Lünendonk Liste 2023 Managementberatung in Deutschland Krise, welche Krise? Consulting-Umsätze entkoppeln sich von der Konjunktur

Die Consultingbranche wuchs auch in 2022 deutlich und scheint sich damit immer stärker von der allgemeinen Wirtschaftslage zu entkoppeln. Die Nachfrage wird getrieben durch Risikovorsorge vor zukünftigen Krisen und dem Nachholbedarf in der Digitalisierung.

Zufriedene Gesichter bei der Präsentation der Lünendonk-Liste Managementberatung in Frankfurt. Von links: Franz-Josef Reuter, zeb; Marco Huwiller, Accenture; Jörg Hossenfelder, Lünendonk & Hossenfelder; Ralf Pichler, Detecon; und Andreas Hoberg, Ingenics (Bild: SFNV).

Rezession, Inflation, Ukraine, Multi-Krisen? Das alles berührt die Umsätze der Consultingbranche seit Beendigung der Corona-Krise kaum noch. War es früher so, dass sich die Consulting-Umsätze zumeist parallel zum Brutto-Inlandsprodukt entwickelten, so scheint sich das Beratungsgeschäft zunehmend von der wirtschaftlichen Lage zu entkoppeln.

Die Unternehmen, die investieren können, tun das jetzt,

so die Antwort von Marco Huwiler, Country Manager Schweiz von Accenture, auf die Frage, warum Unternehmen zunehmend mehr Geld fürs Business-Consulting ausgeben, obwohl die Geschäfte nicht überall gut liefen.

Unternehmen haben Veränderungsdruck und suchen das Gespräch

Es gibt viele Themenkomplexe, wo man das Gespräch mit Beratenden sucht,

so Walter Sinn, Deutschland-Chef von Bain & Company. Und ganz offensichtlich suchen Kunden nicht nur das Gespräch, sondern mittlerweile auch gleich die Umsetzungsleistung. Der Fachkräftemangel in Unternehmen führe dazu, dass Consultants häufig als verlängerte Werkbank fungieren.

Daraus folgt, dass im Unterschied zu früheren Krisen wie Dotcom oder Finanzkrise, die Vergabe von Beratungsprojekten nicht mehr gestoppt wird, sondern deren Umsetzung im Gegenteil vorangetrieben wird, um das Unternehmen krisenresistenter für die Zukunft zu machen : Sicherung der Supply-Chain, De-Risking, Performance Improvement, Digitalisierung, ESG.

Die Herausforderungen für Unternehmen sind groß, die Beratungshäuser helfen gerne.

Die Branche wächst deutlich

Top 1-10 der deutschen Managementberatungen (Grafik: Lünendonk Liste 2023)

Und machen damit viel Umsatz: Nach einem durchschnittlichen Wachstum von 16,6 Prozent im Jahr 2021 legten die 20 größten Managementberatungen mit Hauptsitz in Deutschland (Top 20) in 2022 um 18,5 Prozent zu. Gleicher Trend bei den führenden internationalen Consultants, die mit 11,5 Prozent ebenfalls zweistellig wuchsen. Die Prozentwerte verschleiern etwas, wie groß die Zuwächse in absoluten Zahlen tatsächlich sind: Der internationale Branchenprimus Accenture hat 2022 ganze 6,8 Milliarden Dollar mehr verdient als im Jahr zuvor. Das größte deutsche Beratungshaus, Roland Berger, verdiente im vergangenen Jahr 125 Millionen EUR als 2021. Es läge nur zu einem kleinen Teil an den gestiegenen Beratertagessätze, der Großteil des Wachstums käme aber von der organischen Nachfrage, so die Aussage der bei der Präsentation in Frankfurt anwesenden Unternehmensvertreter von Detecon, zeb, Ingenics und Accenture. Walter Sinn von Bain wurde virtuell zugeschaltet.

