Frauen im Consulting: Tijen Onaran, ACI Consulting „Ich habe häufiger das Gefühl, ‚der Alien' im Raum zu sein"

Titjen Onaran, Co-Founder von ACI Consulting (Bild: ©SARIPICTURE / Sarah Domandl)
Haben Sie weibliche Vorbilder und Mentorinnen und wie haben diese Sie beeinflusst?
Tijen Onaran: Früher haben mir immer Vorbilder in meinem Umfeld gefehlt. Heute habe ich mir selbst eine Art Inner Circle aufgebaut – mein persönliches „Kabinett“ an Mentorinnen und Mentoren, das ich bei wichtigen Entscheidungen um Rat frage.
Sie sind Mit-Gründerin der ACI Consulting GmbH und beraten Unternehmen dabei, mehr Diversität zu leben. Welche Branchen nehmen Sie bislang als besonders fortschrittlich wahr?
Tijen Onaran: Interessanterweise bewegt sich beispielsweise in der Versicherungsindustrie schon viel – wenngleich dort natürlich großer Nachholbedarf besteht. Gerade wenn man sich die Gothaer oder auch die ERGO anschaut, ist wahnsinnig viel Bewegung drinnen.
Wie nehmen Sie den Status der Diversität in der Consultingbranche wahr?
Tijen Onaran: Die Beratungsbranche hat kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem, was Diversität angeht.
Das Arbeiten in der Beratung hat sicher einige Herausforderungen, die es in anderen Branchen nicht gibt, aber es wird deutlich, dass Diversität immer mehr auf die Agenda der Beratungen rutscht.
Und das ist gut so! Denn was die Umsetzung betrifft, gibt es noch viel Nachholbedarf. Vor allem in den oberen Ebenen muss mehr Vielfalt herrschen. Ich bin hier der festen Überzeugung, dass eine selbst auferlegte Quote helfen würde, den Worten Taten folgen zu lassen.
Als Profi für die Implementierung von mehr Diversität: Was können Frauen für mehr Gleichberechtigung in der Consultingbranche tun?
Tijen Onaran: Erst einmal finde ich, dass es nicht immer nur den Frauen auffallen darf, dass zu wenig Gleichberechtigung herrscht! Für mehr Diversität und auch Gleichberechtigung braucht es das Commitment und die Unterstützung aller – besonders auch die der Führungsebene. Das sehen wir immer wieder in der Beratungspraxis mit ACI Consulting.
Ein großer Gamechanger ist für mich mein Netzwerk. Ich gebe hier viel hinein, spreche Empfehlungen aus, verknüpfe Frauen miteinander, aber frage manchmal auch selbst nach Rat oder Unterstützung. Genau das kann ich auch jeder Frau ans Herz legen. Aus Netzwerken können viele großartige Möglichkeiten entstehen und sie sind ein toller Ort für den Austausch – beispielsweise, wenn es um Gehaltsverhandlungen oder auch um Beförderungen geht.
Wie können auch männliche Kollegen Frauen dabei unterstützen?
Tijen Onaran: Das ist ein wichtiger Punkt, denn es braucht Allies, um mehr Gleichberechtigung schaffen zu können. Männliche Kollegen können ihr eigenes Bewusstsein schärfen, um Diskriminierung zu erkennen und Maßnahmen und Initiativen zum Abbau von Barrieren unterstützen. Auch hier ist es wieder wichtig, dass dies von der Führungsebene auch supported wird.
Neben ihrer Tätigkeit bei ACI sind Sie unter anderem auch Kuratorin für das Zentrum für Kunst und Medien in Karlsruhe, Geschäftsführerin der GDW Global Digital Women GmbH und Beirätin des „Digital Journalism Fellowship“ Programm. Bei so vielen Rollen: Wie schaffen Sie es, eine gute Work-Life Balance aufrecht zu erhalten?
Manchmal auch gar nicht! Was mir aber hilft, ist bewusste Zeit für mich. Das kann Zeit mit meinen Hunden Pauli & Leo sein, am Morgen direkt laufen zu gehen oder regelmäßig zu tanzen.
Mir helfen sowohl sportliche Aktivitäten als auch ungestörte Zeit mit meinen beiden Hunden Pauli und Leo, ein gutes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit zu halten. Beim Laufen oder Tanzen bekomme ich den Kopf frei und kann Energie tanken, was mir letztlich hilft, produktiver und konzentrierter zu sein, wenn ich zur Arbeit zurückkehre. Und mein Mann Marco ist nicht nur beruflich, sondern auch privat eine große Stütze.
Was macht Ihnen in Ihrem beruflichen Alltag die meiste Freude?
Tijen Onaran: Ich liebe es, neue inspirierende Menschen zu treffen, sei es auf Veranstaltungen oder im beruflichen Alltag. Aus solchen Begegnungen ziehe ich unheimlich viel Kraft und Inspiration! Aber auch das kontroverse Gespräch mag ich.
Wenn ich merke, dass ich bei meinem Gegenüber etwas bewegen konnte und die Person Diversität nun anders sieht.
Gibt es in Ihrem Alltag Momente, in denen Sie sich Männern gegenüber anders behandelt fühlen?
Tijen Onaran: Ich habe häufiger das Gefühl, „der Alien“ im Raum zu sein – beispielsweise, wenn ich als Investorin und Unternehmerin bei Wirtschaftstreffen die einzige Frau bin und dann auch die einzige mit Migrationsgeschichte. Mittlerweile fühle ich mich in solchen Situationen weniger unsicher, da ich mir bewusst mache: ich stehe für Vielfalt und bin damit auch Vorbild und Unterstützerin für anderen Frauen!
Sie wurden unter anderem als eine von “100 Frauen, die Deutschland bewegen”, “Top 40 unter 40” und zu einer der “100 einflussreichsten Frauen der deutschen Wirtschaft” ausgezeichnet. Wie schafft man das?
Tijen Onaran: Den Grundstein hat mein Vater gelegt, der der eigentliche Feminist in unserer Familie ist.
Er hat mir immer gesagt: „Verdiene dein eigenes Geld und sei unabhängig von einem Mann. Sieh zu, dass du auf deinen eigenen Füßen stehst.” Ich selbst habe mir dann über mein Branding viele Türen geöffnet.
Haben Sie eine Zukunftsvision für die Consultingbranche und die gesamte Arbeitswelt und wie könnte diese erreicht werden?
Tijen Onaran: Ich merke, dass bei immer mehr Menschen und Unternehmen das Verständnis für mehr Diversität steigt und das ist auch so wichtig! Diversität muss jetzt schon mitgedacht werden, um in Zukunft auch wettbewerbsfähig zu bleiben!
Über die Person
Tijen Onaran ist Unternehmerin, Investorin, Bestseller-Autorin und eine der wichtigsten Meinungsmacherinnen Deutschlands, wenn es um Diversität, Sichtbarkeit und Digitalisierung geht sowie eine der prominentesten Stimmen der deutschen Wirtschaft. Ihr Motto: „Diversität ist kein Trend. Diversität ist der Grundstein für den Erfolg eines Unternehmens!“
Tijen ist Gründerin des Unternehmens Global Digital Women und der Diversity-Beratung ACI – den führenden Beratungsunternehmen in Diversitätsfragen.... mehr
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