Consulting im Style-Check – Kolumne von Wolfram Saathoff Das Kreuz mit dem Pfeil

Ein Pfeil fliegt schnell — aber nicht sonderlich weit. (Bild: Haus am Meer, Bzzrincantation)

Ein Pfeil fliegt schnell — aber nicht sonderlich weit. (Bild: Haus am Meer, Bzzrincantation)
Pfeile als Orientierungshilfe im Alltag
Ich persönlich mag Pfeile. Sie zeigen mir im Restaurant, wo die Toiletten sind; das finde ich hilfreich. Sie zeigen mir, wo ich abbiegen sollte, um nicht in den Gegenverkehr zu geraten. Dank Pfeilen weiß ich, wo bei einem Karton oben und unten ist und in welche Richtung ich den Hahn drehen muss, damit das Wasser warm wird.
Praktischerweise gibt es Pfeile in alle Richtungen: Nach links scheinen sie in die Vergangenheit zu zeigen, nach rechts geht es irgendwie immer zu McDonald’s (ist Ihnen das auch schon aufgefallen? McDonald’s ist immer in Fahrtrichtung rechts). Nach oben geht es in die Herrenabteilung und nach unten wird die DVD ausgeworfen.
Pfeile zeigen auch gerne nach oben links (A46 Richtung Köln/Wuppertal), nach unten rechts (Notausgang) und so weiter und so fort.
Sie verstehen das Prinzip: Pfeile zeigen uns Richtungen an, in die sich zu bewegen sinnvoll ist.
Was ist ihre Bedeutung in Bildmarken?
Aber als Teil des Logos einer Unternehmensberatung? Haben Sie doch auch schon tausend Mal gesehen: Irgendein Firmen-, gerne Familienname in Blaugrau und irgendwo in räumlichem Zusammenhang ein ebenso blaugrauer Pfeil, der nach oben rechts zeigt. Ja genau, immer nach oben rechts.
Wo geht es da denn eigentlich hin? Zum Rand des Briefpapiers? Zum Kollegen, der schräg gegenüber in seinem Schreibtischstuhl döst? Zur Zimmerdecke? Gar ins Weltall? Was soll ich da? Was will der Pfeil mir zeigen?
Reden wir mit Kunden über Bildmarken, kommt normalerweise so etwas zutage wie: »Sie soll Dynamik symbolisieren, aber auch Standfestigkeit. Seriös soll sie aussehen und Tatkraft ausstrahlen. Sie muss modern wirken, soll aber auch Tradition und Werte vermitteln. Verlässlichkeit und Authentizität.« In solchen Gesprächen erinnere ich mich gerne an Wolfgang Schäuble, der sagte: »Deutschland muss und wird seine Rolle als Stabilitätsanker und Wachstumslokomotive spielen«, und denke darüber nach, ob es sich dabei um ein Paradoxon oder ein Oxymoron handelt (es ist Letzteres!).
Ohne echten Sinn kein Mehrwert
Da der Widerspruch unaufgelöst bleibt, kommt die fachlich unbeschuhte Wald-und-Wiesen-Agentur dann in aller Regel mit oben benanntem Pfeil nach rechts oben um die Ecke. Das ist dynamisch, das zeigt vorwärts und nach ganz oben (da will man ja schließlich auch hin!). Kunde und Agentur lächeln sich zufrieden an, man gibt sich ein Highfive. Eine weitere austauschbare Bildmarke hat das Licht der Welt erblickt. Willkommen auf Erden, kleinster blaugrauer Nenner.
Als Zahnarztgattin mit dem Blick fürs Wesentliche kann ich Ihnen jedoch sagen: Hilfreich ist das nicht in einer Branche, in der Unterscheidbarkeit das Alpha und das Omega funktionierenden Marketings sind.
Während der Pfeil im Restaurant mir zeigt, wo die Toiletten sich befinden, zeigt er mir im Logo einer Unternehmensberatung nur, wo ich ganz schnell hin muss. Zur Konkurrenz nämlich.
Über die Person
Warum sehen Beratungsunternehmen eigentlich so aus wie sie aussehen? Diese Frage stellt sich Wolfram Saathoff (Schuhgröße 43) in seiner monatlichen Kolumne. Der Kommunikationsdesigner und Trendforscher hat in Hamburg an der Design Factory International studiert und führt seit 2004 zusammen mit seinem Partner in Crime Steffen Kratz die Werbeagentur Haus am Meer in Barcelona. Gemeinsam machen sie die Beratungsbranche schöner. Mehr über die Agentur für Berater: www.hausammeer.org
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