KMU-BERATER: FACHTAGUNG HERBST 2023 "KMU-Berater ist ein Gütesiegel für uns Einzelkämpfer"

In einer Podiumsdiskussion mit Klaus Ziegler ging es um krisengebeutelte Unternehmen und daraus resultierende Insolvenzen. (Bild: KMU-Berater)
Am Anfang der Tagung stand die Mitgliederversammlung des Bundesverbandes KMU-Berater auf der Agenda. Auf dieser wählten die Mitglieder Dr. Hartmut Meyer zum neuen ersten Vorsitzenden des Vorstands. Er folgt auf Joachim Berens, der aus Altergründen nicht mehr zur Wahl antrat. Neu in den Vorstand gewählt wurden auch Christine Günther und Anja Myrdaz. Sie nahmen die Plätze von Verena Fink und Katja Theunissen ein.
Neuer Vorsitzender
Hartmut Meyer ist selbständiger Berater und seit 2018 Mitglied des Verbandes. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Bereich Hotel und Gastronomie. Gegenüber CONSULTING.de sagte Meyer, dass in seinem Bereich vor allem der Erhalt des ermäßigten Steuersatzes von sieben Prozent zur Abgabe von Speisen im Gastgewerbe das wichtigste Thema sei. Dieses Problem sei aber nicht das einzige und wichtigste für seinen Verband. Daher werde er sich in seiner neuen Funktion als Vorsitzender um die Probleme kümmern, die seinen Mitgliedern unter den Nägeln brennen und auf der Tagung auch thematisiert wurden.
Die Zahl der Berater ist in den letzten Jahren in Deutschland kontinuierlich gestiegen. Gab es 2008 hierzulande 85.600 Berater, waren es 2020 bereits 184.500.
„Ähnlich ist die Anzahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in der Unternehmensberatung laut statista in Deutschland gestiegen“, weiß Meyer zu berichten.
Demografische Entwicklung
Sorge bereitet Meyer dabei die demografische Entwicklung in der Branche, die sich auch in der Altersstruktur des eignen Verbandes widerspiegle. „Gerade einmal 11 Prozent unserer Mitglieder sind zwischen 30 und 40 Jahren alt. Die meisten unserer Berater sind 55 Jahre alt oder älter. 50 Prozent der Mitglieder gehen in den nächsten acht Jahren in den Ruhestand“, so Meyer. Das sei schon eine Situation, die man nicht ignorieren dürfe.
Hinzu komme die aktuelle Situation. „Wir spüren die multiplen Krisen sehr deutlich“, so der neue Vorsitzende. Vor allem die wirtschaftliche Rezession und die Inflation setzen den Mandanten der Berater zu. „Und das bekommen die Berater dann natürlich auch zu spüren.“ Die Energiekrise und die damit verbundene Inflation hätten zu erheblichen Preiserhöhungen geführt, während die Konsumneigung, auch in der Gastronomie, stark gesunken ist. „Erste Analysen zeigen hier, dass die Umsatzrendite derzeit bei Personengesellschaften bei etwa acht Prozent und bei Kapitalgesellschaften bei vier Prozent liegt. Für viele Familien ist ein Restaurantbesuch aufgrund der gestiegenen Preise zu einem Luxusgut geworden“, so Meyer.
Ein Verband für den Mittelstand
Die KMU-Beratung versteht sich als ein Verband für den Mittelstand. Daher seien viele ihrer Mitglieder auch selbständige Berater, die freiberuflich arbeiten. Aber nicht alle, auch Berater kleinerer Beratungsunternehmen sind Mitglied in dem Verband. Wie etwa Markus Müller, Senior Consulting bei der s.ub GmbH, die im Gesundheitswesen tätig ist. „Die Mitgliedschaft im Verband KMU-Beratung ist wie ein Gütesiegel für uns“, so Müller.
Denn es gebe einige schwarze Schafe in der Branche.
Die präsentieren eine PowerPoint Präsentation und meinen dann, der Beraterjob sei damit getan“, so Müller weiter.
Das würde man bei den KMU-Mitgliedern nicht vorfinden. „Die gehen ihre Arbeit alle mit einer ‚hands-on‘ Mentalität an. Die Mitglieder sind geprüft und vertrauenswürdig“, meint Müller. „Der Verband ist wichtig für uns Mittelständische. Er sorgt für Vertrauen und er ist gut zum Netzwerken, so dass oft Synergieeffekte entstehen. Und das ist gut für uns Berater und zum Vorteil unserer Mandanten.“
Fachinformationen für die Berater
Auf der Herbstfachtagung waren es aber die Berater selbst, die diesmal beraten wurden. Und zwar von den verschiedensten Referenten. So berichtete zum Beispiel Prof. Dr. Holger Wassermann, BWL-Professur & Geschäftsführer bei Mittelstandsbroker, über Unternehmensbewertungen im Rahmen der Nachfolge und ging dabei auf die Auswirkungen der aktuellen Situation ein. Er ist seit 2019 Initiator und Mitherausgeber des "Nachfolgemonitors" und seit 2022 in der Wissenschaftlichen Leitung für die Erhebung der DUB-Multiples tätig.