SKS, Berylls und Ingenics mit großem Wachstum

Top 11-20 der deutschen Managementberatungen (Grafik: Lünendonk Liste 2023)

Bei den Top-20 schafft die Hochheimer SKS Group, mittlerweile Teil von Accenture, fast eine Verdoppelung ihres Umsatzes auf 79,8 Mio. EUR, mit einer Steigerungsrate von 94,6 Prozent. Die Münchner Automotive-Spezialisten Berylls schaffen 51,2 Prozent Umsatzzuwachs auf 62 Mio. EUR, gefolgt von Ingenics mit 38,6 Prozent auf nun mehr 78,3 Mio. EUR. Beide Häuser profitierten dabei vom Transformationsdruck in der Automobilbranche.

Auch unter den Top-10 der Branche gibt es massive Umsatzsprünge: Porsche Consulting legte 27,8 Prozent zu, erzielt 271 Mio. EUR und ist damit 2022 die Nummer vier in Deutschland. Knapp dahinter mit nur einer Million weniger die Stuttgarter Controlling-Spezialisten von Horváth, die zwar ebenfalls um 25 Prozent wuchsen, sich aber dieses Jahr knapp mit dem fünften Platz im Ranking zufriedengeben müssen. Auf den Plätzen 1-3 bleibt alles beim Alten, auch wenn Roland Berger, Simon-Kucher & Partner und Q_Perior deutlich zweistellige Zuwächse erzielten. Roland Berger führt mit Abstand die Lünendonk-Liste der deutschen Managementberatungen an. Immerhin acht der Top-10 erzielten einen Jahresumsatz von mehr als 200 Mio. EUR. 2021 waren das nur sechs Beratungshäuser. Das einzige Beratungshaus unter den Top-20, das 2022 einen Rückgang zu verzeichnen hatte, war die Köngener Staufen AG, die drei Millionen Umsatz einbüßte und nur noch 51 Mio. EUR verdiente (Vorjahr: 54 Mio.).

Deutscher Markt wird von internationalen Playern dominiert

Top 1-18 der Internationale Managementberatungen in Deutschland (Grafik: Lünendonk Liste 2023)

Den deutschen Beratungsmarkt dominieren indes immer noch eine Vielzahl an internationalen Consultants mit unterschiedlichen Leistungsspektren. Strategieberater sind dabei ebenso zu finden wie M&A- sowie HR-Häuser und Transformationsberatungen: Die Consulting-Units von Accenture und Deloitte sind mit jeweils mehr als 30 Milliarden US-Dollar Umsatz die Branchenführer, gefolgt von PwC/Strategy& (21 Mrd. US-$). Die internationalen Strategieberatungen BCG (12 Mrd. US-$) und Bain (7 Mrd. US-$) legten 2022 ebenfalls zu – vor allem in Deutschland. Neu im internationalen Ranking ist die Beratung Protiviti. Die 18 führenden globalen Anbieter der Lünendonk-Liste generierten im Geschäftsjahr 2022 geschätzt 181 Milliarden Euro Umsatz weltweit. Davon entfielen rund 16 Milliarden Euro auf Deutschland.

Kriege um Talente und KI-Spezialisten

Die einzigen Kriege, die die Unternehmensberater aktuell zu fürchten scheinen, sind der viel zitierte „War for talent“ und neu hinzugekommen ist die Jagd nach KI-Spezialisten. KI sei am „Tipping-Point“, so Bain-Chef Walter Sinn, Generative AI sei das Hype-Thema schlechthin. Dass KI nicht nur ein Nachfragethema ist, sondern auch die Beratungsbranche nachhaltig verändern wird, daran glauben noch nicht alle. Franz-Josef Reuter, Unternehmenssprecher von zeb.rolfes.schierenbeck.associates, ist der Meinung, dass Beratung vor allem ein People Business sei und Menschen in der Beratung nach wie vor die zentrale Rolle spielen würden. Das stuften seine Kollegen teilweise deutlich zurückhaltender ein. Marco Huwiller von Accenture erläuterte, dass in der ersten KI-Automatisierungswelle bei Accenture vor allem repetitive Aufgaben weggefallen wären, um die Produktivität zu erhöhen. Dies verglich er mit „Blue Collar-Jobs“. Jetzt ginge es darum, auch bei „White Collar-Jobs“ nach Möglichkeiten der Effizienzsteigerung zu suchen. „Das Bild wird sich verändern, der Beraterjob wird sich verändern“, so sein Blick in die Zukunft der Consultingbranche.

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