Kolumne von Prof. Dr. Dirk Lippold Warum Consulting nach wie vor so attraktiv für BWL Absolventen ist

Besonders Hochschulabsolventen der Wirtschaftswissenschaften sehen im Consulting einen idealen Einstieg in das Berufsleben. Aber auch bei Juristen steht die Beratungsbranche hoch im Kurs. Warum das so ist, erklärt Prof. Lippold in seiner neuen Kolumne und betrachtet dabei auch die Frage, wie weiblichen Studierenden der Einstieg in die Branche gelingen kann.

Bildunterschrift: Die Beratungsbranche ist gerade für BWL-Studierende nach wie vor attraktiv (Bild: picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopress)

Die Beratungsbranche hat sich in den letzten dreißig Jahren zu einer der attraktivsten Industrien überhaupt entwickeln. Sie wächst um ein Vielfaches schneller als die Wirtschaft insgesamt. Attraktiv ist das Beratungsgeschäft aber nicht nur für Stake- und Shareholder. Besonders Hochschulabsolventen sehen im Consulting den idealen Einstieg in das Berufsleben. Eine abwechslungsreiche, herausfordernde Tätigkeit, gutes Arbeitsklima, selbstständiges Arbeiten, hervorragende Weiterbildungsmöglichkeiten und gute Bezahlung werden mit dem Berufsbild des Beraters in Verbindung gebracht.

Consulting als Wunschbranche der BWLer

Heute sind es in Deutschland knapp drei Millionen Studierende, von denen wiederum (als größte Gruppe) die Wirtschafts­wissenschafter (angehende Betriebswirte, Volkswirte, Wirtschaftsingenieure, Wirtschaftsinformatiker) ein Sechstel, also rund eine halbe Million ausmachen. Von diesen knapp 500.000 Studierenden haben 2022 nach einer repräsentativen Umfrage von EY unter mehr als 2.000 Studierenden der Wirtschaftswissenschaften erstaunliche 33 Prozent – also genau ein Drittel – Consulting bzw. Beratung/Prüfung als Wunschbranche genannt. Und selbst bei den angehenden Juristen liegt Beratung/Prüfung mit 29 Prozent aller Befragten an zweiter Stelle hinter dem öffentlichen Dienst (40 Prozent) (siehe Abbildung 1).

Wandel ist das tägliche Brot des Beraters

Halten wir zunächst fest, dass es nur wenige Berufsgruppen gibt, die so hautnah mit den aktuellen Herausforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft zu tun haben wie die Unternehmensberater. Nur wenige Professionals wissen über Trends in Management, Technologie und Organisation ähnlich gut Bescheid wie Berater. Diese gehören einer Branche an, die sich wie kaum eine andere dynamisch bewegt und täglich vor neue Herausforderungen gestellt wird.

Consultants erleben hautnah mit, wie sich Unternehmen, ganze Branchen und Märkte in kurzer Zeit bewegen und verändern. Die Begleitung des Wandels ist das tägliche Brot des Beraters.

Für die Kunden ist das eine hochprofessionelle Dienstleistung, über die man kurzfristig nicht verfügt und sie deshalb vorübergehend ins Unternehmen holt. Mit der Nachfrage nach externer Lösungskompetenz für strategische und operative Fragen ist zugleich auch das Konzept arbeitsteiliger Spezialisierung verbunden. Eine solche Arbeitsteilung funktioniert immer dann, wenn Professionalität, Kompetenz, analytische Brillanz und innovative Kreativität zu den Vorgaben eines jeden Beraters zählen.

Idealer Berufseinstieg

Für viele Hochschulabsolventen ist dieser Berufseinstieg auch deshalb ideal, weil er eine streng praxisorientierte Grundausbildung erhält und sich prinzipiell nicht gleich zu Beginn seines Berufslebens auf eine Branche oder auf einen Funktionsbereich festlegen muss. Die beraterische Grundausbildung erhält der Berufsanfänger in größeren Beratungsunternehmen schwerpunktmäßig durch Training-off-the-job-Maßnahmen, d. h. durch spezielle, nicht fakturierbare Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, die teilweise in eigenen Trainingszentren oder Hochschulen („Corporate Universities“) durchgeführt werden. In kleineren Beratungsunternehmen erfolgt diese Grundausbildung zum Berater dagegen regelmäßig im Rahmen von Training-on-the-job-Maßnahmen.

