The Consultant Hunter Partnerschaft im Consulting – strahlender Olymp oder goldenes Hamsterrad?

Die Partnerrolle gilt im Consulting als die höchste Karrierestufe. Partnerschaften bringen mit Sicherheit viele Chancen mit sich, allerdings sollten auch mögliche Risiken vorher individuell abgewogen werden. (Bild:picture alliance / Zoonar | Aleksandr Khakimullin)
Als Umsatzbringer, Spitzname „Rainmaker“, in der ersten Klasse zum Auftraggeber reisen, mit potenziellen Kunden dinieren, als oberste:r Projektleiter:in in Steering Committees die Kohlen aus dem Feuer holen, den Projekterfolg einfahren und fürstlich entlohnt werden. Eine Aufgabenbeschreibung, die für viele verlockend klingt. Die höchste Karrierestufe innerhalb des Consultings ist typischerweise die Rolle des Partners oder der Partnerin – es finden sich auch alternative Positionstitel („Managing Director“ oder „Executive Vice President“) je nach Governance-Modell. Entlang der Governance entscheidet sich auch, wie sehr man sich an der Unternehmensentwicklung beteiligen und vom Geschäftserfolg profitieren kann. Als Equity Partner sichert man sich über die Gesellschafteranteile einen Platz in der Gesellschafterversammlung und entscheidet über wichtige Fragestellungen der Unternehmensentwicklung. Manche Beratungen zählen die Stimmen gemäß Gesellschafteranteilen prozentual gewichtet aus, andere gemäß dem Motto „ein Kopf, eine Stimme“. Der Vorzug, sich an der Unternehmensentwicklung zu beteiligen und über die Dividende direkt am Erfolg zu partizipieren, wird zugleich teuer erkauft: Nicht selten muss man je Unternehmensanteil eine sechsstellige Summe berappen.
Nicht alles, was glänzt…
Wer es in der Beratung bis auf die Manager-Stufe geschafft hat, wird sich die Frage stellen:
„Vollziehe ich jetzt den Exit in die Industrie oder nehme ich Anlauf zu einer Partner-Beförderung?“
Das Partner-Level zu erklimmen, bedeutet für viele zugleich auch, sich „freizuschwimmen“. Als Partner:in ist man zunächst einmal sich selbst und seinem eigenen (Akquise-) Erfolg verpflichtet. Dies geht mit deutlich mehr Freiheitsgraden bei der zeitlichen Planung einher. Zugleich kann man sich häufig aus dem engen Korsett der Projektstruktur lösen, da man in der Regel operative Projektleiter installiert, die einem den Rücken freihalten. Man selbst bringt sich immer wieder in Steering Committees ein und nutzt den Rest der Zeit für Kundenbeziehungen und das Thema Thought Leadership (Publikationen, Teilnahme an Kongressen und Speaker-Auftritte auf Symposien). Dass man zugleich durch üppige Gehälter und durch Dividendenzahlungen einen erklecklichen Wohlstand aufbauen kann, kommt begünstigend zu den Vorteilen einer Partnerschaft hinzu.
Doch keine Rechte ohne Pflichten:
Vertriebsziele wollen erreicht werden, da man ansonsten schneller aus der Partnerschaft herauskomplimentiert wird als einem lieb ist.
Man trägt zugleich die volle Verantwortung für das Gelingen der verkauften Projekte und muss den Kopf hinhalten, falls es nicht wie gewünscht verläuft. Partner:innen tragen darüber hinaus häufig interne Zusatzverantwortungen und investieren Zeit für Performance- und Beförderungs-Reviews oder dürfen sich beispielsweise in der Weiterentwicklung eines Themas oder einer Unit beweisen. Da diese Themen zusätzlich zum laufenden Projektgeschäft (Akquise und Teile der Umsetzung) erfolgen, handelt es sich auch auf Partner-Ebene um alles andere als einen 40-Stunden-Job. Insbesondere in der Phase nach der Partner-Ernennung muss sich die betreffende Person maximal einbringen, um den beschriebenen Anforderungen nach außen und innen gerecht zu werden. Um es auf den Punkt zu bringen: Für Partner:innen ergibt sich innerhalb der Beratung das stärkste Gefälle zwischen möglicher Chance und möglichem Risiko. Nicht jeder Manager oder Senior Manager sieht dieses Zielbild als erstrebenswert an.
