Deep Dive Consulting: Kolumne von Jörg Hossenfelder, Lünendonk Die Berater-Lücke: Managementberatungen setzen auf neue Talente

Der Fachkräftemangel und das Ringen um die besten Talente sind in der Consulting-Branche auch in Zeiten von Pandemie und wirtschaftlicher Unsicherheit ungebremst. Die Krise hat den Bedarf nicht verringert. Im Gegenteil: Die Beratungen bereiten sich auf ein Anziehen der Konjunktur vor, und zur Befriedigung der steigenden Nachfrage ist neben innovativen Business-Analytics- und Big-Data-Tools vor allem qualifiziertes Personal vonnöten. Laut einer kürzlich durchgeführten Lünendonk-Blitzumfrage unter Professional-Services-Anbietern planen Managementberatungen für das Jahr 2022 ein Mitarbeiterwachstum von durchschnittlich zehn Prozent.
Berater-Lücke hemmt Unternehmensentwicklung, aber forciert Gehaltsentwicklung
So verwundert es auch nicht, dass der Fachkräftemangel mit Abstand als größter Hemmschuh für die Entwicklung der Managementberatungen gesehen wird. Rund vier von fünf Consulting-Häusern sehen sich durch das knappe Humankapital gebremst. Und es schlägt sich deutlich in der Gehaltsentwicklung der Beraterinnen und Berater nieder.
Dies bestätigen auch die Ergebnisse der Lünendonk-Blitzumfrage: Die teilnehmenden Managementberatungen berichten für das zweite Corona-Jahr 2021 ordentliche Gehaltszuwächse von durchschnittlich 6,9 Prozent – damit haben die Consulting-Gehälter im Vergleich zu den benachbarten Beratungssegmenten Informationstechnologie und Wirtschaftsprüfung am stärksten zugelegt.
Weshalb? Insbesondere satte Aufschläge bei Abwerbungen führen zu höheren Gehältern. Und gleichzeitig wollen die Beratungshäuser auch in der Krise mit alljährlichen Gehaltssteigerungen ihre Fachkräfte möglichst halten, um im konjunkturellen Aufschwung voll lieferfähig zu sein. Hinzu kommt, dass auch Bonuszahlungen selbst in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten praktisch gesetzt zu sein scheinen: Laut der aktuellen BDU-Vergütungsstudie haben 85 Prozent der Mitarbeitenden in Consulting-Unternehmen selbst im ersten Corona-Geschäftsjahr 2020 eine Bonuszahlung erhalten. Mit 77 Prozent lag der Anteil der Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger dabei nicht merklich unter dem Gesamtdurchschnitt über alle Hierarchieebenen.
Finanzierung der Gehälter: Reichen Preis- und Mengensteigerungen aus?
Nur: Wie sollen diese Gehaltssteigerungen bezahlt werden? Die Lünendonk-Blitzumfrage zeigt, dass knapp jede zweite Managementberatung (45 %) 2021 Preiserhöhungen für ihre Beratungsleistungen vorgenommen hat – rund die Hälfte davon tat dies um vier bis sechs Prozent.
Insgesamt blickt die Branche positiv in die Zukunft: Die Managementberatungen prognostizieren für 2022 ein Umsatzplus von 12,4 Prozent.
Das Wachstum soll mehrheitlich durch mehr verkaufte Beratungsleistung erreicht werden, aber auch Preiserhöhungen sind laut 56 Prozent der Befragten Teil der Wachstumsstrategie.
Fakt ist: Die Zurückhaltung hinsichtlich Preiserhöhungen, die Lünendonk noch in der Managementberatungs-Studie 2021 konstatiert hat, lässt bei den Consulting-Häusern nach. Doch werden Honorarerhöhungen ausreichen, um die steigenden Gehälter der begehrten Talente zu finanzieren? In diesem Spannungsfeld sind auch Diskussionen um die Reduzierung der stattlichen Bonuszahlungen auf Partner-Ebene kein Tabu mehr. Und gleichzeitig befördert es auch die Frage, ob das gegenwärtige Partnermodell Bestand hat oder zukünftig nicht ganz anders aussehen wird.
Über die Person
Jörg Hossenfelder ist Kommunikations- sowie Politikwissenschaftler und studierte bis 2000 an den Universitäten Mainz und Bologna. Nach seinem Studium beriet er als Kommunikations-Berater B2B-Unternehmen. 2004 übernahm er die Leitung der Research-Abteilung bei Lünendonk & Hossenfelder. Seit Juli 2005 ist Hossenfelder Geschäftsführer, seit 2009 Geschäftsführender Gesellschafter. Jörg Hossenfelder verantwortet die Marktsegmente Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Advisory und Business Consulting.
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