Von Ehrenämtern, Anwärtern und Mitgliedern

Lisa Dreyer ist 1. Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes deutscher studentischer Unternehmensberatungen e.V. Im Interview mit CONSULTING.de beschreibt sie das Aufnahmeverfahren, die Strukturen und Besonderheiten des BDSU.

Lisa Dreyer (Mitte) mit ihren Vorstandskollegen (v.l.): Karsten Andrae, Matthias Hellmann, Julia Rumpel, Alexander Pfaffenrot
Lisa Dreyer (Mitte) mit ihren Vorstandskollegen (v.l.): Karsten Andrae, Matthias Hellmann, Julia Rumpel, Alexander Pfaffenrot

CONSULTING.de:
Beschreiben Sie bitte die charakteristischen Unterschiede der Tätigkeit von BDSU-Mitgliedern und der von OSCAR, einer studentischen Unternehmensberatung!

Lisa Dreyer: Ein erster Unterschied zwischen OSCAR und den Mitgliedern des BDSU ist, dass OSCAR die Rechtsform einer GmbH hat und der BDSU und all seine Mitglieder eingetragene Vereine sind. Der Großteil dieser ist sogar gemeinnützig. Außerdem unterscheiden wir uns in dem Punkt, wer überhaupt Mitglied werden kann. Während bei OSCAR Studenten und junge Absolventen tätig sind, engagieren sich in unseren Vereinen ausschließlich Studenten. Mitglieder bei OSCAR sind außerdem in Vollzeit angestellt und nehmen sich daher eher eine Auszeit vom Studium oder sind erst nach ihrem Abschluss dort aktiv. Unsere Berater sind keine Angestellten, sondern freiwillige Vereinsmitglieder, die sich neben ihrem Studium engagieren.

CONSULTING.de: Was hat das aus Ihrer Sicht für Vorteile?

Lisa Dreyer: Individuelle Arbeitszeiten ermöglichen es unseren studentischen Beratern ihr ehrenamtliches Engagement, was übrigens ebenfalls ein Unterschied ist, in ihren universitären Stundenplan zu integrieren. Das Studium muss für die Tätigkeit nicht unterbrochen werden und die Berater können so deutlich länger als nur vier bis sechs Monate als studentische Berater mit kleinen, mittelständischen Unternehmen aber auch Großkonzernen zusammenarbeiten, durchaus während ihres gesamten Studiums.

CONSULTING.de: Wie läuft der Aufnahmeprozess der studentischen Mitarbeiter genau ab?

Lisa Dreyer: Um in einer BDSU JE, JE steht für Junior Enterprise, also die studentische Unternehmensberatung, Mitglied zu werden, durchläuft man zu Beginn ähnliche Schritte wie bei OSCAR: Man lernt die JE auf einem Infoabend kennen, bewirbt sich, kommt in persönliche Interviewgespräche oder ein Assessment Center und wird, wenn man dies erfolgreich gemeistert hat, Teil des Vereins. Jedoch nicht als Mitglied, sondern man bekommt zu Beginn den Status des Anwärters.

CONSULTING.de: Wie wird aus einem Anwärter ein vollwertiges Mitglied?

Lisa Dreyer: Anwärter müssen zunächst sechs vom BDSU vorgeschriebene Pflichtschulungen, unter anderem zu den Themen Präsentationstechniken, Projektmanagement oder rechtliche Grundlagen, besuchen. In diesen Schulungen erlernen die Teilnehmer wichtige Kompetenzen und erweitern ihre Soft Skills. Hier bilden wir unsere Berater aus und stellen so ein hohes Beraterniveau sicher. Um erste Projekterfahrungen zu sammeln, müssen die Anwärter ein Anwärterprojekt (AWP) absolvieren. Nach der Teilnahme an allen Pflichtschulungen und nach erfolgreichem Abschluss des AWPs entscheidet der Verein dann über die Aufnahme der Anwärter als Mitglied. Insgesamt dauert der Aufnahmeprozess länger als bei OSCAR. Wir vom Dachverband definieren diesen Prozess jedoch so stark, um eine hohe Qualität der Beratungsleistung sicherzustellen. Der Prozess ist in der Geschäftsordnung Qualitätsmanagement festgeschrieben und es erfolgt eine Prüfung beim jährlichen Audit. Dies ist uns sehr wichtig und deshalb auch Bestandteil der BDSU-Mission.