Den offensichtlichen Vorzügen dieser Profession stehen außerordentlich hohe Anforderungen an Mobilität und Flexibilität als Nachteil gegenüber. Besonders im Fokus steht dabei eine Work-Life-Balance, die vor allem die weiblichen Berater vor hohe Herausforderungen stellt. Überdies ist es eine Tatsache, dass nahezu jedes Beratungsprojekt überall angesiedelt ist, nur nicht am eigenen Standort.

Anteil weiblicher Consultants steigt

Und doch ist der Anteil weiblicher Consultants, die von diesen Nachteilen in der Regel besonders betroffen sind, in den letzten Jahren signifikant gestiegen. Aus Sicht der Unternehmensberatungen befindet sich dieser Anteil aber immer noch auf deutlich zu niedrigem Niveau. So beträgt der weibliche Anteil auf Leitungsebene 14 Prozent, 24 Prozent bei den Senior Consultants und 39 Prozent bei den Berufseinsteigern (siehe Abbildung 2). Über alle Ebenen hinweg beträgt der Anteil weiblichen Mitarbeiter in der Beratungsbranche 35 Prozent [vgl. BDU 2023].

Es ist zwar eine Tatsache, dass Frauen aus familiären Gründen häufiger Abstriche in Bezug auf den eigenen Beruf und die eigene Karriere machen als Männer. Neue Arbeitszeitmodelle, Home-Office-Möglichkeiten und die New Work-Philosophie kommen aber gerade den weiblichen Consultants stark entgegen und werden über kurz oder lang zu einem deutlichen Zuwachs der Anteile weiblicher Mitarbeiter in der Unternehmensberatung führen. 

High Potentials sind besonders begehrt

Besonders die High Potentials unter den weiblichen Arbeitnehmern werden immer wichtiger und damit begehrter für die Unternehmensberatungen.

Um Frauen an das Unternehmen zu binden und besser zu integrieren, achten immer mehr Beratungsunternehmen neben einer familienfreundlichen Gestaltung der Arbeitszeiten gezielt auf die Förderung der Karriere von weiblichen Arbeitnehmern. Und da ohnehin die durchschnittliche Verweildauer eines Consultant im Beratungsgeschäft drei bis fünf Jahre beträgt, werden Frauen nach der Babypause einen idealen Wiedereinstieg mit profunden Kenntnissen finden.

Quellen und ausführliche Informationen hier:

D. Lippold: Grundlagen der Unternehmensberatung. Lehrbuch für angehende Consultants, 3. Aufl., Berlin/Boston 2023

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Über die Person

Prof. Dr. Dirk Lippold ist Dozent an verschiedenen Hochschulen. Seine Lehrtätigkeit umfasst die Gebiete Unternehmensführung, Marketing & Kommunikation, Personal & Organisation, Technologie- und Innovationsmanagement sowie Consulting & Change Management. Zuvor war er viele Jahre in der Software- und Beratungsbranche tätig – zuletzt als Geschäftsführer einer großen internationalen Unternehmensberatung. Auf seinem Blog www.dialog-lippold.de schreibt er über aktuelle betriebswirtschaftliche Themen.

Diskutieren Sie mit!     

  1. Werner Furrer am 10.08.2023
    Consulting für frisch gebackene Hochschul-Absolventen? Wenn Sie Kunden finden, bitte sehr und für einen Dozenten für Consulting eine verständliche Ansicht. In den Unternehmen hat man allerdings je nachdem schon gerne Leute mit ein bisschen Betriebs- und Berufs-Erfahrung!

    www.system-denken.ch

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