Die #BeraterBeraterin „Projekt Magnolia“ von McKinsey: Sollte man sein eigenes Marketingteam auf den Prüfstand stellen?

Die Magnolie gilt als robuste und anpassungsfähige Blume, weshalb McKinsey den Namen als Metapher für ihr Umstrukturierungsprojekt nutzt (Bild: Karl-Josef Hildenbrand /dpa).
Die Magnolie ist eine Pflanzengattung, die für ihre eleganten, großen Blüten und ihre Robustheit bekannt ist. Aktuell nutzt McKinsey diesen exotischen Strauch als Metapher für sein „Projekt Magnolia“.
Damit will der Consulting-Riese sein Geschäftsmodell komplett überarbeiten. Er will beweglicher, einfacher, sicherer und qualitativ hochwertiger zu werden, mit weniger Wiederholungen. Eine mögliche Konsequenz könnte der Abbau von etwa vier Prozent der 45.000 Mitarbeiter weltweit sein. Betroffen wären mehr als 2.000 Stellen, hauptsächlich im Backoffice wie Marketing oder HR, darüber hatte unter anderem das Handelsblatt berichtet.
An und für sich ist die Magnolie als Metapher für das Management passend gewählt. Sie betont die Bedeutung von Anpassungsfähigkeit, Resilienz, Schönheit, Stärke, Stabilität und langfristiger Vision, um ein Unternehmen zum Erfolg zu führen und in einer sich ständig verändernden Geschäftswelt zu bestehen.
Nur: Warum konzentrieren sich die Kürzungen fast ausschließlich auf das Backoffice, einschließlich Marketing?
Weil bei McKinsey das Verhältnis von Beratern zu Nichtberatern eins zu eins ist. Das gibt es bei keinem anderen Unternehmen in der Branche. Die anderen beiden Player des MBB-Trios leisten sich „nur“ die Ratio eins zu drei. Bei mittelgroßen Beratungsgesellschaften liegt diese oft bei eins zu zehn; Spezialboutiquen kommen sogar mit einem Verhältnis eins zu achtzig bis hundert aus.
Den Luxus eines riesigen Back-Office – besonders in den Bereichen Marketing & Research – muss man sich leisten können und wollen.
In meinen knapp zwölf Jahren als Head of Marketing & Communications EMEA bei Booz, heute Strategy&, interviewte ich immer wieder Bewerber von McKinsey. De facto haben wir nie jemanden von ihnen gehired.
Warum? Nicht, weil sie nicht durch unser Assessment gekommen wären. Im Gegenteil. Die McKinsey-Marketers gehörten zu den Besten der Besten. Aber sie sind extrem spezialisiert – oft auf nur einen einzigen Teilbereich einer einzelnen Industrie oder einen einzigen Kommunikationsdisziplin. Mit unserem Team-Setup und unserer Silo-übergreifenden Marketingstrategie war das nicht kompatibel.
In wirtschaftlich unruhigen Zeiten ist es also logisch, sich die eigenen Kostenstrukturen genau anzusehen. Dass große Backoffices Marge kosten – wer wüsste dies besser als Berater?
Wenn es nun – nicht nur bei McKinsey - um die „Magnolia-Faktoren“ Anpassungsfähigkeit, Resilienz, Stärke, Stabilität und langfristige Vision geht, sehe ich drei Aspekte, die sich für den eigene Marketingbereich ableiten lassen. Und das auch für Player, die eine andere Ratio von Berater zu Backoffice haben.
1. Regelmäßige Marketing-Audits
Wer „A“ sagt – nämlich von allen Peak Performance fordert – muss auch „B“ tun, nämlich regelmäßig vor seiner eigenen Haustür kehren. Da ist es nur konsequent, durch ein Marketing-Audit regelmäßig alles auf den Prüfstand zu stellen.
Wer ein solches Audit brutal ehrlich zu allen zentralen KPIs macht, sieht: Hier liegen möglicherweise noch Potenziale brach oder das ist gegebenenfalls ein „Luxusfaktor“ für wirtschaftliche Hochphasen. So lässt sich ein hektischer Stellenabbau in Krisenzeiten vermeiden.
2. Silos sprengen und zukunftsorientierte Marketingstrukturen schaffen
In vielen Beratungshäusern wie WP-Gesellschaften sieht das Modell noch immer so aus:
- Marketing pusht ein Team aus Marketers, Kommunikations- und Eventspezialisten et cetera
- Sales – denn Vertrieb will das niemand im Professional Services nennen – liegt allein in Partner-Händen.
Vorprogrammiert ist die unterschwellige Wahrnehmung:
Marketing ist Gift für die Marge; sprich kostet nur Geld, erwirtschaftet aber keines.
Moderne Marketers müssen daher kontinuierlich ihren Wert beweisen. Einen Wertbeitrag, der signifikant über das Schreiben von Presse-Informationen oder das Organisieren von Webinaren hinausgeht. Das funktioniert durch das Aufsprengen von Silos – sowohl innerhalb von Marketing als auch zur Partner-Organisation.
Meine fünf Tipps aus meiner #BeraterBeraterin-Kolumne vor dem zweiten Lockdown 2020 „Blackbox Klient? Wie Marketing & Sales vereint die Krise meistern!“ sind valider denn je.
3. Outsourcing von Marketing-Bereichen sinnvoll nutzen
In Hochphasen haben viele Unternehmen im Professional Services einen großen Headcount im Backoffice aufgebaut. Das erlebe ich bei gut jedem dritten unserer Marketing-Audits. Hier über Outsourcing als zukunftsorientierte Cost-Cutting-Strategie nachzudenken, macht durchaus Sinn.
Drei Marketingbereiche, wo sich Outsourcing ohne Qualitätsverluste anbietet
Abgesehen von den Klassikern wie Grafikdesign, das viele Consultants schon lange nach Indien, Pakistan oder zu Spezialanbietern outgesourct haben, oder Suchmaschinenoptimierung (SEO), sehe ich drei Bereiche, wo sich Outsourcing anbietet. Und das ohne Qualitätsverluste.
1. Content-Marketing
Ein Branchenkollege wagte jüngst die These: „Content wird zu Commodity“. Jeder, der sich mit KI-Tools wie ChatGPT auseinandersetzt, ahnt: Für Content Creation ist das ein Epochenbruch. Peter Thiel verglich es gar mit dem disruptiven iPhone-Moment.
Das heißt nicht: Künftig erstellt die KI alle Blogs, Whitepapers oder Studien. Aber: In diesem Bereich wird hausintern enorm viel Zeit und Mühe gebunden – teilweise zu viel. Hier lohnt sich der Blick (und Preisvergleich) zu externen Spezialisten, die qualitativ hochwertige Inhalte erstellen.
2. Social-Media-Management
Seit dem LinkedIn-Boom wurde viel Manpower für das Management der Social-Media-Präsenzen an Bord geholt. Nach meiner Einschätzung ist der Einstellungsboom der letzten drei bis vier Jahren im Professional Services jedoch vorbei.
Auch hier bietet sich Outsourcing an. Gerade wo die Zeiten, in denen 700 US $-Stundenhonorare für die LinkedIn-Post-Erstellung gezahlt wurden, vorbei sind.
3. E-Mail-Marketing
Natürlich nutzen mittlerweile alle Beratungen wie die Big 4 mächtige CRM- und Automatisierungstools für ihre E-Mail-Kampagnen. Wenn diese aber nicht redaktionell-optimiert und New Business-fokussiert geschehen, sehe ich Öffnungs- und Click-Through-Raten, die weit unter ihren Möglichkeiten liegen.
Also auch hier lohnt sich eine Outsourcing-Diskussion.
Fazit: „Projekt Magnolia“ ist für viele Marketers im Professional Services ein spannender Blue Print.
Entweder für den Verlust von Know-how und Erfahrung mit langfristig negativen Auswirkungen auf die Effektivität und Effizienz des Marketings. Und einem schwierigen Neustart; sprich ein hohes Zeit- und Budgetinvestment für das Hiring neuer Talente nach der Krise.
Oder das Erkennen von Wettbewerbsvorteilen durch moderne, fluide Team-Strukturen und gezieltes Outsourcing auf Top-Niveau. Höhere Kreativität, Flexibilität und strategische Innovation sind so möglich.
Über die Person
Susanne Mathony, Geschäftsführerin von Mathony Brand Strategists. Die internationale Marketing- und Kommunikationsberaterin blickt auf mehr als zwei Jahrzehnte Führungserfahrung im Bereich Professional Services zurück. Auf EMEA- und globaler Ebene arbeitete sie u.a. für Accenture, AlixPartners, Strategy& sowie Russell Reynolds Associates. Die ausgebildete Journalistin und Politologin begann ihre Karriere in einem Think Tank in Washington.
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