Kolumne von Giso Weyand Sechs Grundprinzipien für erfolgreiches Beratermarketing

Wie wird Beratermarketing wirksam? Neue Kolumne von Giso Weyand. (Bildnachweis: picture-alliance / KPA | KPA)
Mühsam und lohnend - Grundprinzipien für wirksames Beratermarketing
Leicht war es nie – einfacher geworden ist es indes auch nicht: Das Marketing von Beratungsleistungen. Erst recht nicht für kleine und mittelgroße Beratungsboutiquen. Denn: Wir bieten ähnliche Leistungen wie andere Beratungshäuser, die Konkurrenz ist auch gut und schlimmstenfalls ist sie auch noch genauso sympathisch wie wir. Und dann wäre auch noch die Qual der Wahl: Welches Instrument erreicht Kunden überhaupt noch? Wer hat denn die Zeit, ständig Artikel zu schreiben. Und diese LinkedIn-Jünger, nerven die uns nicht schon so, dass wir kaum Zeit dort verbringen? Und die Kunden? Ja, die können schneller als früher neue Consultants finden, haben keine Lust mehr, andächtig den neuesten Fachartikel eines Consultants zu lesen und sind ja ohnehin nicht so furchtbar versessen auf uns Consultants.
Auf der anderen Seite: Auch die Chancen sind gewachsen. Weil Kunden und Kundinnen uns schnell finden können, können wir sie auch schnell erreichen, zumindest wenn wir es elegant anstellen. Wenn alle ähnlich auftreten haben wir die Chance, aufzufallen und durch Relevanz zu punkten. Und wenn wir unseren Marketingstil ändern, und jemanden innerhalb von einigen Jahren zum Kunden oder zur Kundin machen wollen, statt auf den schnellen Fang zu hoffen, können wir auch heute Vertrauen zu Interresierten aufbauen. Was dann entstehen kann ist Sog, also Anfragen, die auf uns zukommen und die wir nur noch bearbeiten müssen. Echtes Interesse. Und aufgeschlossene Kunden und Kundinnen, die sich uns anvertrauen.
Das Ganze ist also ambivalent: Einerseits wird es schwerer, andererseits auch leichter, wenn wir es richtig machen. Doch was heißt richtig? Auch wenn es keine Rezepte mehr gibt, keine Mahlzeit jedem Kunden oder jeder Kundin gleich schmeckt und Markt und Medien sich ohnehin schnell ändern, haben sich in den 25 Jahren meiner Arbeit doch einige Prinzipien als eher wirkungsvoll erwiesen als andere:
Prinzip 1: Ohne Ziele kein Marketing
Das klingt so banal und wird doch so selten gemacht: Nur echte Ziele ermöglichen gutes Marketing. Gemeint ist damit mehr als die obligatorisch gewünschte jährliche Steigerung des Umsatzes: Wohin soll sich Ihre Beratungsboutique entwickeln? Welche Kunden und Kundinnen wünschen Sie sich künftig? Wer sind die echten Entscheider? Wollen Sie die auch wirklich fokussieren, oder geben Sie sich mit Mittlern und Gatekeepern zufrieden? Welche Art von Projekten wünschen Sie sich? Was soll Ihre Rolle sein? Die des braven Dienstleistungshäschens, oder wollen Sie echter strategischer Partner im Schulterschluß sein? Was soll der Inhalt von Projekten künftig sein? Wo haben Ihre Projektteams auch wirklich Freude und Herausforderung?
Nur wenn solche – und weitere – Fragen geklärt sind, können Sie zielgerichtet vermarkten.
Prinzip 2: Ohne Marke kein Marketing
Wer am Markt noch wirken will, braucht einen langen Atem (s. Punkt 3). Doch wie erkennt der potenzielle Kunde oder Kundin, dass etwas von Ihnen kommt und packt all das in die gleiche Schublade? Indem er Sie wiedererkennt, und zwar immer. Das geht nur mit einer prägnanten Marke: Klar positioniert, mit einem echten Stolpereffekt, der kurz innehalten lässt, klarer Wiederkennung grafisch und sprachlich und vor allem: Einem klar erkennbaren Grund, wofür Ihr Unternehmen jeden Tag antritt (heute ja gerne „purpose“ genannt). Was die ausmacht, lesen Sie in meinem nächsten Beitrag. Denn Schachfiguren, Leuchttürme, Segelschiffe und dunkelblaue Webseiten haben alle – die Arschgeweihe der Beratungsbranche.
Prinzip 3: Ohne Zeit kein Ergebnis
Klar, wir alle wollen entweder schnelle Erfolge sehen oder zumindest schnell wissen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Das Problem ist nur: Marketing für Beratungsleistungen entzieht sich der schnellen Erfolgsbeurteilung. Zumindest jenes, das ich Ihnen vorschlagen möchte. Wollen wir wirklich relevant werden für potentielle Kunden oder potentielle Kundin und eine erste Beziehung aufbauen, damit wir dann auf der mentalen Shortlist landen, braucht es vor allem Beharrlichkeit. Denn jemand hört mehrfach von uns, an den verschiedensten Stellen, gerne auch von uns eingefädelt, und irgendwann hat er das Bedürfnis mit uns zu reden. Aber erst einmal zu reden. Wenn wir dann beziehungsorientiert sind, dem Ganzen Zeit geben, verankern wir uns in der mentalen Shortlist. Und von der werden wir abgerufen, wenn die passende Aufgabe da ist. Klingt langatmig. Dafür geht es dann beim Auftrag sehr schnell, meist ohne lange Preisverhandlung und die üblichen Auswahlspielchen. Denn: Vertrauen ist schon da.