CONSULTING.de: Wie schätzen Sie die Gefahr ein, dass sich Unternehmen ausschließlich aufgrund der Preisunterschiede für studentische Unternehmensberatungen entscheiden? Oder welche Vorteile bieten diese darüber hinaus?

Lisa Dreyer: Die Gefahr schätze ich nicht als hoch ein. Aber natürlich gibt es einen Preisunterschied zu anderen Beratungen. Studentische Beratungen sind mit durchschnittlich 300 Euro pro Beratertag preiswerter. Das ist kein Geheimnis. Ein weiterer Vorteil ist zum Beispiel die Interdisziplinarität, die die Vereine auszeichnet. Nicht nur die typischen wirtschaftswissenschaftlichen Studiengänge, sondern auch Lehrämter, Geistes- oder Naturwissenschaften und viele weitere sind anzutreffen. Durch diese Vielfalt kommen verschiedene Menschen und Charaktere zusammen, die Schwung und neue, kreative Ideen in ein Projekt einbringen. Jedes Projekt wird individuell angegangen. Es wird keine Musterlösung angewandt, sondern eine Lösung für das jeweilige Unternehmen nach dessen Bedürfnissen maßgeschneidert.

CONSULTING.de: Studentische Berater haben weniger praktische Erfahrung und Routine. Ist das kein Manko?

Lisa Dreyer: Studentische Berater haben vielleicht noch nicht die Erfahrung, wie im Beruf stehende Berater, sind aber durchaus in Kontakt mit Professoren und Lehrstühlen verschiedener Fachrichtungen und erhalten so neuen Input aus der aktuellen Forschung. Ein weiterer interessanter Punkt für Unternehmen ist, dass sie in Projekten und der Zusammenarbeit mit studentischen Unternehmensberatungen engagierte Studenten kennenlernen, die über den Tellerrand des Studiums hinausschauen, erste Praxiserfahrungen sammeln, an ihren Soft Skills arbeiten und nach dem Studium wesentlich gereifter sind als Studenten, die sich nicht engagieren. Unternehmen, die Nachwuchs suchen, wissen das zu schätzen.

CONSULTING.de: Wie eng ist die Zusammenarbeit mit etablierten Consultingunternehmen, es gibt doch sicher Projekte, die gemeinsam durchgeführt werden?

Lisa Dreyer: Es kann durchaus vorkommen, dass Projekte zusammen mit etablierten Consultingunternehmen durchgeführt werden, dies ist aber eher eine Ausnahme als die Regel. Es gibt jedoch auch andere Formen der Zusammenarbeit, zum Beispiel, indem etablierte Consultingunternehmen studentische Unternehmensberatungen unterstützen und ihnen durch Workshops und Case Studies einen Einblick in ihren Berufsalltag geben und damit den Studenten die Möglichkeit bieten, sich weiter zu entwickeln und zu verbessern. Außerdem gibt es oft Kooperationen in Form eines Kuratoriums, bei dem Unternehmen den Studenten beratend zur Seite stehen, sei es bei internen oder externen Projekten.

CONSULTING.de: Wohin wird Ihr beruflicher Weg Sie voraussichtlich führen? Bleiben Sie der Unternehmensberatung treu?

Lisa Dreyer:
Wohin mich mein beruflicher Weg in ein paar Jahren führen wird, weiß ich noch nicht genau. Als nächstes steht das Masterstudium an und vielleicht das eine oder andere Praktikum, das mir zusätzlich als Orientierungshilfe dient. Jedoch werde ich der Unternehmensberatung vermutlich nicht treu bleiben, sondern eher in den Bereich Marketing oder Öffentlichkeitsarbeit gehen.

 

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