Philip Semmelroth Hoffnung ist kein Sanierungsplan – Wege aus den roten Zahlen – 6 Tipps zur Firmenrettung

1961 soll John F. Kennedy den Raketenwissenschaftler Wernher von Braun gefragt haben: "Was würde es kosten, den Menschen auf den Mond zu schicken?" Brauns Antwort: "Den Willen, es zu tun." Auch in der Wirtschaft legt die feste Absicht zum Durchstarten die Basis für Erfolg. Steht ein Unternehmen kurz vor der Pleite, braucht es tiefe Entschlossenheit, um den Betrieb aus der Misere zu holen. Dabei gibt es viele Strategien, mit Krisen umzugehen. Abwarten ist keine davon.
Aussitzen löst keine Probleme. Und Sparen macht niemanden reich. Nur Umsetzen bringt Umsatz.
Mit folgenden Tipps ziehen sich angeschlagene Organisationen am eigenen Schopf wieder aus dem Schlamassel.
1. Mut zur Neuaufstellung
Corona hat viele Geschäftsmodelle an den Rand der Insolvenz gebracht. Der einzige Vorteil einer solchen Art von Krise: Der Wettbewerb sitzt im gleichen Boot. Das bringt Bewegung in den Markt. Viele Firmen sortieren sich neu, kaufen oder verkaufen Anteile. Führungskräfte sind plötzlich offen für Partnerschaften, Synergien und auf der Suche nach Kompetenzen, die sich ergänzen. Wer sich umschaut und über Bewegungsfreiheit verfügt, sollte diesen Umschwung nutzen und über eine Neuaufstellung nachdenken. Aber auch intern sind Krisenzeiten der beste Zeitpunkt, um das Unternehmen klar Schiff zu machen - und etwa seine Best-Buying-Strategie zu überdenken.
Dabei geht es darum, die zukünftigen Wunschkunden neu zu definieren: Wer ist mein idealer Käufer? Strategen sollten hier neben Alter und Geschlecht auch nach Interessen, Hobbys, Wertevorstellungen und Lebensumständen einteilen: Was macht der Traumkunde beruflich? Wie ist er familiär aufgestellt? Entscheidet er schnell oder zögerlich? Welches Kaufmotiv treibt ihn am meisten? Will er es preiswert oder bequem? Nicht ohne Grund bietet der Kundenfängerexperte Facebook bei seinem Werbemanager solche Filter an ... Besonders im Sanierungsfall ist es wichtig, seinen Idealkäufer zu skizzieren und das eigene Geschäft nach dieser Persona neu auszurichten. Wer seine Traumkandidaten und dessen Persönlichkeitsstruktur kennt, kann Business und Vertriebstools ideal anpassen: Website, Anzeigen, Mailings, Verkaufsgespräche ...
2. Vorhandene Ressourcen heben
Oft hilft ein Blick auf die eigenen Ressourcen, um eine Firma zu retten. Häufig liegen Kompetenzen und Möglichkeiten brach, die Geld bringen könnten. Die Frage lautet daher: Wie kann ich mit vorhandenen Skills neue Produkte entwickeln? Bei der Suche können Unternehmen sich ruhig von anderen Firmen inspirieren lassen. Was in der Schule als Abspicken verpönt war, kann im Business zu cleverem Erfolg werden. Schließlich geht es nur um die Idee. Das kann eine neue Art der Präsentation, ein anderer Zugang zum Markt, eine moderne Preis- oder Paketgestaltung sein. Wer beim Umsetzen noch eine individuelle Schippe drauflegt, wäre nicht der erste, der so groß wird. Schließlich ist es leichter, sich mit Top-Leistung in bestehenden Märkten einzufinden, als angeschlagen neue Märkte zu erobern.
Aus Betriebsblindheit übersehen viele zudem ungenutzte Geschäftsmöglichkeiten. B2B-Unternehmen können sich sanieren, wenn sie vorhandene Bodenschätze heben: Auch wenn das eigentliche Geschäft kein digitales Produkt ist, arbeiten viele Dienstleister deutlich digitaler als ihre Kunden. Aus dieser Infrastruktur können sie Geld machen. Wer hauseigene IT-Lösungen in clevere Pakete packt und verkauft, bildet ein zweites Standbein. Selbst wenn das KMU keine eigene Software anbietet - alleine die Beratung lassen andere sich gerne etwas kosten. Auf Wunsch koordinieren die Mitarbeiter die Umsetzung mit ein paar externen IT-Leuten und buchen das Projektmanagement ab.
