Neue Regelung des präventiven Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens StaRUG: Restrukturierung neu gestalten

Die EU-Kommission möchte den europäischen Rechtsrahmen für Restrukturierung von Unternehmen vereinheitlichen oder zumindest angleichen. Durch den verbesserten Umgang mit sogenannten non-performing-loans („NPL“) sollen vor allem die Bankbilanzen der Mitgliedsländer gestärkt werden.
In Deutschland wurde dies zum 1. Januar 2021 nun über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) umgesetzt. Damit wurden zum einen die Pflichten der Geschäftsleitung hinsichtlich Krisenfrüherkennung und Risikomanagement ausgeweitet. Zum anderen soll das präventive Restrukturierungsverfahren Anreiz und Gestaltungsspielraum erhöhen, um frühzeitig Maßnahmen zur Überwindung von wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu ergreifen.
Präventiver Restrukturierungsrahmen: Letzte außergerichtliche Alternative
Bisher gab es insbesondere im deutschen Rechtsraum eine Lücke zwischen der Sanierung eines Unternehmens, die letztlich nur mit Zustimmung aller Gläubiger erfolgen konnte und der gerichtlichen Sanierung, die mittels Schutzschirmverfahren, Eigenverwaltung oder auch Regelverfahren (als Asset Deal oder Insolvenzplan) angegangen werden konnte.
Jetzt gibt der neue rechtlich verbindliche Rahmen vor, wie solche außergerichtlichen Sanierungen in eigener Regie erfolgen können – und das auch gegen den Willen einzelner Gruppen und Minderheiten, ohne nachträgliche Anfechtungsgefahr.
Kern des präventiven Restrukturierungsrahmens: Restrukturierung von Finanzforderungen
Die vom Gesetzgeber definierten Restrukturierungsinstrumente erlauben keinen Eingriff in die Rechte von Arbeitnehmern sowie in bestehende Dauerschuldverhältnisse. Maßnahmen wie beispielsweise beim Personalabbau oder der Kündigung von Mietverträgen bleiben weiterhin im „Hoheitsbereich“ der gerichtlichen Insolvenzverfahren. Kern des präventiven Restrukturierungsrahmens ist vielmehr die finanzwirtschaftliche Restrukturierung, also der Umgang mit bestehenden Kreditverbindlichkeiten und Sicherheiten innerhalb eines Konzernverbunds. Die denkbaren finanzwirtschaftlichen Maßnahmen sind dabei vielfältig: Sie reichen von der Änderung von Vertragsbedingungen und Rangverhältnissen, über die Gestaltung von Sicherheiten (auch innerhalb von Konzerngesellschaften) bis hin zur Anpassung der entsprechenden Verbindlichkeiten.
Zugang zum Verfahren: Drohende Zahlungsunfähigkeit und tragfähiger Restrukturierungsplan
Eingriffe in diese Vertragsverhältnisse waren bisher tabu, oder besser gesagt, den unterschiedlichen Insolvenzverfahren vorbehalten. Damit ist jetzt ein Stück weit Schluss – zumindest was Finanzierungsverträge betrifft. Das Restrukturierungsverfahren gemäß StaRUG erlaubt nämlich ohne Insolvenz und bereits bei einer neu und sehr weit gefassten „drohenden Zahlungsunfähigkeit“ die Bilanz zu restrukturieren. Entsprechend können Altlasten der Passivseite ohne öffentlichkeitswirksame Insolvenzverfahren intelligent behandelt werden – vorausgesetzt, die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens ist gegeben.
Voraussetzung für den Zugang zum Verfahren und entscheidender Erfolgsfaktor: Vergleichsrechnungen, die zeigen, dass keine Alternative wirtschaftlich sinnvoller ist, d.h. auch bei einem positiv, also mit Fortführungswerten bewerteten Insolvenzverfahren, stellt sich kein Gläubiger besser. Zu berücksichtigen ist ferner, dass das Verfahren durchfinanziert sein muss. Die Betrachtungen der Vergleichsrechnungen müssen also das kurze wie das lange Ende gleichermaßen abbilden und bewerten.
Ablauf des Verfahrens: Orientierung am Insolvenzverfahren
Mit einem Restrukturierungsplan und den entsprechenden Vergleichsrechnungen wird dann die Restrukturierungssache bei Gericht angezeigt. Mit Hilfe des Restrukturierungsbeauftragten verhandeln die Unternehmen mit betroffenen Gläubigern und schließen im Erfolgsfall mit der gerichtlichen Bestätigung des Restrukturierungsplans ab. Wird die Variante der intensiveren gerichtlichen Einbindung gewählt, können Vollstreckungs- und Verwertungssperren sowie Erörterungs- und Abstimmungsterminen optional eingesetzt werden.
Erfolgsrezept: Perfekte Vorbereitung und Vertrauen der Stakeholder in das Restrukturierungskonzept
Klar ist: durch den neuen Restrukturierungsprozess werden künftig viele Unternehmen öfter als bisher die Möglichkeit haben, „Herr des Geschehens“ zu bleiben und ihr Geschäft zukunftsorientiert zu restrukturieren. Doch: Auf diesem Weg warten einige Fallstricke. Vor allem vor und während des Verfahrens sind die Anforderungen an die Planung sehr groß – und das bei hoher Unsicherheit und aufeinander aufbauenden Prämissen. Die normale Budgetplanung kann eine Basis sein, ist aber weit weg von dem, was Gesetz, Gerichte und die Stakeholder erwarten.
Praxiserprobtes Know-how ausgewählter Spezialisten mit umfassender Erfahrung in Restrukturierung, Finanzierung und Insolvenz an der juristisch-betriebswirtschaftlichen Schnittstelle ist daher unabdingbar: Für die Qualität der Vergleichsrechnungen und für ein schlüssiges, kurz- und langfristiges Restrukturierungskonzept. Nur so werden die einzelnen Gläubigergruppen mit ins Boot geholt.

Denn der wesentliche Erfolgsfaktor für den Turnaround ist und bleibt: Das Vertrauen der Stakeholder in die Tragfähigkeit, die Robustheit sowie die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.
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/cb
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