Die #BeraterBeraterin Consulting-CEOs gehören ins Rampenlicht – auch wenn sie "nur" Primus inter Pares sind

Als Primus inter Pares wird der „Erste unter Gleichen“ bezeichnet, eine Konstellation, wie sie in den Führungsriegen von Consultinghäusern sehr häufig anzutreffen ist. Dennoch plädiert BeraterBeraterin Susan Mathony dafür, den CEO eines Beratungshauses klar und sichtbar zu positionieren. Lesen Sie, warum ein „Unicorn“ auch in der Beratung viel Sinn macht.

Viele Consultinghäuser zögern bislang ihren CEO als "Unicorn" voranzustellen (Bildnachweis: picture alliance/AP Images | Brynn Anderson)

„Le roi est mort, vive le roi“ rufe ich manchen Klienten bei ihrer CEO-Positionierung zu. 

Diese klassische Heroldsformel – „Der König ist tot, es lebe der König“ – galt früher, um den Tod des alten Königs bekannt zu geben und gleichzeitig den Neuen auszurufen. So betonte man die Kontinuität der Monarchie.  
Was hat das mit der Markenführung von Strategieberatungen und Wirtschaftsprüfungen zu tun, fragen Sie sich? Sehr viel! Denn: Zu viele Professional Services-Player scheuen sich noch immer, ihren CEO konsequent zu vermarkten. 

Die drei Begründungen für die Unsichtbarkeit der CEOs: 

  • Er/sie ist doch ‚nur‘ Primus inter Pares; d.h. kein ‚echter‘ CEO 
  • Er/sie hat keine Zeit für kontinuierliche Außenkommunikation – der Fokus liegt auf der (zusätzlichen) internen Führungsaufgabe neben den eigenen Beratungsmandaten 
  • Er/sie ist ‚nur‘ auf Zeit gewählt – man müsste aufwendig alle drei Jahre einen neuen CEO positionieren. 

Nach mehr als zwei Jahrzehnten in der Beratungsbranche kann ich die Argumente nachvollziehen. Dennoch lautet mein Ratschlag: Bauen Sie Ihren CEO zur starken Personenmarke auf! Es lohnt sich – gerade und besonders für mittelgroße und kleinere Häuser. 

Drei Gründe, warum Ihr CEO zur Unicorn Brand werden sollte 

1. Menschen kaufen von Menschen 

Leider ist Beratungsexpertise in egal welcher Industriegruppe kein USP. Letztlich sind diese Services eine austauschbare Commodity. Abgesehen vielleicht von den „famous three“ – den MBBs – gilt: Der Human-Factor entscheidet und unterscheidet.  
Hinzu kommt: Die Reputation des CEOs machen 58 % der Gesamtreputation eines Unternehmens aus. Wer nicht als Markenbotschafter sichtbar ist, verpasst also eine gewaltige Hebelwirkung. 

Daher empfiehlt der Personalberater Wolfgang Eckelt das sogenannte „Unicorn-Branding“. Unternehmenschefs sollten zum Einhorn werden, fordert er in seinem Buch. Das Besondere am Einhorn sei, dass es spezielle, unverwechselbare Merkmale habe und deshalb für jeden sofort erkennbar sei

2. Differenzierung ist Geld wert 

Laut Meta-Beratung Cardea bewerten 47% der Berater die Marktwahrnehmung ihres eigenen Hauses lediglich als „mittelmäßig“. Zudem falle es jedem zweiten Käufer von Beratungsleistungen schwer, den passenden Unternehmensberater zu identifizieren. Eine echte Differenzierung zwischen den Beratungshäusern fehle. 

Aber: Consulting-Player können durch eine differenzierende Positionierung und eine starke Marke 20 % mehr Umsatz generieren. Bei konsequenter Implementierung sogar bis zu 40 %.  
Dieses „Be different or die“ entscheidet also über Marktanteile. Folgerichtig gehört eine gut sichtbare CEO-Personenmarke in jede holistische Positionierung. Dieses gilt um so mehr für mittelgroße Vollsortimenter, die wie die MBBs alle Industrien und Services anbieten. 

3. Vertrauen – Trust – lässt sich leichter zu Leadern als zu Logos aufbauen 

Laut „Trust Barometer“ erwarten 68 % der Deutschen, dass CEOs handeln, wenn die Regierung keine Antworten auf gesellschaftliche Herausforderungen findet. 58 % sind überzeugt: CEOs sollten gegenüber der Öffentlichkeit die Verantwortung tragen. 