Die Partner-Beförderung mitnehmen oder nicht?
In meiner täglichen Beratungspraxis kommt immer wieder die Frage von Principal-/Director-Kandidaten:innen auf, ob es nicht vorteilhaft wäre, in jedem Falle eine Partner-Beförderung mitzunehmen, um dann den Sprung auf die Industrieseite zu vollziehen. Meine Antwort fällt stets differenziert aus: So gut sich die Partner-Position im CV macht, sie geht in der Regel auch mit einem zumindest mittelfristigen Engagement beim aktuellen Arbeitgeber einher. Zum einen erwartet die Gesellschafterrunde, dass der soeben beförderte Jungpartner eine Zeit lang das Commitment mit guter Leistung zurückzahlt. Andererseits sollte die neue Rolle auch deshalb eine Zeit lang aktiv mit Leben gefüllt werden, um Erfolge zu dokumentieren – ein zu früher Wechsel würde von vielen Personalern:innen und Entscheidern:innen auf der Industrieseite als eine Niederlage interpretiert werden.
Zuletzt ist der signifikante Gehaltssprung nach einer Partnerbeförderung ein weiterer Grund, eher noch ein paar weitere Jahre in der Beratung zu bleiben: Während die Gehaltslevels von Principals/Directors auf Industrieseite noch getroffen werden können, spreizt sich die Gehaltsschere deutlich zwischen Consulting-Jungpartnern:innen und kurzfristig realisierbaren Industrierollen. Es ist somit häufig zu beobachten, dass ein Exit in die Industrie vor der Entscheidung in Richtung Partnerschaft oder aber deutlich später erfolgt.
Wer wird Teil des Teams?
Idealerweise ist eine Partnerschaft eine eingeschworene Mannschaft mit gleichen Zielen und starkem Korpsgeist. Nicht selten finden sich jedoch Partnerrunden, in denen die Fetzen fliegen und die dreckige Wäsche aus der Vergangenheit noch lange und lautstark gewaschen wird. Die Frage, die sich aus Sicht der Partnerschaft stellt, ist:
- Wer soll in den elitären Kreis aufgenommen werden?
- Wer wird sich wie gewünscht entwickeln?
- Wer passt qua Persönlichkeit, Benehmen und Kultur zum Partnerkreis?
Um auf diese Fragen eine positive Antwort zu liefern, müssen sich Beratende möglichst frühzeitig um ein starkes Netzwerk innerhalb der Partnerschaft und idealerweise einen starken Karrieresponsor bemühen. Insbesondere auf dem Principal-/Director-Level kommt es zum „Schaulaufen“: Es gilt, bei möglichst vielen Mitgliedern/Entscheidern:innen innerhalb der Partnerschaft ein positives Bild der eigenen Person zu schaffen. Nicht selten kommt es vor, dass man in dieser Phase nicht „Nein“ sagen darf, wenn ein Partner mit einer Bitte auf den Kandidaten zukommt. Eine intensive Zeit.
Partner, die von außen kommen
In den vergangenen Jahren haben sich viele Unternehmensberatungen mit Einstellungen von Partnern:innen von außen vergriffen: Aus verschiedenen Gründen hat der/die extern rekrutierte Partner:in und zunächst hochgelobte Partner:in nicht die gewünschte Leistung erbracht und das Feld kleinlaut wieder verlassen müssen. Hier sehe ich insbesondere Personalberatungen – sofern in den Auswahlprozess einbezogen - in der Pflicht, eine saubere Einschätzung über die Kompatibilität und Erfolgswahrscheinlichkeit des/der externen Partners:in vorzunehmen. In Konsequenz der vielen blutigen Nasen haben manche Firmen – wie beispielsweise KEARNEY – in den vergangenen Jahren entschieden, nicht mehr gezielt nach Partnern:innen von außen zu suchen, sondern auf externe Principals zu setzen, die sich zunächst kulturell akklimatisieren, über ihre Erfolge Reputation aufbauen können und erst dann den internen Beförderungsschritt zum Partner oder zur Partnerin vollziehen.
„Drum prüfe, wer sich ewig bindet“
Welche Ratschläge kann man Unternehmensberaternden an die Hand geben, um den richtigen Karrierepfad einzuschlagen (der Einfachheit wegen liegt der Akzent auf der Frage „Consulting versus Industrie“, auch wenn es selbstverständlich viele weitere Optionen geben kann – z.B. Private Equity, Wissenschaft, Gründung des eigenen Start-ups, …)?
