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Matthias Kolbusa, Coach und Unternehmensberater Ratgeber mit Managerperspektive. Mit Geschlossenheit werden Consulting-Projekte erfolgreich

"Wie sehen Sie das aus Ihrer Beraterperspektive?"
Wohl kaum ein Berater hat diese Frage noch nicht gehört und nach bestem Wissen mit einer Einschätzung beantwortet. Doch so verständlich das Interesse des Auftraggebers nach dessen Input ist, so unglücklich ist es eingefordert. So etwas wie eine "Beraterperspektive" sollte es nämlich nicht geben. Wenn es richtig läuft, handelt es sich um eine alternative Managementperspektive, die aus der bevorzugten Position des Beraters gespeist wird.
Wer eine Beratung engagiert, tut dies in der Regel, weil wünschenswerte Ziele mit eigenen Bordmitteln verfehlt werden oder weil Probleme in der Welt sind, die ohne externen Support nicht in den Griff zu bekommen sind. Dass diese Unterstützung im Sinne einer Beratung Denkanstöße und Impulse, kreative Ideen und Handlungsoptionen sowie innovative Methoden und Managementansätze liefert, ist eindeutig eine Beraterleistung und macht den Mehrwert dieses Partners aus.
Berater oder Manager? Die Trennschärfe ist wichtig
Die Perspektive, mit der die Herausforderungen betrachtet werden, muss aber stets die eines Managers mit dem Ziel sein, die Organisation besser zu machen. Mittelklasse-Berater lassen in diesem zwittrigen Rollenbild oft die nötige Trennschärfe vermissen. Getreu dem alten Motto "Jeder Ratschlag ist ein Schlag" agieren sie von oben herab. Das, was sie sagen - viel mehr aber noch, wie sie es sagen - drückt aus, dass sie im Besitz der reinen Wahrheit sind und dass man ihnen unwidersprochen zu folgen habe.
- §1 Der Consultant hat immer Recht.
- §2 Ist das mal nicht der Fall, tritt automatisch §1 in Kraft.
Dieses gar nicht so seltene, abgehobene Verhalten ist Ausdruck eines verschobenen Selbstverständnisses, das Opfer einer Verführung geworden ist. Diese Verführung basiert darauf, dass Berater natürlich eine bevorzugte Position einnehmen. Sie genießen den Luxus, inhaltlich "unbedarft", weil unvorbelastet sowie politisch und kulturell unbefangen auf den Status quo des Kunden blicken zu können. Dieser Luxus darf aber nicht dazu führen, auf Kunden herabzuschauen, weil sie in ihrem Erfahrungsgefängnis festsitzen.
Eine Frage der Haltung – auf beiden Seiten
Dass solche Consultants weniger erfolgreich sind, liegt meistens daran, dass sie ihre Kunden nicht einbinden und dass Letztere sich dies ohne Gegenwehr gefallen lassen.
Schließlich ist man froh, dass der "Retter" im Haus und sofort startklar ist. Problematisch wird ein solches Verhältnis deshalb, weil niemand das Unternehmen so gut kennt, wie die Menschen, die in ihm arbeiten: die Mitarbeiter, Manager und Chefs.
Wer sie übergeht, weil er jeden Satz unterbricht und sagt: "Ja, das kenne ich, habe ich schon x-Mal erlebt, und es war immer das Gleiche..." vergisst, dass jedes Unternehmen anders komplex ist und dass die Herausforderungen immer eine individuelle Melange kleiner und großer Defizite sind. Jede dieser Unzulänglichkeiten ist ein Hebel, und wer wissen will, wie stark diese in welcher Reihenfolge zu bedienen sind, kommt ohne das Wissen der Kunden nicht aus.
Auf der anderen Seite sind die Geschäftsleitungen und Manager eines Unternehmens oft Kunden wie andere auch und wissen zwar, was sie wollen, aber nicht, was sie brauchen. Um bei Henry Ford zu bleiben: Gefangen in ihren Strukturen suchen sie schnellere Pferde, weil sie sich Autos (noch) nicht vorstellen können.
Die Kunst der Beratung ist es mit einer alternativen Managementsicht gemeinsam mit dem Kunden festzulegen, welche Art Auto er braucht - ein Prozess, in dem Kunde und Berater auf Augenhöhe zusammenarbeiten. Dafür, sich unnötig profilieren, durchsetzen oder gar glänzen zu wollen, darf kein Raum sein.