Dieser klaren Erwartungshaltung können sich auch Professional Services-Leader nicht entziehen. CEOs, die als Corporate Citizen Haltung beweisen, ihr Gesicht zeigen und so in die personalisierte Verantwortung gehen, erleichtern die Vertrauensbildung. Unternehmen, die etwa vor einer Restrukturierung stehen und ggfls. eine drohende Insolvenz abwenden müssen, entscheiden sich immer für die Menschen hinter einer Beratungsmarke – und nicht für ein abstraktes Logo. 

Hier meine fünf Tipps für die erfolgreiche CEO-Positionierung. 

1. Das Auftaktinterview in den ersten 100 Tagen: Ihre persönliche ‚Krönungsmesse‘ 

Die ersten 100 Tage an der Spitze gelten als entscheidend für die gesamte Amtszeit. Für die CEO-Positionierung sehe ich dies genauso. Das Auftaktinterview ist inhaltlich-strategisch akribisch zu planen inklusive der Frage, welchem Journalisten man sich stellt.  
In Deutschland finden solche ‚Krönungsmessen‘ – um im Bild des Einstiegs zu bleiben – mittlerweile fast ausschließlich in drei Medien statt: Handelsblatt, FAZ oder WirtschaftsWoche. 

Schauen Sie sich etwa das Auftaktinterview von Christina Raab (Accenture) in der WirtschaftsWoche an: „„Nach der Pandemie werden wir nicht in den typischen Berater-Modus zurückgehen“. Seit vergangenem September verantwortet die studierte Betriebswirtin die Geschäfte in GSA und Russland. Damit ist sie in die großen Fußstapfen des langjährigen Deutschland-Chefs Frank Riemensperger getreten.  
Die Tour d’horizon in der WiWo – vom Glass Ceiling-Moment als Frau an der Spitze über Akquisitionsstrategien zu neuen Arbeitsmodellen nach COVID19 – ist ein Positioning-Meisterwerk. Alle für Accenture relevanten Kernbotschaften werden ausgespielt. 

Auch das Feature zur Ernennung von Michael Brigl (BCG) als neuem Deutschland-Chef „Ein Bayer für die BCG“ Ende Dezember entstammt dem PR-Lehrbuch. Es ist in der FAZ erschienen. Der Journalist ist Tillmann Neuscheler, einer der drei ‚Granden‘ im deutschen Journalismus für den Consultingbereich. Er hatte auch über die Ernennungen von Matthias Tauber sowie Christoph Schweizer berichtet (beide BCG). 

2. PR – keine Eintagsfliege, sondern ein Kontinuum 

Sich nach dem Auftaktinterview zurückzuziehen, ist keine Lösung. Es gilt, mit Meinungen und Haltung am Ball zu bleiben. Besonders für die mittelgroßen und kleineren Häuser bedeutet das notwendige Kontinuum zum Teil eine Herausforderung. Wer sich nicht strategisch getaktet, aber kontinuierlich in den Medien zeigt, droht in Vergessenheit zu geraten. Dieses Risiko beschreibt meine Kolumne „Die sieben Sünden der PR – und wie man sie im Consulting garantiert umgeht“. 

Die beiden Pandemiejahre haben auch Redaktionen unter Starkstrom gesetzt. Wer als Big4 oder Unternehmensberatung nicht auf der Shortlist samt Handynummer steht, hat ein Problem. Gerade in wichtigen Branchenüberblicken, wie dieses etwa im Handelsblatt durch Bert Fröndhoff am häufigsten geschieht, kommt er/sie dann einfach nicht vor. 

Abschließend der Hinweis: Heute ist Online ebenso wichtig wie Print. Werfen Sie dazu einen Blick in den wunderbaren LinkedIn-Thread von Kirsten Ludowig, der stv. Chefredakteurin des Handelsblattes

3. Werden Sie zum Social CEO – auch wenn Sie kein Digital Native sind 

Eine frühere #BeraterBeraterin-Kolumne skizzierte das CEO Reputation Premium samt großen Potential von Social CEOs. Danach gehört die LinkedIn-Präsenz in den Kommunikationsmix einer erfolgreichen CEO Positionierung.  

