Konferenz "Rise of AI" KI: Deutschland gerät ins Hintertreffen

Die Uhr tickt. Am 9. Mai startet die neunte Ausgabe der zweitägigen Konferenz „Rise of AI“ in Berlin. Und das in einer Zeit, in der das Thema Künstliche Intelligenz durch die Decke geht. Consulting.de traf sich zum Gespräch mit Fabian Westerheide, dem Initiator der Konferenz. Es ging auch um die Rolle der Bundesregierung.

„Wenn wir in Deutschland oder Europa keinen KI-Schwerpunkt ausbauen, werden wir hier in Abhängigkeit von anderen geraten", sagt Florian Westerheide. (Bild: Westerheide)

Aus der Sicht von Fabian Westerheide, Gründer von „Rise of AI“, war es nur eine Frage der Zeit, bis das Thema KI in aller Munde ist. „Das ist im Übrigen bereits der zweite Hype rund um das Thema“, so Westerheide. Der ersten habe die breite Masse nur nicht so mitbekommen. „Den ersten KI-Hype hatten wir in der Zeit von 2018 bis 2020. Der wurde dann von Corona abgewürgt. Dennoch unterscheidet sich die heutige Situation von der ersten ‚KI-Welle‘. Damals interessierten sich in erster Linie Intellektuelle für Künstliche Intelligenz. Also Humanisten oder Philosophen, die sich auf ihrer Ebene mit dem Thema auseinandersetzten“, erklärt Westerheide.

Nur eine Frage der Zeit bis KI zur "Software" wird

Heute betrifft der Hype die breite Masse. „Und auch das haben wir erwartet, es war nur eine Frage der Zeit, bis KI in der breiten Öffentlichkeit ankommt. Außerdem haben wir – die Vorreiter – das Thema auch gepusht, trotz Krieg in der Ukraine und Corona. Ganz viele aus unserem Netzwerk sind in den Medien präsent und das überall. Früher war das nicht so. So schaffen wir Vertrauen.“ Viele Unternehmen hätten diesen Trend bereits früher gesehen und seien entsprechend aufmerksam geworden. Aber dieser Hype werde auch wieder abebben. Aus Künstlicher Intelligenz werde eine ganz normale Software werden, die uns im Alltag nutzt, wie eine Cloud- und Desktop-Software.

"Aber der Start von ChatGTP war schon was Besonderes und ist kaum mit etwas anderen vergleichbar. Wir beobachten hier 100 Millionen Nutzer in einer Woche. Dagegen war die Einführung von Facebook oder WhatsApp eine kleine Nummer“, so Westerheide. Der Start von ChatGTP sei da eher mit dem Beginn des World Wide Webs zu vergleichen.

Bundesregierung hat Startschuss nicht gehört

„Bedauerlicherweise hat Deutschland bei dem Thema mal wieder den Startschuss nicht gehört“, so Westerheide. Während in China und in den USA Künstliche Intelligenz massiv gepusht wird, passiere in Deutschland, aber auch in Europa, so gut wie nichts. „In den USA wird KI mit über zehn Milliarden US-Dollar gefördert. Von der deutschen Regierung kommt da keine Unterstützung. Sie ist eher ein Bremsklotz.“

Gerade durch die Coronapandemie sei es auf der Welt wieder zu einer Lokalisierung von Entwicklungen gekommen.

Daher sei es wichtig, dass sich neben China und den USA auch ein europäischer Schwerpunkt in Sachen KI entwickelt. „Und das wollen wir mit unser Konferenz erreichen. Bei uns kommt das „Who is Who“ der europäischen und auch der deutschen KI-Branche zusammen“, sagt Westerheide.

Dramatische Folgen ohne eigene KI-Strategie

Während die amerikanische Regierung KI-Strategien massiv unterstütze, lasse die deutsche Regierung die KI-Branche am langen Arm verhungern. „Uns wurden fünf Millionen Euro versprochen. Aber da passiert auf Seiten der Regierung nichts. Dieses Geld für eine KI-Strategie werden wir wohl niemals sehen. Stattdessen geht das Geld in andere Töpfe, wie etwa die Bundeswehr oder in Corona-Subventionen“, ärgert sich Westerheide.

Die Vernachlässigung des Themas könne dramatische Folgen haben.

