Der E-commerce Code – Erfolgsfaktoren für die Digitale Transformation


Von Prof. Dr. Dominik Große Holtforth, E-commerce Institut Köln

Die Digitale Transformation stellt bei viele Unternehmen die bestehenden Geschäftsmodelle und –prozesse grundlegend in Frage. Stark veränderte Markt- und Wettbewerbsbedingungen führen zu erheblichem Anpassungsdruck, dem bereits jetzt schon viele Unternehmen nicht gewachsen sind. Entsprechend sind die Auswirkungen der Transformation in Branchen mit bereits digitalisierten Gütern wie etwa der Musik-, der Verlagsbranche und auch dem Einzelhandel schon sehr deutlich geworden. In anderen Bereichen wie im Dienstleistungssektor und der Industrie stehen die Veränderungen erst am Anfang.

Bereits jetzt also gibt es erste Verlierer, aber natürlich auch Gewinner der Digitalen Transformation. Gewinner sind häufig junge Unternehmen, die sowohl ihr Geschäftsmodell als auch ihre Geschäftsprozesse mit Hilfe digitaler Technologie effizienter gestalten konnten als das die etablierten Unternehmen tun können. Die Verlierer aber sind solche Unternehmen, die keine Antwort auf neue Technologien, Wettbewerber oder geändertes Käuferverhalten gefunden haben.

Für alle etablierten Unternehmen stellt sich also die Frage, welche Faktoren für die Anpassung des Unternehmens in Richtung einer digitalen Strategie entscheidend sind. Die große Schwierigkeit liegt bei dieser Frage in der Vielzahl von strategischen Optionen, digitalen Instrumenten und Erfolgsfaktoren, die der große Chor der Agenturen und Dienstleister von Konferenz zu Konferenz lobpreist. Social Media, Real Time Advertising, Retargeting, Webanalytics und nicht zuletzt Big Data als Buzzword No. 1 werden als "digitale Säue" durch's Dorf getrieben. Und von Jahr zu Jahr werden es mehr.

Ein Versuch der Fokussierung und Konzentration ist also mehr als hilfreich. Dieser beginnt bei den ganz Großen der Digitalen Wirtschaft, bei Google, Amazon, Facebook und Apple. Die Suche nach übergreifenden Erfolgsfaktoren, die diese Unternehmen zu Marktführern und Börsenlieblingen gemacht haben, führt zu vier maßgeblichen Strategien, die als "E-commerce Code" zusammengefasst werden können. Die Faktoren sind:

  1. Customer Centricity
  2. Skaleneffekte
  3. Technologieorientierung
  4. Data Driven Marketing.

Customer Centricity geht als Erfolgsfaktor in der Digitalisierung weit über die übliche Kundenorientierung hinaus. Vor allem Amazon hat diesen Erfolgsfaktor geprägt und gezeigt, wie man Geschäftsmodell und –prozesse konsequent an Kundenbedürfnissen und -reaktionen ausrichten kann. Bei Customer Centricity werden Kundenaspekte als Primat gegenüber allen anderen Interessen im Unternehmen –also auch dem Interesse der Shareholder- priorisiert. Customer Centricity ist ein Erfolgsfaktor der Digitalen Transformation, da mit der Digitalisierung eine deutliche Kundennähe und eine größere Transparenz zu Kundenwünschen und –verhalten entstanden ist.

Überdurchschnittliche Skaleneffekte sind der Wachstumsmotor der Digitalisierung, die ein Unternehmen wie Google in kurzer Zeit zum größten Medienunternehmen der Welt gemacht haben. Skaleneffekte oder Economies of Scale entstehen bei hohen Fixkosten und sehr geringen variablen Kosten der Produktion und Verbreitung digitaler Güter. Im Ergebnis sinken die Durchschnittskosten der Unternehmen sehr deutlich, je mehr sie produzieren und absetzen. Sehr niedrige Durchschnittskosten bedeuten aber hohe Stückgewinne und hohe Free Cash Flows. Auf diese Weise stehen den digitalen Marktführern erhebliche Mittel zur Reinvestition in Technologien zur Verfügung. Es sollte nicht wundern, dass sich genug Unternehmen der Medien- und Werbeindustrie von der Marktmacht Googles bedroht fühlen, die ganz wesentlich mit Hilfe von digitalen Skaleneffekten entstanden ist.

Frei nach Bill Clinton könnte man für die Digitale Transformation weiter formulieren: "It’s software, stupid!". Es geht also vor allem um den Einsatz neuer digitaler Technologien für Produkte und Prozesse. Die Digitale Revolution ist eine technologische Revolution, bei der die vernetzte Datenverarbeitung viele Lebens- und Arbeitsbereiche erfasst und verbessert. Unternehmen, die sich diesem Technologie-Tsunami, bestehend aus Hard- und Software, verschließen, dürften schon bald ein Problem haben. Gewinner sind Technologieunternehmen wie Apple und solche, die bereits von Apple gelernt haben, dass zusammenhängende digitale Plattformen große Akzeptanz bei den Nutzern finden und wiederum Skaleneffekte und überdurchschnittliche Gewinne ermöglichen.

Mit dem vierten Erfolgsfaktor, dem Data Driven Marketing, schließt sich der Kreis des "E-commerce Code". Digitalisierung bedeutet, dass in allen Prozessen Daten entstehen, die wiederum zu Erkenntnissen über Kundenbedürfnissen und Kundenverhalten führen. Unternehmen wie Facebook haben Big Data zum Kern ihres Geschäftsmodells gemacht, ohne aber dafür endgültige Akzeptanz zu finden. Data Driven Marketing sollte einen Kompromiss zwischen den rechtlichen und kundenseitigen Datenschutzbedürfnissen auf der einen Seite und den Analysemöglichkeiten zum digitalen Verkaufsprozess finden. Dass dieser "Spagat" geleistet werden kann, zeigen gerade Unternehmen wie Zalando, die frühzeitig von Deutschland aus, den Marketingprozess digitalisiert haben.

Auch wenn die Vorbilder groß und wenig angreifbar scheinen: mit dem E-commerce Code kann jedes Unternehmen ein strategisches Programm zur Digitalisierung entwickeln und durchlaufen.

Zur Person:

Prof. Dr. Dominik Große Holtforth, E-commerce-Institut an der Hochschule Fresenius Köln
Prof. Dr. Dominik Große Holtforth ist Leiter des E-commerce-Instituts an der Hochschule Fresenius Köln  und forscht und berät zu den Themen Strategisches Management im E-commerce, Geschäftsmodelle und Wettbewerbsstrategien, Online Marketing Strategien, Datenanalyse und Webanalytics im E-commerce.

 

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