Aktive Social CEO wie Julie Sweet (Accenture) oder Matthias Tauber (BCG) suchen die Meinungsführerschaft, forcieren gezielt die eigene Sichtbarkeit und treiben so die Markendifferenzierung ihrer Häuser voran.  
Auch wenn es den einen oder anderen der Ü-40-Generation irritieren mag: Selfies, Videos und Portraits sind auch für sie eine glaubwürdige Differenzierung. 

Um Missverständnisse zu vermeiden: Es geht für CEOs auf LinkedIn NIE um möglichst viele Follower. Niemand sollte zur bloßen ‚Image-Politur‘ auf einer Welle surfen. Hypes springen strategisch stets zu kurz. Starke CEO-Marken entstehen durch die Gleichung „Strategie x Kongruenz x Persönlichkeit x Konzept x Botschaft“.  

Anders formuliert: Wer als Personenmarke langfristig erfolgreich sein will, definiert zuerst seinen Markenkern, seine Positionierung, seine Haltung, seine authentischen Storytelling-Motive und bleibt dann dabei. Super-Brands wie Nike oder Harley Davidson wechseln auch nicht jeden Tag ihre Positionierung. 

4. Bespielen Sie die gesamte Klaviatur der Sichtbarkeit 

Leider werden auch spannende Consulting- oder Big 4-CEOs weder über Nacht zur starken Personenmarke noch über einen Kanal alleine. Multi-Kanal ist gefragt. Flankieren Sie also Ihre Pressearbeit und Ihren Social Media-Auftritt durch jede andere Kommunikationsform, die zu Ihnen und Ihrer Persönlichkeit passt.  

Sprechen Sie nicht nur auf exklusiven CEO-Kamingesprächen, beim WEF oder auf internationalen Konferenzen – sobald die Pandemie dieses wieder zulässt – und in Webinaren. Denken Sie beispielsweise auch an Podcasts und Blogs. Gerne nicht nur vom eigenen Hause, sondern von Dritten. Wenn Sie die Wahl haben zwischen Ihrem Haus-Podcast oder dem von Gabor Steingart/ThePioneer, wissen Sie, wo die Reichweite größer ist. 

5. Verstecken Sie sich nicht auf der Website 

Last but not least: Prüfen Sie doch einmal, ob Sie die CEOs/Country Manager der Top 15-Managementberatungen in Deutschland auf den Websites finden. Und falls ja, wie lange die Suche dauert. Auf Basis der aktuellen Lünendonkliste habe ich das am Wochenende versucht. Bei einigen Häusern existiert diese Angabe leider gar nicht oder nur sehr versteckt. Vermutlich gilt der Primus inter Pares-Gedanke oder geben klassische Website-Navigationen diese ‚Sonderrolle‘ nicht her. Hier ‚versteckt‘ sich der CEO dann in der Partnerriege. Mein Tipp: Werden Sie auch auf Ihren Websites deutlich sichtbar – und das nicht nur mit der Information zu Ihrer Practicegruppe! 

Fazit: Der Unicorn-Status passiert nicht von allein, aber er lohnt sich 

Auch wenn ich noch einige treffe, die zu bescheiden sind, die nicht an ihre herausgehobene Positionierung glauben oder denen ihr HON-Circle-Status stärker am Herzen liegt als ihr Unicorn-Positioning: Es ändert sich etwas. Gerade bei den mittleren und kleineren Häuser. Sie haben den Sales-Hebel einer gelungenen Differenzierung realisiert. 

Nicht nur für die Unternehmensmarke, sondern auch für das Employer Branding gilt: 
Wer den nächsten Boom der Professional Services-Branche auskosten möchte, braucht vor allem tolle neue Beratende. Und diese arbeiten lieber für Menschen, deren Werte und Haltung sie schätzen, als für ein abstraktes Logo. Nun viel Erfolg bei Ihrem „Rise & Shine!“ 

Über Susanne Mathony:

Susanne Mathony ist Geschäftsführerin von Mathony Brand Strategists. Die internationale Marketing- und Kommunikationsberaterin blickt auf mehr als zwei Jahrzehnte Führungserfahrung im Bereich Professional Services zurück. Auf EMEA- und globaler Ebene arbeitete sie u.a. für Accenture, Strategy& sowie Russell Reynolds Associates. Die ausgebildete Journalistin und Politologin begann ihre Karriere in einem Think Tank in Washington.

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