Thomas Deelmann In 7 Schritten zur Digitalstrategie - Teil 2

Thomas Deelmann
"Was bisher geschah": Inhalte des ersten Teils
Die ersten vier Schritte des Beitrages haben sich mit der Strategieentwicklung beschäftigt. Startpunkt waren verschiedene Analysen. Sowohl die sog. Umweltanalyse – also der Blick aus dem Fenster auf die Welt außerhalb der eigenen Büroumgebung –, als auch die sog. Organisationsanalyse, in der für das eigene Unternehmen eine detaillierte und kritische Betrachtung vorgenommen wird, wurden vorgestellt. Anschließend stand die Weiterentwicklung des Geschäftsmodells im Fokus und es wurde auf die häufig vernachlässigten Wechselwirkungen zwischen unterschiedlichen Aktionen hingewiesen. Nun geht es um das konkrete "Doing", also die Umsetzung.
Schritt 5: Change …
Vermutlich sind die Fälle, in denen Strategiepapiere formvollendet formuliert werden, nur um dann in einer Schreibtischschublade zu landen, keine Seltenheit. Wichtig ist es daher, die Veränderungen auch tatsächlich anzustoßen und mit der Strategieumsetzung zu beginnen. Damit dies nicht völlig planlos erfolgt und für mehr Irritationen als Klarheit sorgt, ist die Veränderung zu planen. Überlegt werden kann beispielsweise, ob die Veränderung im klassischen Wasserfallvorgehen erfolgen soll oder in Form einer der gerade modernen agilen Verfahren sowie welche Zwischenziele und Erfolgsmarken gesetzt werden. Auch Fragen der Kommunikation (Wer? Wann? Was? Für wen? Nur Erfolge? Oder auch Misserfolge? etc.) müssen angedacht werden. Oberflächlich betrachtet, lassen sich diese Fragen einfach und technokratisch-sachlich beantworten.
Als überaus relevant zeigt sich jedoch ein weiterer Punkt: Bei allen Veränderungsaktivitäten muss die in der Beratung herrschende Kultur berücksichtig werden, sonst verlaufen sie im sprichwörtlichen Sande. Oder wie es das Peter Drucker zugeschriebene Bonmot ausdrückt: "Culture eats strategy for breakfast!" ("… and digitalization for lunch!", wie man ergänzen könnte.)
An dieser Stelle ist also die simple Tatsache zu berücksichtigen, dass sich auch eine Digitalstrategie immer um Menschen (z.B. Mitarbeiter, Partner, Kunden) dreht.
Schritt 6: … & Control
Die Umsetzung einer Digitalstrategie ist selbstredend auch kritisch zu beobachten und zu kontrollieren. Neben dem Gesamtziel sind hierbei auch die im fünften Schritt herausgearbeiteten Zwischenziele und Erfolgsmarken hilfreich. Aber auch andere Kontrollpunkte können definiert werden, um den Fortschritt zu messen. Kleinere Beratungen beschränken sich eventuell auf einige wenige Kennzahlen (z.B. Anteil genutzter Automatisierungsservices, Umsatzanteil digitaler Services), größere Beratungen wollen vielleicht zusätzlich noch die Stimmung oder die Akzeptanz für die Digitalisierung bei Beratern und Backoffice-Mitarbeitern messen. Aber auch die Nachhaltigkeit von Veränderungen ist wichtig und damit zu kontrollieren.
So wurden zuletzt mehrere Digitalagenturen von zumeist größeren Beratungen gekauft. Was auf den ersten Blick nach einem schönen Erfolg aussieht (Schlagwort: Kompetenzgewinn), mag nach z.B. drei Jahren, wenn eine Halte- oder Bleibefrist für die Kernmannschaft des übernommenen Unternehmens ausläuft, vielleicht ganz anders aussehen. Dann sind nämlich alle Earn-Out-Klauseln erfüllt und die sogenannten Walking Assets machen ihrem Namen alle Ehre.
Die Kontrolle der Umsetzung einer Digitalstrategie kann ihren Erfolg zwar nicht garantieren – aber sie macht zumindest schneller auf mögliche Abweichungen aufmerksam.
Schritt 7: Von vorne beginnen
Die Fußballer-Weisheit von Sepp Herberger "Nach dem Spiel ist vor dem Spiel!" kann auf die Beratung leicht übertragen werden. Nicht über eine Digitalstrategie nachzudenken erscheint fahrlässig – einen einmal eingeschlagenen Weg niemals zu hinterfragen und ihm auf immer und ewig blind zu folgen aber ebenfalls. Die Digitalisierung der Beratung (und hier ist, um das nochmal in Erinnerung zu rufen, der Kern-Beratungsprozesses gemeint und nicht die Option z.B. über Videokonferenzen mit dem Kunden zu kommunizieren) scheint sich noch nicht sehr weit vom Anfang weg bewegt zu haben – es sind daher noch viele kleinere und größere Entwicklungen zu erwarten. Gleichzeitig steigt die Zahl der Berater seit Jahren deutlich an, was zu dem Schluss führt, dass zu den gestern ausgeübten Tätigkeiten morgen noch ganz andere hinzukommen werden.
Dringend angeraten ist es, den Strategiezyklus nicht nur einmalig zu durchlaufen, sondern ihn in regelmäßigen Abständen zu wiederholen und mit den Erkenntnissen aus dem letzten Zyklus wieder bei Schritt 1 zu starten. Ein solcher Neustart kann z.B. alle drei Jahre erfolgen (dann setzt man bei "Null" auf und beginnt ganz von vorne mit dem sprichwörtlichen weißen Blatt Papier), oder jährlich wiederkehren (bei einem solchen sogenannten rollierenden Verfahren wird typischerweise nur geschaut, ob sich an den Analyseergebnissen und Prämissen aus den ersten Schritten etwas geändert hat und wie sich diese Änderungen auf die folgenden Schritte auswirken). Aber auch ein "Always on"-Strategieprozess, bei dem fast in Echtzeit (kleinere) Anpassungen von Strategie und Geschäftsmodell vorgenommen werden, ist möglich.
Die Herausforderung in diesem Schritt ist, die passende Zykluslänge zu finden, die sowohl der Umwelt und ihren Entwicklungen, als auch der Organisation mit ihren Eigenarten gerecht wird. Aber alle Gedanken legen die Aufforderung nahe: Start again!
Kommentare (0)
Noch keine Kommentare zu diesem Artikel. Machen Sie gerne den Anfang!
Um unsere Kommentarfunktion nutzen zu können müssen Sie sich anmelden.
Anmelden