Irgendwann in der nahen Zukunft würden Teile der Gesellschaft, wie Behörden oder auch der deutsche Bildungsapparat, auf die KI-Technik angewiesen sein. „Und wenn diese nicht seitens der Regierung unterstützt wird, werden Behörden oder das Gesundheitswesen bald massiv hinterherhängen. Daher wäre es gut, wenn hier Impulse aus der Wirtschaft kommen“, so Westerheide. „Der französische Präsident Emmanuel Macron hat das erkannt und spricht sich für eine Förderung von KI-Strategien aus.“

Ohne deutsche oder europäische KI geht Teil der Kultur geht verloren

Die Vernachlässigung des Themas habe aber weitere Folgen. „Wenn wir in Deutschland oder Europa keinen KI-Schwerpunkt ausbauen, werden wir hier in Abhängigkeit von anderen geraten, voraussichtlich von den USA“, so Westerheide. „Dann werden wir in den USA entwickelte KI-Technologien in unserem Alltag nutzen müssen, da wir über keine eigenen verfügen“, erklärt der KI-Experte. „Damit geht dann ein Teil unserer Kultur verloren, denn die KI aus den USA wird von amerikanischen Werten getrieben und nicht von deutschen oder europäischen. Und diese Werte spiegeln sich dann zum Beispiel in von KI entwickelten Produkten wieder, wie etwa Videoschulbücher. Und das ist nur ein Beispiel, das Ganze betrifft auch die Wirtschaft oder die Politik. Eine KI basiert auf einem Wertekodex, und eine in Deutschland verwendete KI sollte auf einem deutschen oder europäischen Wertekodex fußen.“

Auch für die KI-Forschung in Deutschland habe das Stillhalten der Regierung Folgen.

„Wir haben in Deutschland hervorragende Forscher in Sachen KI, vor allem im Bereich Grundlagenforschung. Man kann also sagen, dass viel KI-Techniken deutsche Produkte sind“, so Westerheide. „Aber diese Forscher arbeiten alle in den USA. Deutsche Innovation kann in Deutschland nicht gedeihen, weil hierzulande kein politisches Interesse vorhanden ist. Wenn wir hier eine politische Unterstützung hätten wie für die Ukraine-Hilfe oder den Klimaschutz, dann würde es KI-technisch auch auf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene vorangehen.“

 

Die Konferenz „Rise of AI“

Die Konferenz „Rise of AI“ findet am 9. und 10. Mai 2023 im Berliner Humboldt Carré Konferenz- und Eventzentrum statt. Sie wird seit sechs Jahren von Veronika und Fabian Westerheide organisiert. Ihr übergeordnetes Ziel ist der Aufbau eines starken europäischen KI-Ökosystems zum Nutzen der Menschheit. Es soll neben den KI-Schwergewichten USA und China auch eine europäische Allianz zum Thema Künstliche Intelligenz geformt werden. Die Konferenz bietet einen Versammlungsort für eine Vielzahl von Spezialisten, Forschern, Politikern, Investoren und Unternehmern, um die aktuellen Trends der KI zu diskutieren, Wissen zu teilen, Erfahrungen auszutauschen und Netzwerke zu bilden.

Florian Westerheide über die Konferenz

„Rise of AI“ hat sich aus dem Transhumanismus heraus entwickelt, mit der Frage: Wie verschmelzen Menschen und Maschinen? Und mittlerweile trifft sich dort das „Who is Who“ der KI. In diesem Jahr ist Vertrauen ein wichtiges Thema. Es geht um Vertrauen untereinander, in der Industrie oder in der Politik. Es muss ein Vertrauen in der breiten Bevölkerung gegenüber KI aufgebaut werden. Diese ist nicht gefährlich und sie gefährdet auch keine Arbeitsplätze. Sie hilft im täglichen Leben und man muss keine Angst vor ihr haben. Vertrauen aufbauen geht von Mensch zu Mensch am besten.

Bei uns ist Content King, der Umsatz ist nicht so wichtig. „Rise of AI“ ist von Qualität und nicht vom Profit getrieben.

Uns sind hochqualifizierte Redner wichtiger als irgendwelche Vertriebler. Da es mittlerweile die neunte Konferenz ist, reagieren wir inzwischen auf die Fragen und Anregungen unserer Gäste und wählen die Sprecher entsprechend aus.

Über die Jahre hinweg haben sich die Gäste verändert. Anfangs kamen viele Humanisten und Philosophen, die sich schon damals mit dem Thema auf ihrer Ebene auseinandergesetzt hatten. Später kamen immer mehr Vertreter aus der Wirtschaft.

Mittlerweile haben wir eine gesunde Mischung gefunden aus Hoodie- und Anzugträgern

, so dass beide Seiten in gesunden Maßen vertreten sind. Inzwischen kommen auch viele Anwender, oder Leute, die KIs trainieren oder promoten.

Ein Schwerpunkt der Veranstaltung liegt klar auf der Möglichkeit des Networkings für Fachleute und Interessierte. Aber auch Laien kommen nicht zu kurz und können viel über KI lernen, etwa in Crashkursen oder offenen Diskussionsrunden. Ziel ist es, Künstliche Intelligenz als eine starke Marke auszubauen.

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Über die Person

Markus Grunwald ist  Redakteur beim Smart News Fachverlag und Ansprechpartner für redaktionelle Themen auf marktforschung.de und CONSULTING.de.

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