Deep Dive Consulting: Jörg Hossenfelder Die neue Diversität der Consultants

Prof. Dr. Dietmar Fink von der WGMB lässt sich in seiner jüngsten Consulting-Studie mit folgendem Satz zitieren: "Es wird künftig einen neuen Beratertypus geben". Als Gründe hierfür werden die Anforderungen an die Digitalisierung sowie Lehren aus der Covid-19-Pandemie herangezogen. Stichworte: New Work und Remote Consulting. Das Marktforschungsunternehmen Lünendonk stellte schon vor der Pandemie fest, dass sich der Ausbildungshintergrund der Beraterinnen und Berater verändert hat. Neue Erwartungshaltungen der jüngeren Generation sowie eine Diversifizierung des Leistungsspektrums zeichnen unter anderem hierfür verantwortlich.
Und viele Senior Consultants mussten sowie müssen sich an den Habitus der jüngeren Kolleginnen und Kollegen gewöhnen. Hierzu zählen beispielsweise der stärkere Wunsch nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie andere Vorstellungen zum Karrierepfad: Nicht jeder Consultant möchte heutzutage unbedingt Partner werden.
Digitalisierung erfordert interdisziplinäre Teams und vielfältige Qualifikationen
Was konnten wir in den zurückliegenden Jahren hinsichtlich des Ausbildungs-Backgrounds beobachten? Fakt ist: Vielfältige Skills und Know-how werden in interdisziplinären Teams sowie durch die omnipräsente Forderung nach Digitalisierungs- und IT-Know-how benötigt. Es reicht nicht mehr, sich nur in einem Gebiet gut auszukennen, Berater müssen mehrere Gebiete abdecken können.

Konkret: Nachdem im Jahr 2018/19 der Anteil der Wirtschaftswissenschaftler erstmals mit 44 Prozent auf unter 50 Prozent gefallen ist, sinkt in 2019/20 der Wert weiter auf 43 Prozent. Damit bleibt das wirtschaftliche Studium weiterhin der stärkste Ausbildungshintergrund. Auf Platz zwei folgen die Ingenieure, inklusive Wirtschaftsingenieure, mit 26 Prozent, was ein leichtes Wachstum im Vergleich zum Vorjahr bedeutet.
Der Anteil der Informatiker konnte trotz Fachkräftemangel von elf auf zwölf Prozent erhöht werden. Diese Veränderungen spiegeln sich auch durch das Angebot der Universitäten wider, die vermehrt sehr gut angenommene, interdisziplinäre Studiengänge wie Wirtschaftsingenieurwesen und Wirtschaftsinformatik anbieten, um die Studenten auf die neuen vielfältigen Herausforderungen der heutigen Zeit vorzubereiten. Der Anteil der Naturwissenschaftler bleibt konstant bei zwölf Prozent. Des Weiteren machen Juristen durchschnittlich nur noch ein Prozent der Berater aus und auch die sonstigen Ausbildungshintergründe haben mit nun sechs Prozent leicht abgenommen.
Deutsche Beratungen setzen verstärkt auf Ingenieurskompetenz
Interessant ist in der Tat der Unterschied zwischen deutschen und internationalen Beratungen. Während Ingenieure bei deutschen Beratungen sogar 28 Prozent der Berater ausmachen, sind es bei internationalen Beratungen nur 18 Prozent. Dieser Unterschied lässt sich durch den starken Fokus der deutschen Beratungen auf die große Automobilbranche inklusive vieler Zulieferer erklären, die einen technischen Hintergrund bei der Beratung begrüßen. Im Gegensatz dazu ist der Anteil der Berater mit naturwissenschaftlichem Studium bei internationalen Beratungen mit 20 Prozent mehr als doppelt so hoch wie bei der deutschen Konkurrenz.
Insgesamt lässt sich aus diesen kleinen Veränderungen noch kein solider Trend ableiten, aber die Tendenz der letzten Jahre bestätigt sich. Die Beraterteams werden heterogener im Vergleich zur Vergangenheit.
Ob es daher künftig einen neuen Beratertypus geben muss, bleibt offen. Denn schon jetzt hat sich viel bewegt. Aus meiner Sicht ist aber eines gewiss: Weil künftig eine Vielzahl der Beratungsprojekte remote ablaufen kann, verändert sich das Reiseverhalten. Das bedeutet: Top-Talente, die dem Beraterjob wegen der hohen Reisetätigkeit bislang kritisch gegenüberstanden, werden diesen neu bewerten – im positiven Sinne. Eine Chance für den deutschen Beratungsmarkt.
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/pj
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