Neben den vielen höchst individuellen Aspekten im Kontext von Karriereentscheidungen gilt es, die folgenden Punkte grundsätzlich zu beobachten:
- Gehen Sie einmal im Jahr in Klausur mit sich! Wer seinen Job gut macht, erhält Zugriff auf spannende Projekte, wird zügig befördert und bezieht ein immer höheres Gehalt – der Exit in die Industrie wird einem dadurch immer schwerer gemacht. Umso wichtiger, sich mindestens einmal im Jahr die Zeit zu nehmen, in Ruhe über den externen Markt zu reflektieren. Zahlt ein weiteres Jahr im Consulting auf meine persönlichen Ziele maximal ein oder ist nun ein Punkt gekommen, ggf. über Industriepositionen nachzudenken?
- Kennen Sie ihren Markt(-wert)! Um zum jeweiligen Zeitpunkt die „richtige“ Entscheidung zu treffen, sollte man sowohl die internen Optionen als auch den externen Markt (entweder im Consulting oder in der Industrie) realistisch einschätzen können. Was ist das zum betreffenden Zeitpunkt maximal Realisierbare? Wer sich hier nicht die nötige Transparenz verschafft, wird eine falsche Entscheidung treffen. Und es kann übrigens auch falsch sein, nicht aktiv zu werden und beim aktuellen Arbeitgeber zu bleiben.
- Prüfen Sie alle relevanten Dimensionen! Stimmt es inhaltlich? Passt die mittel- und langfristige Karriereperspektive? Schätze ich den politischen, strukturellen, marktseitigen Kontext richtig ein? Passt es kulturell? Was würde geschehen, wenn mein:e Vorgesetze:r, sich kurzfristig selbst verändern würde?
- Seien Sie visibel, bauen Sie ein starkes Netzwerk auf! Dieser Punkt gilt sowohl bei den großen Beratungskonzernen als auch bei kleinen Boutique-Beratungen, dies gilt aber auch in Bezug auf den eigenen Kundenmarkt – Reputation ist wichtig. Arbeiten Sie an ihrem eigenen Image, bringen sie sich ins Gespräch, nehmen Sie Gesprächsangebote oder Zusatzverantwortung an.
- Stimmen die eigenen Qualifikationen und Kompetenzen? Egal, ob Partnerschaft oder Wechsel in die Industrie, man sollte für beide Karrierepfade in sich hineinhorchen, ob man „aus dem richtigen Holz geschnitzt“ ist. Bringt man die entsprechende Resilienz mit, den oben beschriebenen Anforderungen an eine Partner-Rolle gerecht zu werden? Besitzt man hinreichende Anpassungsfähigkeit, um die Seite vom Dienstleister zum Auftraggeber zu wechseln? Kann man auch mit Mitarbeitenden dauerhaft zusammenarbeiten, die nicht dieselbe Qualifikation und Motivation mitbringen, wie die bisherigen Consulting-Kollegen:innen?
Eine Entscheidung für oder gegen eine Partnerschaft, für den Wechsel zum Wettbewerb, in die Industrie oder in sonstige Richtungen ist stets höchst individuell. Zugleich waren Unternehmensberatende von jeher am Markt für ihre Qualifikationen und Kompetenzen hoch begehrt - durch den zunehmend spürbaren „War for Talent“ gewinnen sie nochmals weitere Wahlmöglichkeiten. Die Realität ist zugleich auch, dass das zunehmende Angebot an relevanten Möglichkeiten das Risiko von Fehlentscheidungen steigert.
Zeit, die eigene Situation zu reflektieren und mit relevanten Sparringspartnern:innen ins Gespräch zu kommen.
Über die Person
Daniel Nerlich ist Gesellschafter und Partner bei einem führenden Unternehmen im Executive Search, Board Consulting und Management Audit. Zu seinen Klienten zählen die Top-10 der internationalen Strategieberatungen, die Big-4 Wirtschaftsprüfungs- und Advisory-Gesellschaften sowie sogenannte „Hidden Champions“. Seit rund fünfzehn Jahren liegt sein Fokus auf der Besetzung von Führungspositionen innerhalb der Unternehmensberatung. Zudem ist er Gründer des Online-Magazins CONSULTANT career lounge.
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