#1Blick vom Beratungsforscher Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und eine Übernahme keine Marktkonsolidierung

Consulting-M&A
Argumente für Consulting-M&A, also die Übernahme von und Fusion zwischen Beratungen gibt es viele. Regionale Ergänzungen, der Erwerb von Kompetenzen, der Wunsch nach Wachstum, die Unternehmensübergabe aus Altersgründen sind einige davon und alle scheinen valide. Regelmäßig wird aber auch ins Feld geführt, dass man sich mit der Marktkonsolidierung und der Marktkonzentration arrangieren müsse. Es lohnt sich, diesem Argument einmal nachzugehen.
Marktkonzentration
Die Marktkonzentration ist eine breit genutzte ökonomische Kennzahl. Volkswirte verwenden sie, um einen Markt zu beschreiben und eventuell Gegenmaßnahmen zu empfehlen, wenn sich die Marktkonzentration in eine falsche Richtung entwickelt. Für Unternehmensmanagerinnen und -manager ist sie hilfreich, um beispielsweise eigene Handlungsoptionen zu bewerten. Sie misst, wie die Anteile eines Marktes auf verschiedene Unternehmen verteilt sind. Die Marktkonzentration ist hoch, wenn ein großer Teil des Marktes auf nur wenige Teilnehmer konzentriert ist. Ein eingängiges Beispiel ist der Markt für Internetsuchen. Hier dominiert in Deutschland die Suchmaschine Google. Das DIW sieht ein weiteres Beispiel für eine hohe Marktkonzentration im Lebensmitteleinzelhandel: „Die fünf größten Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland (Edeka, Rewe, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland, Aldi sowie die Metro Gruppe) kamen im Jahr 2019 gemeinsam auf einen Marktanteil von rund 76 Prozent.“
Wenn nun behauptet wird, dass eine Marktkonzentration im Consulting-Sektor vorliegt, dann ist das natürlich grundsätzlich sachlich richtig. Eine Zahl X von Beratungen konzentriert Y Prozent des Marktes auf sich – daran ist nicht zu rütteln. Aber: Die Konzentration im Consulting-Markt ist vergleichsweise gering. Zwar entfällt auf die größten Anbieter ein überproportional großer Anteil des Gesamtumsatzes, was jedoch nicht weiter überraschend ist, da sich in vielen Märkten ein solches Muster bildet. Allerdings erscheint die Konzentration nicht besonders hoch oder besorgniserregend, da die CR4 genannte Konzentrationsrate bei unter 10 Prozent liegt. Der Herfindahl-Hirschman-Index (HHI) als weiteres verbreitetes Maß für die Konzentration lässt sich leider nicht ohne weiteres berechnen, da nicht alle Basisdaten bekannt sind. Bei einer Annäherung über die Consulting-Umsatzgrößenklassen wird allerdings ein HHI von lediglich 1.590 erreicht (wobei der Wert 10.000 eine maximale Konzentration und 0 eine minimale Konzentration ausdrückt). Der aktuelle Wert liegt nahe an der Grenze von einem unkonzentrierten zu einem moderat konzentrierten Markt.
Marktkonsolidierung
Der Begriff der Marktkonsolidierung ist weniger genau bestimmt. Im Kontext der Finanzmärkte ist damit meist ein Zusammenziehen oder Rückgang auf ein „normales“ Kursniveau gemeint, das auf einen starken Anstieg folgt. Im Fall des Beratungsmarktes scheinen mit dem Begriff mindestens zwei Phänomene bezeichnet zu werden. Zum einen eine bestimmte Phase in einer Art Consulting-Konjunkturzyklus (Aufschwung, Überhitzung, Konsolidierung, Entspannung), mit der gesamte Markt- oder auch Mode-Entwicklungen beschrieben werden können. Zum anderen kann damit – und diese Interpretation ist hier passender – eine Zunahme von Zusammenschlüssen von Marktteilnehmern gemeint sein, die dann in eine höhere Marktkonzentration mündet. Teilweise werden die beiden Begriffe synonym genutzt.
Auch hier hilft es zu differenzieren. Natürlich gibt es Zusammenschlüsse von Beratungsunternehmen. Vielleicht nehmen sie auch in der subjektiven Wahrnehmung zu – der Konsum einschlägiger Branchennews kann hier durchaus förderlich sein. Aber auch eine absolute Zunahme stellt keine Besonderheit dar – wenn sich die Anzahl der Beratungsunternehmen in den vergangenen zehn Jahren fast verdoppelt hat, dann erscheint es nicht als ungewöhnlich, dass auch die Anzahl von Zusammenschlüssen und Übernahmen angestiegen ist. Die Menge der Marktteilnehmer, die durch diese Aktionen in der Gruppe der eher größeren Beratungen wegfällt, wird aber zum einen durch Neugründungen und das „Nachwachsen“ von kleineren Beratungen mehr als kompensiert. Zum anderen steigt die Marktkonzentration dadurch nicht zwingend signifikant an.
Fazit
Im Markt ist Bewegung! Aber die Berichte über Zusammenschlüsse und Übernahmen erhalten überproportional viel Aufmerksamkeit und lassen den Eindruck entstehen, dass sich der Consulting-Markt in einem starken Konzentrationsprozess befindet. Das ist aber nicht der Fall: Die großen Beratungen werden derzeit nur absolut, nicht relativ größer und ihre Marktkonzentration ist vergleichsweise gering.
Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden