Florian Heinrichs & Luk Smeyers Re-Positionieren für die Rezession?

In Krisenzeiten ist Bewegungs- und Veränderungsbereitschaft gefragt. Dazu kann neben einer Neupositionierung auch die Rückbesinnung auf eigene Stärken gehören. (Bild: picture alliance / Zoonar | mirkomedia)
Gestresste Lieferketten, steigende Inflation, Zinswende und natürlich der Krieg in Europa: Die Weltwirtschaft ist mal wieder im Umbruch … und die Vorzeichen stehen auf „Rezession“.
Gerade Berater sollten sich darauf vorbereiten. Nicht zuletzt, weil ihre Kunden gerade da zu kürzen beginnen, wo viele Consultants ihr Geschäft machen: bei Innovationsprojekten, längerfristig ausgerichteten Change- und Exzellenz-Vorhaben, oder – je nach Ausgangslage – auch in Bereichen wie M&A.
Für einzelne Consultancies könnte dies schon bald unschöne Folgen haben; wer zögert und sich nicht vorbereitet, muss gegebenenfalls mit Projektverschiebungen rechnen oder sogar Umsatzrückgänge einplanen.
Wer dagegen schnell handelt und richtig entscheidet, kann aus der Entwicklung vielleicht sogar Vorteile schlagen – hier ein paar Hinweise für alle, die eben dies versuchen wollen.
In der Krise: Neue Chancen
Eine Wirtschaftskrise ist natürlich nicht zwingend immer auch eine Krise für die Beratung, im Gegenteil: Rezessionen erzwingen Fokussierung, eine Rückbesinnung auf Stärken und, ja, auch die „Verschlankung“ etwa von Abläufen – alles Dinge, auf die sich Beratende bestens verstehen.
Und: Krisen erzeugen häufig auch das letzte bisschen Bewegungs- und Veränderungsbereitschaft, deren Fehlen bestimmten Vorhaben bisher im Weg stand – ein Wirkzusammenhang, der zuletzt etwa während der Corona-Krise zu beobachten war, während derer viele Unternehmen ihre Digitalisierungs-Anstrengungen erheblich verstärkten.
Beratungen können und sollten jetzt zweierlei tun:
- Bestandteile der eigenen Positionierung – insbesondere Leistungsversprechen und Services – entsprechend den veränderten Kunden-Bedürfnissen überarbeiten, sowie
- die eigene Marktbearbeitung prüfen und wenn möglich umstellen, um selbst Kosten einzusparen.
Firmen, die diese Chance nutzen wollen, müssen eine einfache Grundregel befolgen:
„Wenn der Markt sich ändert, müssen wir uns ändern,“
heißt die Devise. Und deren Befolgung beginnt mit diesem kritischen Schritt: Einem Abgleich der eigenen Startvoraussetzungen mit den neuen (oder: veränderten) Bedürfnissen der eigenen Zielkundschaft.
Neue Kundenbedürfnisse früh ermitteln
Besagter Abgleich startet – wie jede Art der Positionierung – mit einer erneuten Prüfung aller Kundenbedürfnisse, die mit der eigenen Expertise in Verbindung stehen: Wie haben sich Schmerzpunkte, Ziele, Prioritäten und Sorgen rund um die Kernleistung der Beratung verändert?
Nach Antworten suchen sollten Berater auf keinen Fall nur am eigenen Schreibtisch. Das Gespräch mit Kunden und „Prospects“ ist oberste Pflicht! Die besten Ergebnisse gibt’s per vorab strukturierten „Check-in-Calls,“ E-Mails oder sogar Kurzbefragungen helfen aber natürlich ebenfalls.
Ein bisschen zusätzlicher Desk-Research ist dann natürlich auch noch erlaubt; insbesondere die Auswertung jüngerer Kunden-Reviews (sofern vorhanden), eingegangener RFPs und Pitch-Anfragen oder bestimmter Kunden-Korrespondenzen – etwa E-Mails mit Projektänderungs-Anfragen, zum Beispiel – sind in der Regel äußerst aufschlussreich.
Mit etwas mehr Vorsicht zu genießen sind dagegen Marktstudien Dritter oder das Auswerten der (Fach-) Presse – die dort zu findenden Erkenntnisse sind zwar per se richtig, für die weiteren Schritte mit der eigenen Firma aber meist nicht spezifisch genug.
Tipp: Fassen Sie die Ergebnisse Ihrer Überprüfung in einer Issues List zusammen – einer einfachen Sammlung aller ermittelten Kunden-Schmerzpunkte sowie der diesen zugrunde liegenden Hauptursachen. Verabschieden Sie diese im Partnerkreis.
Versprechen und Leistungen überarbeiten
Sind die neuen Bedarfe bekannt, kann die Firma zunächst ihre Leistungsversprechen gegenüber bestehenden Kunden und laufende Verhandlungen auf „Passung“ mit der neuen Issues-List überprüfen – und überarbeiten, falls erforderlich.
Ziel muss sein, Kunden zu vermitteln, dass die Beratung krisenbedingte Themen wie verringerte Wachstumserwartungen, steigende Risiken oder Kostendruck und Cash-Flow-Sorgen nicht nur kennt, sondern auch berücksichtigt – etwa in Inhalt, Scope und Struktur ihrer Offerten.
Wo dies noch nicht der Fall sein sollte, können entsprechende Nachverhandlungen (etwa von Projektphasen, Risk-Sharing-Vereinbarungen, Zahlungszielen und dergleichen) von beiderseitigem Vorteil sein und die Geschäftsbeziehung nicht nur schützen, sondern auch vertiefen. Ein Dienstleister, der einem in Krisenzeiten hilfreich entgegenkommt, bleibt meist für lange Zeit in bester Erinnerung.
Bestehende Services richtig justieren
Nächster Schritt: die Justierung der Leistungsversprechen gegenüber Neukunden. Wer kann, ersetzt hierfür schlicht weniger krisentaugliche Leistungen durch andere, besser passende Services. Beispiel: Eine Corporate-Finance-Beratung stoppt ihr Business-Development zur vorwärts gerichteten „Treasury Transformation“ und rückt stattdessen Services rund um „Zero Based Budgeting“ in den Vordergrund.
Beratungen, die einen solchen „Austausch“ nicht ohne Weiteres vornehmen können, müssen ihre wenig passenden Leistungen und Angebote stattdessen überarbeiten. Der kürzeste Weg zu diesem Ziel führt meist über eine „Umwidmung“ vorhandenen Know-hows.
Ein Webinar zum Thema „Innovation und Wachstum“ wird mit einigen Änderungen zu einem über „Effiziente Innovation – Unternehmensentwicklung trotz Krise“; der in der Veranstaltung beworbene, kostenpflichtige Tagesworkshop zur Ideenfindung wird zu einem Portfolio-Review, in dessen Rahmen die Innovationsvorhaben eines Kunden bewertet und Einsparmöglichkeiten aufgezeigt werden.
Tipp: Überarbeiten Sie die Botschaften, Angebote und Services der Firma gezielt, damit diese die Themen auf Ihrer „Issues List“ bestmöglich widerspiegeln. Als Einstieg genügt meist ein „Reframing“ bzw. eine „Repositionierung“ vorhandener Expertise!
Falls auch derlei Überarbeitungen gänzlich unmöglich erscheinen – was in der Praxis kaum vorkommen dürfte – bleibt wenig Anderes übrig als die Konzentration auf den Erhalt bestehender Kundenbeziehungen und Aufträge sowie die Einsparung von Werbe-, Business-Development- und Service-Kosten, wo immer möglich. Ein letzte paar Hinweise zu Zweiterem.
(Noch) mehr Fokus fürs Marketing
Was für die Leistungsversprechen als solche gilt, stimmt natürlich auch bei deren Vermarktung: Werbe-Materialien und -Kampagnen, die nicht zu den eben ermittelten, neuen Kunden-Präferenzen passen, sollten geändert, pausiert oder ganz gestrichen werden.
Die Grundidee hierbei sollte allerdings nicht per se die Streichung sein; schließlich brauchen Firmen ja gerade in schwierigen Zeiten weiter Neugeschäft. Besser fährt darum, wer fokussiert, sprich: vorhandene Mittel auf Maßnahmen konzentriert, die mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in der Krise besagtes Neugeschäft einwerben. Nur falls nach diesem Schritt Geld übrigbleibt, sollte dies eingespart und der Firma zurückgegeben werden.
Fiktives Beispiel: Ein mittelgroßes Beratungshaus prüft seine Programme und findet zwei Social-Media- und eine Paid-Advertising-Kampagne zu Content-Angeboten, die wenig krisengeeignet scheinen, dafür aber monatlich jeweils vierstellige Beträge kosten. Die Marketing-Leitung entscheidet schnell, zwei der drei Kampagnen einzustellen und die freiwerdenden Mittel zu 80 Prozent für die Anpassung der dritten zu verwenden (aus einem Whitepaper zum Programm-Management wird eines für „Delivery Excellence und Risikosteuerung in der Krise“ – ein schönes Beispiel für einen „Content Refresh“). Die verbleibenden 20 Prozent werden als Einsparung an die Practice zurücküberwiesen, was dem verantwortlichen Partner selbstverständlich weiterhilft.
Tipp: Prüfen Sie all Ihre Marketing-Programme: Stellen Sie sicher, dass diese Ihre neuen Botschaften effektiv und effizient in den Markt tragen und pausieren oder streichen Sie Kampagnen, die dies nicht leisten können. Setzen Sie freiwerdende Mittel dann aber zuerst für weiterhin wirksame Maßnahmen ein, um auch in der Krise für Nachfrage sorgen zu können.
Fazit: Jetzt starten und vorbereiten!
Wenn die Wirtschaft sich ändert, müssen Unternehmen reagieren – und tun dies in der Regel auch. Die Erfahrung lehrt, dass Firmen, die dabei zügig und entschieden vorgehen, nicht nur besser abschneiden als andere, sondern häufig sogar Wettbewerbsvorteile für die Zukunft erschließen.
Wir raten eindringlich: Gehen Sie nicht davon aus, dass die Dinge „schon gutgehen“ werden. Suchen Sie jetzt das Gespräch mit Kunden, Geschäftspartnern und Ihrer Marketing-Abteilung – und stellen Sie Ihre Firma für ein „raues“ 2023 auf.
Denn wenn Sie Leistungsversprechen, Service-Angebote und Marketing frühzeitig auf veränderte Kundenbedürfnisse ausrichten, starten Sie nicht nur besser ins neue Jahr, sondern sind dann zudem bestmöglich dafür aufgestellt, die Wachstumschancen zu nutzen, die auch diese Krise mit sich bringen wird. Unser Fazit daher: Repositionieren Sie jetzt – und bleiben Sie weiterhin erfolgreich.
Wir wünschen viel Erfolg!
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