Es muss immer darum gehen, die Aufgaben durch die Brille des Kunden zu beurteilen und maximalen Nutzen in dessen Sinn zu stiften.
So klappt das Verhältnis auf Augenhöhe
Wenn man so will, ist die Rolle des Beraters vom scheinbaren Widerspruch zwischen Disruption und Demut geprägt. Wer als Auftraggeber nur ein "bisschen verbessern will", bekommt das mit dem nötigen Fleiß auch allein hin. Wer hingegen eine neue Lösung sucht, muss bereit sein, sich den Problemen zusammen mit dem externen Unterstützer zu stellen und ihm den Weg zu ebnen.
Denn Berater sind immer nur so gut, wie sie geführt werden. Wer sich der Leichtigkeit des Kunde-Seins hingibt und seinem Consultant mit einem "Wir müssen die Prozesse schneller machen" freie Hand gibt, muss sich nicht wundern, wenn zwei Monate später vieles nicht besser geworden ist. Für ein Schwarze-Peter-Spiel im Sinne von "So haben wir uns das aber nicht gedacht" ist es dann zu spät. Berater brauchen Führung, Freiheiten und Fokussierung. Der Kunde muss das gewähren und ermöglichen, sein Consultant muss das einfordern und das Maximale daraus machen.
Vergleichen lässt sich die Kunde-Berater-Beziehung recht gut mit dem partnerschaftlichen Verhältnis von Tauchern, die "Buddys" sein sollten, ohne im wahren Leben befreundet sein zu müssen.
Der Kontakt darf nicht abreißen, braucht eine gemeinsame, lösungsorientierte Sprache und man muss sich voll auf den anderen verlassen können.
Es geht um Geschlossenheit in den Inhalten und im Vorgehen, nicht um ein kumpelhaftes "Mach mal!" und "Lass mich mal machen!"
Ein paar Don'ts, die es zu beachten gilt.
Im Verhältnis selbst lauern gelegentlich Stolperfallen, denen man aus dem Weg gehen sollte. Selbstverständlich will der Kunde wissen, wie der Berater das Unternehmen beurteilt und was er vom Führungsverhalten von "Frau Meier und Herrn Müller" hält. Stellt Letzterer sachlich fest, dass sie zu direktiv oder er zu nachgiebig sei, ist es nicht seine Aufgabe, das unangenehme Feedbackgespräch des Chefs zu führen. Kunden sollten ihre Unterstützer nicht zum Blitzableiter für ihre kritischen Führungsjobs machen.
Es geht um Hilfe zur Selbsthilfe. Wenn ein Rat gefragt ist, wie das Gespräch zu führen ist: gerne. Der Rest ist Chefsache.
Das muss nicht ausschließen, auch mal den Berater-Bad-Guy zu spielen, wenn in der Organisation Harmoniesucht mit Wertschätzung verwechselt wird und den Fortschritt behindert. Manche Krusten müssen geknackt werden, damit es endlich vorangehen kann.
Generell aber ist ein Consultant nicht dafür im Haus, sich in sozial schwierigen Interaktionen aufzureiben, die den Führungskräften zugehören.
Überdies sollten Berater und Kunde im gegenseitigen Interesse Alibi-Engagements aus dem Weg gehen. Ein Beispiel: Der Auftraggeber hat seine Strategie längst kompromisslos festgezurrt und sucht lediglich jemanden, der seine Leute davon überzeugt, gemeinsam auf diese Agenda gekommen zu sein. Schlimmer noch: Ein Management hat Entwicklungen verschlafen und will die Folgen mit 50 Entlassungen abfedern, die der Consultant bitte kommunizieren möge. Berater sollen konstruktiv Lösungen finden, statt die Managementsünden ihrer Kunden auszubaden.
Der Erfolg ist eine Frage der Gemeinsamkeit
Zum Glück ist das fruchtbare Feld, auf dem man Dinge gemeinsam richtig macht, weitaus größer als das Brachland nebenan, auf dem die Fehler lauern. Dennoch ist Vorsicht geboten, wenn das Unkraut hinüberwuchern will. Dafür, dass Beraterinnen und Berater mit einer besonderen Managementperspektive bleiben, was sie sind, um ihre Aufgaben zu erfüllen, sind Auftraggeber und -nehmer gleich verantwortlich. Bekommen beide das hin, folgt der Erfolg auf dem Fuß.
Über Matthias Kolbusa

/jj
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