#1Blick vom Beratungsforscher Die Steuerung von Consultants – ein Reminder zur Jahresmitte

Gute Vorsätze sind nicht genug
Zum Jahresanfang ging es an dieser Stelle um gute Vorsätze und die Kundenprofessionalisierung. Genauer gesagt ging es um vier Hebel, die Beratungskundinnen und -kunden ansetzen können, wenn sie Beratungsprojekte vergeben und durchführen. Der Einsatz dieser Hebel ist notwendig, um ein oftmals vorherrschendes Professionalitätsgefälle der Consultants zu ihren Kunden etwas auszugleichen. Gemeint war hier nicht ein etwaiges Fach- oder Prozess-Know how, sondern die Art und Weise der geschäftlichen Interaktion.
Bei den vier Hebeln ging es um die frühe (1.) Vorbereitung und die gute Problemcharakterisierung, die konkrete (2.) Auswahl eines Consultants und die (3.) Durchführung des Beratungsprojektes. Die (4.) Erfolgssicherung in der Nachbereitung hat dann den Ablauf komplettiert.
Werden diese vier Punkte umgesetzt, ist ein großer Schritt getan. Zusätzlich sind weitere Ansatzpunkte greifbar, um als Kunde professionell mit der Dienstleistung Consulting zu arbeiten. Einige davon werden nachfolgend skizziert. Ihnen ist gemeinsam, dass sie nicht auf ein einzelnes Beratungsereignis zielen, sondern projektübergreifend genutzt werden können.
Laufende Beobachtung
Eine laufende Bestandsaufnahme und Beobachtung von marktweiten, aber auch organisationsinternen Entwicklungen ist zunächst in einer Aufbauphase relativ arbeitsintensiv, wird mit zunehmender Erfahrung aber zur Routine und der Nutzen sollte dann den Aufwand deutlich übersteigen.
Verschiedene organisationsinterne Beobachtungspunkte können einfließen, beispielsweise das Demand Management (Planung und Steuerung), Maverick Buying, Verhalten von Consulting Steering Boards, ein Berater-Tracking (Haus-Ausweise, Mail-Adressen, Räume …), die Entwicklung von Beratern, um sog. „Preferred Consultants“ aufzubauen etc..
Auch organisationsextern lassen sich viele Marktentwicklungen und Trends aufnehmen. Hierzu gehören neben der Beobachtung von beispielsweise kurz-, mittel- und langfristigen Kompetenzen, Stärken und Schwächen von einzelnen Consultants sowie Beratungen, regulatorische Veränderungen, neue Konzepte auch Personalveränderungen insbesondere auf Partnerinnen- und Partner-Ebene. Gerne darf auch „Klatsch & Tratsch“ ergänzt werden.
Wichtig ist natürlich zu wissen, was man beobachten möchte und warum. Der Fantasie sind dabei kaum Grenzen gesetzt.
Handreichungen
Die Idee ist so simpel, wie effektiv: Schreiben Sie auf, was zu tun ist und machen diese Informationen verfügbar! Sie müssen das sprichwörtliche Rad ja nicht mit jedem Beratungseinsatz neu erfinden. Sie können eine gewisse Einheitlichkeit in der Vorgehensweise erzielen, wenn Sie Anleitungen, Empfehlungen oder gar Handbücher erstellen, in denen Kernpunkte fixieren.
Inhalte können beispielsweise sein: Auswahl und Einsatz von Beratungen, Steuerung von und Mitarbeit in Projekten, Wissens- und Ergebnissicherung, Bewertung von Beratungen, Projekten und Consultants. Für jede einzelne Kundenorganisation ergeben sich typischerweise noch andere individuelle Fragestellungen, die kodifiziert werden sollten, um den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die Arbeit zu erleichtern.
Basis für die Unterlagen sind zum einen die Erfahrungen, Dokumentationen, Vorgehensweisen etc. aus vergangenen Projekten – aber durchaus auch Tipps & Tricks, die auf Fachportalen oder in der Fachliteratur zu finden sind.
Bewertungs-Methodik
Die einmalige Bewertung eines Projektes nach der Beendigung ist ein guter erster Professionalisierungsschritt, der allerdings verstetigt werden muss. Hilfreich ist hier ein Werkzeug, das zur Kontrolle und Bewertung von Consulting-Projekten – aber auch von Consultants – dienen kann.
Als Basis kann die „Balanced Scorecard“-Idee herangezogen werden, bei der nicht eine Kennzahl im Vordergrund steht, sondern eine Vielzahl von Perspektiven für eine ausgewogene Darstellung sorgen soll. Die Dimensionen sind organisationsspezifisch auszuwählen und zu entwickeln. Beispiele für die Bewertung von Beratungsprojekten könnten sein: Zeit, Kosten, Qualität, der sog. „Impact“ auf die Performance des Geschäftsbereichs oder auch zusätzliche Services, die im Rahmen eines Projektes erbracht wurden.
Als kleiner Tipp kann hier vermerkt werden, dass ein handhabbares Werkzeug (im Gegensatz zu einer alle denkbaren Prüf- und Berechnungspunkte umfassenden Checkliste) oft ausreichend ist. Ein kurzer Fragebogen, der tatsächlich ausgefüllt wird, ist meist hilfreicher als eine umfangreiche ROI-Kalkulation, die mangels Akzeptanz und wegen ihres übergroßen Erstellungsaufwandes in der Schublade verschwindet.
Wichtig ist, die Bewertung nachhaltig und langfristig einzusetzen. In dem Fall lassen sich beispielsweise zeitliche Unterschiede bei der Arbeit unterschiedlicher Beratungen herausarbeiten, die sich wiederum für die Beratungsentwicklung nutzen lassen. Hierbei muss es nicht einmal zwingend um Konditionenverhandlungen gehen – auch wenn sie natürlich naheliegen. Auch der passende Einsatz einer Beratung in einer gegebenen Projektsituation ist ein Gewinn.
Informations-Plattform
Eine Plattform für Fachinformationen dient dem Wissensmanagement für, über und rund um „Consulting“. Hier können diejenigen Informationen abgelegt werden, die aus den übrigen Maßnahmen entstanden sind. Ob hier „mehr = besser“ gilt oder lieber fokussiert vorangegangen werden soll, ist im Einzelfall zu entscheiden.
Wichtig ist aber, dass es einen verlässlichen Platz gibt, an dem Unterlagen gefunden, Bewertungen hinterlegt und abgerufen werden können, Ansprechpartnerinnen zu finden sind etc.. Leider unterliegt eine solche Plattform den typischen Widrigkeiten des Wissensmanagements (Aktualität, Aufbereitung, Akzeptanz, Anwendbarkeit etc.. Aber wenn sie gut gemacht ist, kann mit einer solchen Informationsbasis viel erreicht werden!
Framework
Mit den vier Hebeln vom Jahresanfang und den hier neu vorgestellten ist ein ordentliches Framework zur Hand, um die Arbeit mit Beratungen und Beratungsprojekten professionell zu gestalten. Die Basis kann kundenindividuell genutzt und ausgestaltet werden, um lokale Besonderheiten zu berücksichtigen und das operative Management mit den strategischen Zielen der Beratersteuerung zu verzahnen.
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/jre
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