Prinzip 4: Ohne Vertrauen in die Organisation kein Auftrag
Und damit wären wir beim Vertrauen. Ja, Vertrauen braucht ein Interessent oder eine Interessentin und ein Kunde oder eine Kundin. Das Problem mit dem Vertrauen ist nur, dass es oft als interpersonelles Vertrauen gesehen wird: Sie sind persönlich vertrauenswürdig und daher entsteht Vertrauen. „Beratung ist people business“ heißt es dann gerne. Doch persönliches Vertrauen reicht bei Weitem nicht aus, denn vertrauenswürdig sind viele andere Consultants auch und Entscheider in Gremien organisiert, bei denen bei weitem nicht alle Sie persönlich kennen. Daher muss auch Vertrauen zu Ihrem Unternehmen, Ihren Themen und Kompetenzen entstehen. Wie kommt es zu Vertrauen? Vier Stichworte: Relevanz, Beziehung, Konsistenz und Konstanz. Ein potentieller Kunde oder eine potentielle Kundin will über das, was er oder sie über Sie liest, sieht und hört ein Gefühl bekommen, wie relevant Ihre Leistung für ihn ist. Das kann über Social-Media genauso passieren wie über Bücher, klassische PR, Vorträge, Podcasts usw. Der Kanal ist nicht entscheidend, entscheidend ist, dass die Inhalte relevant sind. Sie müssen nicht neu, sie müssen nicht einzigartig sein, sondern ausschließlich relevant und nützlich.
Beziehung heißt, mit potentiellen Kunden oder Kundinnen oft zu sprechen, ohne dabei den Verkauf im Auge zu haben. Klingt einfach, ist aber ein hartes Stück Arbeit. Konsistenz bedeutet, in Themen, Aufbereitung, Inszenierung, Gesprächsführung sich so ähnlich zu sein, dass der Kunde oder die Kundin etwas als von Ihnen erkennt und nicht von der Konkurrenz. Und Konstanz bedeutet schließlich, dass es manchmal Jahre dauert, bis all das in der mentalen Shortlist angekommen ist und der Kunde oder die Kundin auch wirklich eine Aufgabe für uns Consultants hat. Über die Details hinter all diesen Punkten wird noch zu sprechen sein – in einer der nächsten Folge dieser Serie.
Prinzip 5: Ohne Push funktioniert kein Pull
Sog–Kunden kommen von alleine. In vielen Bereichen unserer Branche ist das leider nicht mehr möglich, da wir potenzielle Kunden oder Kundinnen mit unseren Inhalten gar nicht mehr drei bis vier Mal pro Jahr erreichen, Konstanz also gar nicht möglich ist. Daher brauchen Consultants in Ihrem Instrumentenmix heute Instrumente, die direkt zum Kunden oder zur Kundin kommen. Gerne Print, aber auch elektronisch. Über Kundenmagazine, Roadshows, Newsletter, Whitepaper und viele weitere schöne Dinge werde ich ebenfalls schreiben. Mit diesen gelingt es dann Pull zu erzeugen, indem Sie Inhalte auch zum Kunden pushen. Klingt paradox, funktioniert aber, wenn die Haltung nicht verkaufsorientiert, sondern beziehungsorientiert ist.
Prinzip 6: Ohne Aufwand auch kein Ergebnis
Wer konstant seinen Markt beackert, immer wieder relevante Inhalte entwickelt, auch wenn es schwerfällt, wer seine eigene Zeit und die Zeit seiner Mitarbeitenden in Marke und Marketing steckt und diese Zeit gleichwertig behandelt wie verkaufte Tage beim Kunden oder bei der Kundin; wer die Extrarunde dreht, um relevant zu sein; wer bereit ist auszuprobieren, eigene Wege zu entwickeln – der wird irgendwann belohnt. Mit echter Nachfrage auf Augenhöhe, mit Kunden und Kundinnen, die bereits offen ins erste Gespräch gehen und auch bereit sind Rat anzunehmen und ordentliche Honorare zu zahlen. Denn Beratung ist heute mehr als People Business, sie ist Relevanz- und Vertrauensbusiness.
Also, was ist das Fazit nach 25 Jahren Vermarktung von Beratungshäusern: Es ist schwerer, als oftmals behauptet. Die Belohnung aber größer als gedacht. Denn auf der mentalen Shortlist zu stehen, sein Wachstum aus Anfragen zu finanzieren, von Anfang an auf Augenhöhe zu sein, womöglich aufgrund der eigenen Relevanz andere Honorarmodelle zu verwirklichen und Projekte mit echter Tragweite umzusetzen – das macht Freude, stiftet Sinn nach innen und außen und macht am Ende auch auf dem Konto Spaß.
Über Giso Weyand

/jre
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