Kolumne von Giso Weyand - Wie wirkt Beratermarketing Das Deutsche Neutralitätsgebot der Beratungsbranche

So neutral wie die Schweiz müssen Beratungshäuser nicht auftreten. Aber so auffallend wie die Schweizer Flagge darf es gerne sein. (Bildnachweis: picture alliance / Jürgen Schwenkenbecher)
Niemand hat auf uns gewartet
Warum wir Berater schon ein bisschen merkwürdig sein müssen
Lotte und Leo lieben Volksfeste. Mir geht es genauso wie meinen Kindern. Eines unserer Lieblingsspiele sind die Kisten mit kleinen Männchen, welche ganz schnell ihren Kopf rausstrecken und ihn ebenso schnell wieder einziehen. Man muss dann mit einem Hammer schnell den Kopf erwischen und bekommt einen Punkt. Viele Beratungsboutiquen sind wie diese Männchen: Sie tauchen schnell auf und schnell wieder ab. Auf, wenn Projekte gebraucht werden. Ab, wenn genug Projekte da sind und mal wieder „Land unter“ ist.
Das wird dann zum Problem, wenn Sie wirksam sein wollen im Marketing. Dafür braucht es Beziehung und Relevanz, wie in meinem letzten Beitrag geschildert. Denn: Niemand hat auf uns gewartet. Und kaum einer hat, weil wir uns ausgerechnet jetzt melden, ein passendes Problem zur Hand.
Wir müssen also im Kopf der entscheidenden Person sein, wenn das Problem für sie dominant wird UND sie handeln möchte. Irgendwann in den Wochen, Monaten oder Jahren vor diesem magischen Moment müssen wir es in ihren Kopf und idealerweise auch Bauch geschafft haben.
Wie schaffen wir es in den Kopf des/der Entscheidenden?
Mit relevanten Inhalten auf der einen Seite. Darüber wird noch zu reden sein. Doch die alleine schaffen es noch nicht, aufzufallen und vor allem nicht, regelmäßig mit dem Namen unseres Beratungshauses verknüpft zu sein. Wir müssen schon auch auffallen, also merk-würdig sein.
Betrachten Sie doch mal Ihre CI, Ihre Visitenkarte, Ihren Claim/Slogan, Ihre Webseite und das Autorenprofil ihres letzten Artikels oder Buchs. Und beantworten für sich diese drei Fragen aus Sicht Ihrer möglichen Kundschaft:
- Gibt es da irgendetwas, das mich beim Anschauen oder Lesen stolpern lässt, das ich merkwürdig finde, das Fragezeichen aufwirft?
- Entsteht ein echtes Bauchgefühl oder bleibe ich eher neutral?
- Gibt es einen Satz, der hängen bleibt, den ich mir merke und an dessen Inhalt ich in einigen Wochen wieder andocken könnte?
Können Sie diese drei Fragen ehrlich mit ja beantworten? Oder wenigstens zwei davon?
Okay, ich gebe das unumwunden zu: Das wir als Beratende auffallen müssen ist nun wirklich keine neue Information. Das Problem nur: Genau dieses Thema fällt meistens der operativen Hektik zum Opfer. Entweder, weil man jetzt ganz schnell seine Kanäle bespielen will (LinkedIn, PR, Vorträge, Roundtables), oder weil gerade Projekte gebraucht werden und da „so etwas langfristiges eher nice-to-have ist“.
Das Deutsche Neutralitätsgebot
Hinzu kommt eine Angst: Je mehr wir auffallen, je mehr der Kunde oder die Kundin stolpert, je mehr Fragezeichen aufgeworfen werden, desto größer unser Risiko, nicht zu gefallen. Nichts scheuen Beratende mehr als das Vergraulen potentieller Kundschaft. Wir sind sozialisiert zur Chancenverwertung – und das Gegenteil, nämlich etwas nicht zu machen, eine Chance nicht zu bekommen – ein Graus. Daraus ist schon in den 90ern etwas entstanden, was ich gerne das Deutsche Neutralitätsgebot nenne: „Möglichst neutral bleiben, möglichst niemanden abschrecken oder verunsichern, alle gut bei Laune halten“.
Doch damit verspielen Sie Ihre Chance. Denn egal was Sie tun: Merkt die Betrachterin nicht auf, merkt sie sich auch nichts. Alle Maßnahmen laufen dann ins Leere. Schade drum.
Wie Sie das Thema anpacken können, und eine merk-würdige und damit wirksame Marke sind, darüber schreibe ich in meiner nächsten Kolumne
Über Giso Weyand

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