3. Spielräume ausweiten
Auch im Kerngeschäft ist oft mehr Spielraum, als angeschlagene Häuser denken. Sie dürfen nicht den Fehler machen, durch die Frust-Brille zu schauen: "Was läuft alles nicht?" Mit einem Perspektivwechsel - "Was läuft denn noch?" - entsteht Raum für neue Ideen. Nehmen wir den Urlaubs- und Eventbereich: Seit Corona kämpft die Branche mit Einbußen - obwohl die Bedürfnisse der Kunden nach Erholung, Austausch und Erlebnissen geblieben sind. Ein Anbieter, der akzeptiert hat, dass der Wunsch nach Urlaub trotz Krisenlage bleibt, braucht neue Lösungen. Ist Fliegen aktuell keine Option mehr, können Reisecenter nach Zielen suchen, die mit Auto oder Bus zu erreichen sind.
Will sagen: Wer gerade auf seinem Kernprodukt sitzen bleibt, muss kreativ und mutig werden - Kochworkshops statt Restaurantbewirtung, Fahrradtouren statt Kreuzfahrt, Porträts statt Eventfotos. Ein Stadtführer, der wochenlang keine Touristengruppen durch die Altstadt begleiten darf, kann auf virtuelle Führungen umschwenken. Mit Fotos und kleinen Videosequenzen führt er Reisefans per Computer durch die Szeneviertel. Mit "kurzer Rast" am besten Café der Stadt und gespickt mit unterhaltsamen Anekdoten zu Brunnen A und Denkmal B, hält er seine Kunden bei Laune und das Geschäft am Laufen.
4. Neue Distributionskanäle erschließen
Auch im Marketing lassen sich neue Wege testen - Social-Media-Challenges, Instagram-Videos, How-to-Grafiken. Marketing zielt darauf ab, Menschen auf Produkte aufmerksam zu machen. Viele Häuser müssen sich sanieren, weil Neukunden fehlen. Hier ist Marketing das passende Gegenfeuer. Doch Marketing ohne Budget? Das geht! Mit originellen Ideen und Multiplikatoren: Kommen keine Kunden in den Laden, präsentiert der Anbieter die Produkte eben online. Ein Hersteller von Outdoor-Kleidung mausert sich zum Instagram-Experten für Camping-Hacks. Ein Versicherungsprofi gibt Finanztipps per Podcast. Ein Restaurant nennt seinen Lieferdienst "Netflix-Special"... Alles mit dem Fokus, den Best-Buyer über neue Touchpoints zu erreichen. Auch über Kooperationspartner besteht die Chance, mit kleinem Geld an neue Kunden zu kommen. In jeder Branche gibt es Zielgruppenbesitzer, an die sich andocken lassen. Locken lassen Partner sich über Provisionen, Gratisleistungen oder klugen Synergien.
5. Nicht am Preis drehen
Steht Unternehmen das Wasser bis zum Hals, tappen sie oft in die Preisfalle - weil es am einfachsten ist. Doch Rabatte und Co. führen selten zu Top-Ergebnissen. Gegen diese Reflexhandlung spricht Folgendes: Wer die Preise senkt, ist in Krisenzeiten nur einer von vielen - denn das machen alle. Zum Zweiten fehlt einfach Geld in der Tasche. Außerdem entsteht ein Glaubwürdigkeitsproblem. Was, wenn sich das Konto wieder erholt? Wer dann die Preise wieder anzieht, kommt in Erklärungsnot: "Lieber Kunde, du musst ab sofort wieder mehr bezahlen, weil es unseren Zahlen besser geht!?" oder "Das Produkt wird teurer, weil wir wieder mehr Marge wollen!?". Diese Diskussionen führen ins Leere. So wird aus einer netten Geste plötzlich ein Bumerang und der Vertrieb muss mit Kandidaten nachverhandeln, die nie eine Preisdiskussion gestartet hätten. Wer seinen Kunden entgegenkommen will, setzt lieber auf Gratispakete, Testversionen oder Probepackungen. Dass es Service und Produkte nicht dauerhaft kostenlos geben kann, verstehen Kunden besser. Also: Gratis ja, Rabatte nein.
6. Mannschaft motivieren
Last but not least geht es beim Thema Firmenrettung um die innere Einstellung. Bricht die Bilanz ein, plagen Führungskräfte Sorgen. Trotzdem ist es unerlässlich, das Mindset der Mannschaft zu stärken. Nur Selbstbewusstsein bringt Energie und verkauft. Niemand kann nach außen überzeugen, wenn er um seinen Job bangt oder der Chef an der Zukunft zweifelt. Was hier zählt, ist Transparenz: "Liebes Team, wir sitzen in einem angeschlagenen Schiff mit starken Segeln. Leider haben wir uns in windstille Gegenden verirrt. Aber wir können die Route ändern, das Ruder rumreißen, wieder Fahrt aufnehmen und neue Gewässer erobern - wenn wir Mut, Kreativität und Willen beweisen." Denn eins steht fest: Wenn Unternehmen nichts probieren, wird auch nichts besser. Der Kraftakt lohnt sich.
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