Kolumne von Wolfram Saathoff Die Montagsdrinbleibschrift – Auch die Signatur ist ein Kundenkontakt

Der Märchenkönig wusste: Eine Unterschrift ist niemals nur ein gar seltsam Ding, um Dokumente zu beglaubigen, bevor diese dann in die Ablage P wandern. Nein, sie ist auch dekoratives Element; und als solches ein wichtiges Detail Ihrer Marke, auf das Sie Wert legen sollten.

Was sollte man bei seiner Signatur beachten? Welche Details sind wichtig?

Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein Vorstellungsgespräch. Sie putzen sich heraus, ziehen eine frische Unterhose an und Ihren schicksten Anzug, die Pumps von Blahnik, die jasagendste Krawatte, putzen sich die Zähne, kämmen sich die Haare, legen Rouge auf als gäbe es kein Morgen, fahren adäquat vorbereitet los, kommen bestens gestimmt an und begrüßen das Gegenüber aus der Personalabteilung mit: »Na, du blödes Arschloch, was geht ab!?«

Wie Sie sehen, kommt es im Arbeitsalltag manchmal auch auf die Details an!

Der Erfinder der Signatur

Der leicht verrückte und zum Ende seines Lebens hin dezent pummelige Nichtschwimmer Ludwig II. von Bayern erfand nicht nur den deutschen Kitsch von Grund auf neu, sondern auch etwas viel, viel Bedeutenderes: Kurz nach seiner Thronbesteigung am 10. März 1864 fing er an, Fotos von sich zu verschicken, von denen er manche signierte, um den Empfangenden eine besondere Freude zu bereiten. Die Autogrammkarte war geboren.

157 Jahre später unterschreiben dreizehn bis dahin komplett unbekannte Personen ein Dokument, das sich ›Koalitionsvertrag‹ nennt. Das ansonsten wenig bemerkenswerte Dokument geriet daraufhin vollkommen zurecht für kurze Zeit in das, was die Medien gerne euphemisierend als ›Öffentlichkeit‹ (vulgo: Twitter) bezeichnen, denn die Unterschriften gaben Anlass zur Diskussion.

Olaf Scholz’ in Tinte gegossenes Machwerk erfüllt in seiner manischen Reduktion auf das absolut Nötigste eher die Anforderungen eines Captcha, mit dem man unter Beweis stellt, kein Roboter zu sein. Bei Esken und Buschmann fragt man sich, ob man sich damit in der Apotheke 500 Gramm Fentanyl besorgen könnte. Dass sich in Habecks Name kein i befindet, macht uns eher traurig, denn er hätte mir Sicherheit statt dem i-Punkt eine kleine Blume oder ein Herzchen gemalt. Die Unterschriften von Lindner und Wissing geben dafür den Geist der FDP perfekt wider: In diesen preußisch-zackigen Faltengebirgen fehlt jeder Sinn für’s Schöne, Ästhetische. Und so weiter. Den Anspruch an das, was meine Grundschullehrerin als ›Sonntagsausgehschrift‹ bezeichnete, erfüllt keine der dreizehn Signaturen.

Alles ist ein Kundenkontakt!

In unserem Agenturalltag begegnet uns das Problem auch des Öfteren: Um Persönlichkeit zu vermitteln und Verbindlichkeit herzustellen, verwenden wir auf Websites und Drucksachen manchmal gerne die Unterschrift unserer Kund*innen, in der Hoffnung, dass sie sich auch grafisch einigermaßen hübsch macht. Stattdessen in aller Regel: „Montagsdrinbleibschrift“, irgendwo zwischen Kindergartengekritzel oder pragmatischem »Wieso, das kann man doch gut lesen!?«.

Ich habe es in der letzten Ausgabe (›Leider ungeil‹) bereits geschrieben:

Alles, alles, alles, alles ist ein Kundenkontakt! Auch so ein unscheinbares kleines Detail wie eine Unterschrift unter einem Angebot oder Vertrag.

Deshalb: Machen Sie sich auch über dieses Detail Gedanken. Gucken Sie sich mal alte Schulunterlagen an – wenn sich Ihre Unterschrift seitdem nicht geändert hat, ist es aber so was von höchste Eisenbahn!

Ein paar kleine Tipps, wenn akuter Handlungsbedarf besteht: Versuchen Sie zum Beispiel, übertriebene Schnörkel zu vermeiden, die Buchstaben sollten einigermaßen auf einer Linie stehen und nicht wild herumfliegen. Den Vornamen darf man ruhig abkürzen, eine Unterschrift, die aber nur aus Initialen besteht wirkt aber maschinenhaft (siehe Olaf Scholz). Wer selbst nicht weiterkommt, kann sich zu diesem Behufe professionelle Hilfe suchen, die sich leicht ergoogeln lässt. Aber zuerst gehen Sie bitte zum Tätowierer um die Ecke und lassen Sie sich ›Ein Kundenkontakt darf nicht irgendwie aussehen‹ auf die Stirn tätowieren.

Und wenn Sie sich irgendwann in Zukunft mal wieder sagen: »Wieso, reicht doch!?«, stellen Sie sich vor einen Spiegel, sagen Sie drei Mal »Kundenkontakt«, dann erscheine ich und haue Ihnen eine runter.

 

Über die Person

Warum sehen Beratungsunternehmen eigentlich so aus wie sie aussehen? Diese Frage stellt sich Wolfram Saathoff (Schuhgröße 43) in seiner monatlichen Kolumne. Der Kommunikationsdesigner und Trendforscher hat in Hamburg an der Design Factory International studiert und führt seit 2004 zusammen mit seinem Partner in Crime Steffen Kratz die Werbeagentur Haus am Meer in Barcelona. Gemeinsam machen sie die Beratungsbranche schöner. Mehr über die Agentur für Berater: www.hausammeer.org

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