Kniggewissen für Consultants Vorstellen, Visitenkarte und Handschlag - Handschlag?

Gar nicht so einfach aktuell - selbst Angela Merkel und Armin Laschet suchen einen neuen Weg des Handschlags (Bildnachweis: picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopres)
Letzte Tage hatte ich in einer Schulung die Diskussion: Vorstellen mit oder ohne Vorname. Ich war überrascht, wie vehement eine Teilnehmerin dieses ablehnte. Im Laufe des Gesprächs kam heraus, dass die junge Frau vor Jahren von einem Mann gestalkt wurde und seitdem großen Wert darauflegt, nicht sichtbar zu sein. Besser gesagt, nicht für jeden auffindbar zu sein. Das ist mehr als nachvollziehbar.
Ich stehe als Knigge-Expertin dafür ein, dass man die Knigge-Regeln nicht alle befolgen muss. Nicht?
Nein, dann nicht, wenn Sie nicht zu mir, meiner Rolle oder meinem Gegenüber passt. Oder, wie bei der jungen Frau, ich mich damit unwohl fühle. Allerdings sollte man die Knigge-Regeln kennen, um sie brechen zu können.
Manche Regeln passen nicht zu mir, ich wende sie nicht an. Zum Beispiel mochte ich es nicht, meine Visitenkarte am Anfang eines Gespräches zu überreichen. Ich empfinde das als zu aufdringlich. Natürlich kenne ich die Argumente, die dafürsprechen und sie sind einleuchtend - trotzdem. Da ich die Folgen kenne, habe ich abgewogen und für mich entschieden: Ich überreiche meine Visitenkarte lieber am Ende eines Gespräches.
Aber wie würde es denn nun richtig gehen mit dem Vorstellen und den Visitenkarten?
Treffen im geschäftlichen Umfeld zwei Menschen aufeinander, gleich welchen Geschlechts, dann stellt sich der Rangniedere dem Ranghöheren vor. Also Kunde und Mitarbeiter eines Unternehmens treffen sich bei einer Veranstaltung, dann stellt sich der Mitarbeiter dem Kunden vor
Was gehört zu einer Vorstellung dazu?
Ein Tagesgruß und nur in einem sehr lockeren Umfeld ist ein „Hallo“ ein businesstauglicher Gruß, geht allem voran. Danach folgt der vollständige Name, also Vor- und Nachname. Sie haben promoviert oder habilitiert und tragen einen Doktor- oder Professoren-Titel? Der wird bei der Vorstellung nicht genannt.
Ist es nicht erkenntlich, dass Sie zur Firma gehören, dann nennen Sie auch den Firmennamen und gegebenenfalls Ihre Rolle. „Guten Tag, Sabine Lansing. Inhaberin von Knigge-Wissen.“, ist meine ganz knappe Vorstellung, wenn ich zum Beispiel auf Konferenzen, Seminaren oder Netzwerkveranstaltungen unterwegs bin.
Handschlag, Gettofaust, Ellenbogencheck oder Füßeln?
Bis auf den Handschlag sind alle anderen keine guten Gesten der Begrüßung im Business-Kontext. Lesen Sie dazu den Artikel: Was tun mit dem Handschlag?
Corona und seine Regeln sind für uns schon fast alltäglich geworden. Ich habe mich mit vielen Menschen in den letzten Monaten über das Thema Begrüßung und welche Formen sie nutzen, unterhalten. Eine große Anzahl möchte auch in Zukunft auf den Handschlag weitestgehend verzichten und diesen nur noch zu besonderen Gelegenheiten einsetzen. Also mehr als eine Geste, die dem Gegenüber seinen besonderen Stellenwert oder Achtung, die man vor ihm hat, zeigen soll.
Ich denke, in einigen Fällen kehrt er zurück: Verträge und Vereinbarungen werden wieder mit Handschlag besiegelt werden. Auch im „Big Business“ oder im formellen Kontext wird der Handschlag eine Renaissance erfahren.
Was ist sonst eine gute Geste der Begrüßung?
Im Moment ist der Handschlag von vielen, egal ob 3G, nicht gewünscht. Ob der Handschlag je wieder den Stellenwert zurückerlangt wie vor März 2020, wage ich zu bezweifeln. Es bleibt uns im Moment nur das Lächeln, eine einladende Geste oder eine zusätzliche Bemerkung, die meinem Gegenüber zeigt, wie sehr ich mich über das Zusammentreffen freue.
Kann die Visitenkarte diese Lücke ausfüllen?
In all den Jahren, in denen ich meine Knigge-Schulungen abgehalten habe, kam nach dem Handschlag der Punkt, wo wir uns über den richtigen Umgang mit der Visitenkarte unterhalten haben. Ich habe mich ja bewusst dazu entschieden, meinem Gegenüber meine Karte erst am Ende eines Gesprächs zu überreichen, außer ich erhielt schon zu einem früheren Zeitpunkt seine.
Jetzt nutze ich hin und wieder den Zeitpunkt nach der Begrüßung den fehlenden Handschlag durch Überreichen der Visitenkarte zu ersetzen.
Wie überreiche ich eine Visitenkarte richtig?
In Japan ein diffiziles Ritual, im europäischen Umfeld keine Hexerei. Die Visitenkarte wird lesbar überreicht. Das heißt, die Visitenkarte wird so übergeben, dass mein Gegenüber den Text lesen kann, ohne die Karte wenden zu müssen. Dass diese in einem ordentlichen Zustand sind, ist nicht erwähnenswert, oder?
Das Überreichen erfolgt mit einem „Bitte“, die Entgegennahme mit einem „Danke“. Danach lässt man seinem Gesprächspartner einen Augenblick Zeit, damit er oder sie die Möglichkeit hat, Namen und Inhalt zur Kenntnis zu nehmen.
Wie nehme ich eine Visitenkarte an?
Mit einem „Danke“ und einem aufmerksamen Blick auf die Karte, um festzustellen, ob Sie den Namen auch richtig verstanden haben. Vielleicht fällt Ihnen auf, dass vor dem Namen ein Dr. steht. Den nennen Sie ab diesem Zeitpunkt. Entschuldigen Sie sich aber bitte nicht, wenn Sie dies bisher nicht getan haben, weil Sie es ja nicht wussten.
Warum sind diese Rituale wichtig?
Die meisten Menschen haben Vorstellungen, wie etwas sein oder ablaufen sollte. Da gibt es Abfolgen, die Sicherheit vermitteln oder einfach nur erwartet werden. Man will nicht alles und jedes neu erfinden, sondern sich an Bewährtem orientieren - den gesellschaftlichen Regeln.
Knigge ist da der perfekte Wegweiser. Es ist wichtig, die Regeln zu kennen. Denn nur wenn ich die Regeln kenne und sie bewusst nicht anwende, kann ich die mögliche Irritation meines Gesprächspartners richtig einordnen.
In diesem Sinne nutzen Sie Knigge-Wissen, um in jeder Situation sicher und souverän auftreten zu können.
Ihre
Sabine Lansing
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