Die Verständigung auf einen Kaufpreis ist für das Zustandekommen einer Nachfolge elementar“, so Wassermann.
Die Bewertung des Unternehmens spielt daher zu Recht eine maßgebliche Rolle im Rahmen der Nachfolgevorbereitung. Dabei hängt die Ermittlung des Unternehmenswerts nicht nur vom Unternehmen selbst ab, sondern auch von den Umweltbedingungen.
Käufer können sich Rosinen herauspicken
Zurzeit seien die Käufer von Unternehmen klar im Vorteil. „Sie sind in der Minderheit und können sich die Rosinen auf dem Markt herauspicken.“ Und diese Käufer erwerben lieber Unternehmen mit einem Wert von mindestens zwei Millionen Euro und mehr. „Ab der Größe wissen sie, dass das Unternehmen eine Führungsstruktur hat mit Geschäftsführern und so weiter“, erklärt Wassermann. „Das heißt nämlich, dass nicht alles in dem Unternehmen an dem ehemaligen Chef beziehungsweise Besitzer hängt und man nach dem Kauf weiterhin ein funktionierendes Unternehmen hat.“

Viele nutzten die Tagung zum Netzwerken. Es gab viel zu besprechen. (Bild: KMU-Berater)
In seinem Vortrag ging Wassermann auch darauf ein, wie sich die Inflation, das gestiegene Zinsniveau, Lieferengpässe und weitere aktuelle Themen auf den Wert eines Unternehmens auswirken. Durch eine sachgerechte Berücksichtigung der Faktoren können unrealistische Preiserwartungen und damit scheiternde Nachfolgen vermieden werden.
Podiumsdiskussion zu Insolvenzen
In einer Podiumsdiskussion mit Klaus Ziegler ging es um krisengebeutelte Unternehmen und daraus resultierende Insolvenzen. Neben der Konsumzurückhaltung sieht der Verband in der allgemeinen Inflation einen weiteren Grund für steigende Insolvenzzahlen. Extrem hohe Energiekosten sind besonders für Unternehmen mit energieintensiven Prozessen ein existenzbedrohender Faktor.
Fachkräftemangel und Mindestlöhne verschärfen die wirtschaftliche Situation für den Mittelstand, viele Unternehmerinnen und Unternehmer werden außerdem durch zeitraubende bürokratische Maßnahmen und Verfahren ausgebremst und büßen ihre Wettbewerbsfähigkeit ein.
Die Insolvenz ist nicht zwingend von der Leistungsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens abhängig. Auch externe Faktoren wie die Pandemie oder staatliche Vorschriften beeinflussen die finanzielle Gesundheit von Unternehmen maßgeblich“,
erklärt Dr. Hartmut Heinrich Meyer, Vorstandsvorsitzender der KMU-Berater.
Netzwerken ist wichtig
Neben der Wissensvermittlung und dem Austausch von Trends stand das Netzwerken im Fokus der Fachtagungen. Beim Speeddating, sowie in den Pausen und beim gemeinsamen Essen, lernten Gastteilnehmer Verbandsmitglieder kennen und tauschten sich aus.
In den Nachmittag des ersten Tages startete Dr. Harald Köpping, Zukunftsforscher, mit kontrovers diskutierten Ausblicken, wie unsere Welt in fünf und in zehn Jahren aussieht. "Spannende Trends und Technologie-Sprünge und konkrete Bilder unserer Lebensrealität von Morgen führten zu spannenden Diskussionen. Daran anschließend ging es erneut in den Austausch – die Regionalgruppenleiter vernetzten im wahrsten Sinne des Wortes die Mitglieder und Gäste des Verbandes“, so Anna-Maria Guth, zuständig für die Pressearbeit für die Tagung. Den Abschluss von Tag Eins bildete das Abendessen mit den nachfolgenden Gesprächen und Diskussionen, die von vielen noch an der Bar weitergeführt wurden.
„KMU-Cockpit“ und Künstliche Intelligenz
Den zweiten Tag eröffnete Edmund Cramer, langjähriges Mitglied der KMU-Berater mit seinem eigens entwickelten Tool „KMU-Cockpit“ und seinen Erfahrungen, mit diesem Tool langjährig Kunden zu halten und zu beraten. Nach dem digitalen Auftakt widmete sich Katja Theunissen der Praxis:
In Kleingruppen bearbeiteten die Teilnehmer diverse Themen und hatten so die Chance, den Benefit von Kooperationen zu erfahren.
Der letzte Slot vor dem gemeinsamen Mittagessen und dem Abschluss der Veranstaltung war höchstrelevanten Zukunftsthemen gewidmet. Tobias Greff, Forschungsgruppenleiter am August-Wilhelm Scheer Institut für digitale Produkte und Prozesse, zeigte Wege auf, wie Berater das Potenzial von KI als Beratungsfeld heben können. Wie relevant dieses Thema ist, unterstrich Anna-Maria Guth, Geschäftsführerin einer mittelständischen Werbeagentur im Praxisvortrag „Welche Wege geht ein Unternehmen, dessen wesentliches Tätigkeitsfeld von KI extrem beeinflusst wird“.
Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden