Weibliche Consultants im Interview Neun Fragen an Barbara Apergis, dla

Barbara Apergis von digital leaders advisory (dla) gibt uns im Interview Einblicke in ihren Arbeitsalltag als weibliche Consultant. Sie verrät uns, wie sie zum Consulting gekommen ist und weshalb Frauen besonders gut in die Branche passen.

1. Wie sind Sie zur Beratung gekommen?

Barbara Apergis: Die entscheidende berufliche Wendung zur Beratung habe ich nicht geplant - sie kam zu mir. Als Soziologin interessiere ich mich von jeher für soziale Systeme. Unternehmen mit ihren -oft heterogenen- Abteilungen und individuellen Akteuren sind ja letztlich nichts anderes als komplexe soziale Systeme. Unter welchen Bedingungen funktionieren solche Systeme besonders gut und welche Faktoren schwächen das System? Hierauf Antworten zu finden, hat mich schon immer fasziniert. Als sich mir dann die Möglichkeit bot, in die Personalberatung einzusteigen, habe ich zugegriffen.

Dabei zu unterstützen, dass der richtige Mitarbeiter zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz sitzt, stellt für mich eine spannende Aufgabe dar, die mich jeden Tag aufs Neue motiviert.

2. Was macht Ihnen an Ihrem Job besonders Spaß?

Barbara Apergis: Menschen dabei zu unterstützen, ihr volles Potenzial zu entwickeln und zu entfalten. Und gleichzeitig Unternehmen zu helfen, Führungspersönlichkeiten zu gewinnen, die ihre Mannschaft durch dynamische Zeiten steuern. Dazu braucht es gefestigte Persönlichkeiten, die mit Mut und Innovationsgeist in hochkompetitiven Märkten die Nase vorn behalten. Mich täglich mit so spannenden Charakteren auseinanderzusetzen, das begeistert mich.

3. Warum passen Frauen gut ins Consulting?

Barbara Apergis: Frauen bringen -neben ihren fachlichen Fähigkeiten- oftmals Soft Skills mit, die sie besonders für die Beratungsbranche qualifizieren. Das sind Eigenschaften wie Empathie und Intuition, aber auch Dialog- und Integrationsfähigkeit. Frauen sind typischerweise einfühlsam, kommunikativ und offen. Sie sind gute Zuhörer und erfassen komplexe Zusammenhänge sowie zwischenmenschliche Stimmungen auf einer ganzheitlichen Ebene. Somit gewinnen sie rasch das Vertrauen ihrer Kunden und anderer Stakeholder - im Falle der Personalberatung das der Kandidaten. Dies prädestiniert Frauen für die Consultingbranche und übrigens auch für Führungsrollen.

 

4. Welche Skills sollte man als Frau auf jeden Fall für die Consultingbranche mitbringen?

Barbara Apergis: Kompetenzen wie Empathie, eine große Offenheit, Dialogfähigkeit, Intuition und Inspiration. Neben den fachlichen Qualifikationen helfen diese Eigenschaften insbesondere dann, wenn es -wie in der Personalberatung- um Menschen geht und um deren Motivationen und Wertvorstellungen. Um einen optimalen Cultural Fit zu erreichen, setzen wir uns intensiv mit Wechselmotivationen auseinander. Dabei geht es um persönliche Wertvorstellungen und individuelle Verhaltensmuster. Frauen verfügen über ein sensitives Einfühlungsvermögen, was sie dazu befähigt, sich gut in ihre Mitmenschen einzudenken und ihre Bedürfnisse und persönlichen Zielvorstellungen zu verstehen. Dies eröffnet ihnen den Weg zu Kooperationen, die auf einer echten Vertrauensbasis beruhen.

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5. Was ist Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung um als Frau in der Consultingbranche zu arbeiten?

Barbara Apergis: Tradierte Rollenbilder und patriarchalische Unternehmensstrukturen. Wenn es um das Thema Nachwuchs und Familie geht, stecken nach wie vor die Frauen zurück. Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen ist insbesondere in der reise- und arbeitszeitintensiven Consultingbranche eine echte Herausforderung. Dies gilt sicherlich für Männer wie für Frauen – nur dass es mit überwältigender Mehrheit die Frauen sind, die sich in dieser Phase ausbremsen lassen. Gerade wenn sie nach ein paar Jahren Berufserfahrung richtig „durchstarten“ könnten, tauchen sie oftmals ab in Teilzeit-Verhältnisse und schaffen den „Wiedereinstieg“ oft nur schwer.

 

6. Auf einer Skala von 1-10: Wie „männer-dominiert“ würden Sie die Consultingbranche insgesamt einstufen? „10“ bedeutet „sehr männer-dominiert“, „0“ bedeutet „überhaupt nicht männer-dominiert“. Begründen Sie bitte kurz Ihr Urteil.

Barbara Apergis: Mindestens 8! Ich erlebe das bei nahezu all meinen Mandaten. Im Rahmen unserer Mandate beschäftigen wir uns tagtäglich intensiv mit großen und kleinen Beratungshäusern und stellen durch die Bank fest, dass der Anteil der Frauen -insbesondere in den oberen Führungsetagen- verschwindend gering ist. Auf Junior Level Ebene findet sich oftmals noch ein beachtlicher Anteil an Mitarbeiterinnen – aber sobald man in höhere Hierarchieebenen vordringt, nimmt der Frauenanteil rapide ab. Dies gilt sicherlich für die meisten Branchen, ist jedoch im Consultingbereich, der ein besonderes Maß an zeitlicher und räumlicher Flexibilität verlangt, besonders ausgeprägt.

Betonen möchte ich, dass dies keineswegs daran liegt, dass Männer die besseren Berater sind, sondern an den vorhandenen Rollenbildern und den häufig noch immer sehr patriarchalisch geprägten Unternehmensstrukturen.

7. Was müsste sich Ihrer Meinung nach ändern, damit der Frauenanteil in der Führungsspitze bei Beratern von aktuell 19% in den nächsten fünf Jahren zumindest auf 30% ansteigt?

Barbara Apergis: Strukturelle Änderungen in den Unternehmen sind unerlässlich. Vor allem mittels spezieller Förderangebote, die es ermöglichen eine Familie zu gründen, ohne dass ein Elternteil den Anschluss verliert. Neue Arbeitsmodelle, Jobsharing Angebote und spezielle Bindungs-, Förder- und Weiterbildungsmaßnahmen, die insbesondere Frauen unterstützen. Auch Mentorenprogramme für weibliche Nachwuchskräfte sind hilfreich. Konzepte und Ideen hierfür gibt es ausreichend – in skandinavischen Ländern beispielsweise werden diese bereits mit großem Erfolg umgesetzt!

Aber auch gesellschaftspolitisch muss sich etwas ändern: Das Kinderbetreuungsangebot muss weiter ausgebaut und Anreize für familienfreundliche Unternehmensstrukturen geschaffen werden. Und wir sollten gemeinsam daran arbeiten, tradierte Rollenbilder sukzessive aufzulösen. Dies kommt übrigens keineswegs nur den Frauen zugute, sondern stärkt unsere Gesellschaft in sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht.

8. Welche drei Tipps würden Sie Absolventinnen geben, die gerade in die Consultingbranche einsteigen?

Barbara Apergis: Kennt Eure Stärken und betont diese! Vertraut Eurem Gefühl und handelt danach! Findet Mentoren und Verbündete. Vernetzt Euch, wann immer es geht und nutzt dieses Netzwerk. Vergleicht Euch nicht mit anderen – für die persönliche Entfaltung ist es völlig irrelevant, ob jemand anderes besser ist als Du!

Insbesondere sollten wir weg von dem „schwarz- weiß“ Gedanken, dem Vergleich zwischen Mann und Frau. Studien belegen, dass gendergemischte Teams am erfolgreichsten sind. Das ist ja auch völlig nachvollziehbar: Beide Geschlechter haben ihre jeweiligen Stärken und verfügen über Kompetenzen, in denen sie besonders gut sind – nur im gemeinsamen Wirken kann das gesamte Potenzial gehoben werden. Im Zusammenspiel, im Ying und Yang, liegt das Geheimnis des Erfolges.

9. Gibt es ein Buch oder einen Film (auch Serien), dass Sie in den vergangenen Monaten begeistert hat? Wenn Ja, warum?

Barbara Apergis: Hidden Figures – Unerkannte Heldinnen. Der Film erzählt von drei afroamerikanischen Mathematikerinnen, die maßgeblich am Mercury- und Apollo-Programm der NASA beteiligt waren. Ich habe diesen Film mit meinen beiden Töchtern angesehen, um sie zu ermutigen, an ihre Stärken zu glauben und sich auch mal gegen Widrigkeiten durchzusetzen. Nicht jede Frau hat das Zeug zur Kernphysikerin, das ist klar. Mir geht es um die Botschaft hinter dem Film: sei selbst-bewusst und kenne Deine Stärken. Entscheidend ist, ob sich das, was Du tust, richtig anfühlt und Dich beflügelt. Wenn das der Fall ist, kann Dich nichts aufhalten.

Zur Autorin:

Barbara Apergis ist Gründungsmitglied der dla digital leaders advisory. dla ist eine international agierende Top Management Personalberatung. Als Trusted Advisor unterstützt dla ausgewählte Unternehmen, die in Zeiten dynamischer Märkte und rasanter Transformationsprozesse einem starken Veränderungsdruck ausgesetzt sind. Barbara hat sich auf die Besetzung von Experten in Management- und Führungspositionen in Professional Services Unternehmen spezialisiert. Zusätzlich fokussiert sie sich auf Suchmandate mit hohem Diversity Bezug.

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cb

 

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