslastungszahlen. Teilweise müssen Projekte verschoben oder abgelehnt werden – mangels Personals.
Wachstum durch neue Themenfelder und Zukäufe
Aber wo genau sehen die Consulting-Häuser ihre Wachstumsfelder? Unsere Befragung zeigt, dass viele Beratungsunternehmen durch digitale Transformation, Data Analytics, ESG- und Restrukturierungsberatung wachsen wollen. Die Marktdynamik ist trotz der Wettbewerbssituation ungebrochen. Als positive Nebeneffekte der Pandemie haben sich zudem eine höhere Produktivität aufgrund besserer Verfügbarkeit und Einsparungen bei Reise- und Bewirtungskosten herausgestellt. Das Interesse, anorganisch durch Zukäufe zu wachsen, ist dennoch hoch, und manche Beratung zeigt sich gewillt, alle Wachstumsoptionen zu nutzen. Diesen Weg hat Roland Berger im Juli angekündigt – wenn nötig auch mit der Hilfe externer Investoren.

Investitionsschwerpunkte der Kunden 2021 und 2022 aus Sicht der Beratenden. (Bild: MB-Studie 2021)
Wachstumsfelder der Consultants gehen Hand in Hand mit den Investitionsschwerpunkten der Kundenunternehmen – daher sei auch hier ein Blick erlaubt, welche Themen und Projekte aus Sicht der Consultants 2022 bei den Kundenunternehmen im Vordergrund stehen werden? Nachdem im Corona-Jahr 2020 Effizienz- und Kostenthemen am stärksten gewichtet wurden, ist das Thema Digitalisierung in den Geschäftsjahren 2021 und 2022 wieder als wichtigster Investitionsschwerpunkt gesetzt. 62 Prozent beziehungsweise 38 Prozent der Studienteilnehmenden glauben, dass die Kunden und Kundinnen hierin sehr wahrscheinlich beziehungsweise wahrscheinlich investieren. Als weitere relevante Investitionsschwerpunkte der Kunden und Kundinnen werden Effizienzsteigerung sowie Big Data/Business Analytics erachtet. Es überrascht daher nicht, dass die Beratungen gerade im IT-Bereich der Kundenunternehmen noch große Potenziale für Wert- und Performancesteigerungen vermuten – und auch für das eigene Geschäft hier einen Treiber sehen.
Breit und agil aufgestellt dank Berater-Ökosysteme
Um mit den veränderten Anforderungen der digitalen Transformation Schritt zu halten und in diesem Sinne breiter und agiler aufgestellt zu sein, greifen Consultants vermehrt auf Berater-Ökosysteme zurück. Hier gehen die Managementberatungen Innovationskooperationen mit Startups, Freelancern oder Agenturen ein. Das ist nicht nur angesichts des Mangels an Consulting-Talenten von Vorteil, sondern ermöglicht Kunden und Kundinnen sowie und Beratenden einen Mix aus Strategie-, IT- und Entwicklungsberatung. Vor diesem Hintergrund werden auch die Übernahme von Umlaut durch Accenture oder von Altran durch Capgemini nachvollziehbar.
Die Post-Covid-Zeit bietet den Consultants also jede Menge Chancen. Wichtig ist, dass die Beratungen in naher Zukunft möglichst flexibel und agil für kurzfristige Nachfrageschwankungen gerüstet sind – ebenso wie deren Kunden und Kundinnen, die sich ebenfalls wappnen müssen und hierfür mitunter Consultants konsultieren. Ob Boom oder Delle – beides muss im Plan sein.
Über die Person
Jörg Hossenfelder ist Kommunikations- sowie Politikwissenschaftler und studierte bis 2000 an den Universitäten Mainz und Bologna. Nach seinem Studium beriet er als Kommunikations-Berater B2B-Unternehmen. 2004 übernahm er die Leitung der Research-Abteilung bei Lünendonk & Hossenfelder. Seit Juli 2005 ist Hossenfelder Geschäftsführer, seit 2009 Geschäftsführender Gesellschafter. Jörg Hossenfelder verantwortet die Marktsegmente Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Advisory und Business Consulting.
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