Frauen im Consulting: Jennifer Reckow, processline "Wenn die männlichen Kollegen ihr eigenes Verhalten überprüfen, dann sind wir auf dem besten Weg"

Frau Reckow, hatten Sie weibliche Vorbilder oder Mentorinnen, die Ihren Werdegang beeinflusst haben, und wenn ja, wie?
Jennifer Reckow: Bereits zu Beginn meiner Selbstständigkeit habe ich mir ein Netzwerk von erfolgreichen Unternehmerinnen geschaffen und über den VdU (den Verband deutscher Unternehmerinnen e.V.) habe ich viele tolle Unternehmerinnen kennengelernt, die mich mit ihren vielen Jahren Erfahrung inspiriert haben und mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Das war eine wichtige Erfahrung für mich, die mir auch viel Selbstbewusstsein gegeben hat.
Sie sind Geschäftsführende Gesellschafterin bei processline. Fühlen Sie sich als Mentorin für Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und wie äußert sich das?
Jennifer Reckow: Aus meiner Perspektive sollte jede Führungskraft Mentor beziehungsweise Mentorin für ihr Team sein. Meine Tür steht immer offen und wir haben eine Kultur geschaffen, in der auch die persönlichen und privaten Themen angesprochen werden können. Hier stehe ich meinen Mitarbeitenden jederzeit gerne zur Verfügung.
Was tun Sie bei processline für mehr Gleichbehandlung zwischen Männern und Frauen?
Jennifer Reckow: In meinen Firmen leben wir Diversität. Wir schärfen kontinuierlich das Bewusstsein, wie wertvoll Diversität ist und dass Unternehmen, die Diversität leben, nachweislich signifikant erfolgreicher sind. Dies ist mittlerweile durch zahlreiche Studien belegt. Sowohl in der internen als auch externen Kommunikation machen wir das immer wieder deutlich.
Was können Frauen aus Ihrer Sicht machen, um mehr Gleichberechtigung und eine positive Arbeitsumgebung in der Consultingbranche zu erreichen?
Jennifer Reckow: Ich würde Frauen empfehlen, mutig zu sein und auch mal ins kalte Wasser zu springen. Es gibt aus meiner Perspektive kaum einen Beruf, der mehr Flexibilität ermöglicht in Verbindung mit einem so spannenden Aufgabengebiet. Gleichzeitig sollte man bei der Wahl der Beratung aufmerksam sein und die passende für sich auswählen.
Wie können auch männliche Kollegen Frauen dabei unterstützen?
Jennifer Reckow: Unsere männlichen Consultants machen keinen Unterschied beim Geschlecht. Wir agieren auf Augenhöhe im Team und das ist es, was ich auch allen anderen empfehlen würde. Gleichberechtigung ist essenziell für den Projekterfolg, damit Frauen auch ihr ganzes Potenzial entfalten können. Die Kompetenz und Professionalität ist das, was zählt. Wenn die männlichen Kollegen hier immer mal wieder ihr eigenes Verhalten überprüfen, dann sind wir auf dem besten Weg.
Hier sehen Sie das Interview mit Frau Reckow in Video-Form
Neben Ihrer Tätigkeit als Geschäftsführerin von processline führen Sie auch die Change Akademie GmbH. Ist Diversität ein Aspekt, dem Sie im Changemanagement Prozess häufiger begegnen?
Jennifer Reckow: In der Change Akademie vermitteln wir Kompetenzen zur erfolgreichen Gestaltung eines Veränderungsprozesses sowie für die erfolgreiche Organisationsentwicklung. Selbstverständlich ist hier auch Diversität ein Thema. Wir müssen uns damit befassen, wie eine Organisation sich zu dem Thema aufstellen will und welche Methoden wir als Beratende wählen, um dieses Bewusstsein im Kundenunternehmen zu schärfen und somit die beste Erfolgsgrundlage zu schaffen.
Was macht Ihnen an einem typischen Arbeitstag die meiste Freude und was war im letzten Jahr ihr schönster beruflicher Moment?
Jennifer Reckow: Die konstruktive und kreative Arbeit in den Veränderungsvorhaben sowie auch die kleinen und großen Change-Erfolge das sind die Highlights in unserer Arbeit.
Für mich besonders erfüllend ist in jedem Projekt der Moment, in dem unsere Kunden ohne uns in der neuen Konstellation selbstständig agieren und uns somit auch nicht mehr wirklich benötigen. Dann übernehmen wir die „Aufräumarbeiten“ und wenden uns neuen Herausforderungen zu, mit dem guten Gefühl, einen Change erfolgreich begleitet zu haben.
Was tun Sie, um sich von der Arbeit zu erholen und welche Energiequelle ist Ihnen besonders wichtig?
Jennifer Reckow: Meditation ist ein wichtiges Morgenritual für mich, um meine innere Ruhe und Gelassenheit zu stärken. Ansonsten liebe ich die Momente, in den denen ich zu einem guten Buch greifen kann, mit einem schönen Pfälzer Wein in der Hand.
Gibt es in Ihrem Alltag Momente, in denen Sie das Gefühl haben, Männern würde anders begegnet werden als Ihnen?
Jennifer Reckow: Na klar, regelmäßig. Jedoch erlebe ich heute nicht mehr, dass ich nicht ernst genommen oder auch nachteilig behandelt werde. Das war mal anders, ob das nun mit dem Alter oder mit der Entwicklung der Gesellschaft zu tun hat, kann ich nicht genau sagen. Ich hoffe auf letzteres.
Haben Sie eine Vorstellung von einer idealen Zukunft für die Consultingbranche und die gesamte Arbeitswelt und wie könnte diese erreicht werden?
Jennifer Reckow: Die gesamte Arbeitswelt ist im Wandel. Mein Idealbild ist, dass es auch in Zukunft um Kompetenz und Qualität geht, aber auch darum, die Flexibilität zu gewährleisten, die jeder ganz individuell benötigt, um Arbeit und Privatleben in Gleichgewicht zu bringen. Das wünsche ich mir selbstverständlich auch für die Consultingbranche. Wir als Beratungsboutique arbeiten schon mit den Rahmenbedingungen der modernen Arbeitswelt und das halte ich auch für ein notwendiges Zielbild. Die Zeiten der 80h-Woche sind für uns schon lange vorbei.
Weitere Informationen zum Unternehmen auf CONSULTING.de:

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