Tomislav Maksimovic, Barrus Consulting „Wenn ein Kunde an einem Freitag Beratungsbedarf sieht, stehen wir als Geschäftsführer bereit“

Tomislav Maksimovic, Geschäftsführer von Barrus Consulting, zum Thema neues Consulting und New Work (Bild: Barrus Consulting).

Der Wegfall von Krawatte, leerstehende Büroräume in Innenstadtlagen und der Online-Kongress in Asien sind alles Veränderungen, die noch vor wenigen Jahren undenkbar waren. Dieser Wandel ist erst der Anfang einer sich stetig ändernden Arbeitswelt mit neuen Idealen.

Der Zusammenhang von Mitarbeiterbindung und Sinnhaftigkeit

Als aktuell größte Herausforderung sehen wir von Barrus den aktuellen Fachkräftemangel und die Mitarbeiterbindung an. In unserer Branche und bei unseren Kunden ist der Wettbewerb um qualifizierte Fachkräfte besonders intensiv geworden. Das Finden und vor allem auch Binden von talentierten Mitarbeitern wird somit zu einer entscheidenden Herausforderung, vor allem für Traditionsunternehmen mit eher klassischen Strukturen. Denn die junge Generation Z+ legt Wert auf Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit, flexible Arbeitsmodelle und eine offene Unternehmenskultur. Alles Aspekte, mit denen sich traditionelle Unternehmen oft noch vereinzelt schwertun.

Als ehemaliger Mitarbeiter einer Big Four-Beratung habe ich persönlich die starren Hierarchien und die mangelnde Flexibilität in der Arbeitskultur hinterfragt. Bei Barrus haben wir uns daher bewusst von Anfang an für einen neuen Ansatz entschieden.

Menschlichkeit als Leitmotiv

Es dürfte Sie kaum überraschen, dass sich noch immer viele Beratungsunternehmen aus Angst vor umfassenden Veränderungen und Disruption in den Arbeitsabläufen auf veraltete Strukturen und Prozesse verlassen. Diese Ängste gilt es zu überwinden, sowohl für Beratungs- als auch für Industrieunternehmen.

Als ich mit meinem Partner Holger Biernat Barrus Consulting gegründet habe, beschlossen wir schon bei der Gründung Werte wie Menschlichkeit und Professionalität in unserer Beratung zu verbinden. Doch wie kommt man für ein Wirtschaftsunternehmen auf so eine Idee? Sowohl Herr Biernat als auch ich genossen mehrere Coaching Weiterbildungen, die uns ermöglichen, für unsere Teams und Kunden das zu sein, was benötigt wird: Partner auf Augenhöhe.

Wir haben in unserer Laufbahn erlebt, dass Menschlichkeit in der Finanzwelt wenig Aufmerksamkeit findet. Der Erfolg ist meist das einzige Ziel – koste es, was es wolle. Heute nennt man diese Art des Umgangs „toxisch“ und zerstört ganze Abteilungen von innen heraus. Wir legen hingegen großen Wert darauf, Menschen in den Projekten mit abzuholen, denn Projekte stehen und fallen immer mit den Menschen dahinter. Mit diesem Ansatz sind wir bei unseren Kunden bislang durchweg erfolgreich. Natürlich passt auch dieser Stil nicht in jedes Unternehmen. So gibt es noch heute Unternehmen, denen der unternehmerische Erfolg wichtiger ist als ihre Mitarbeiter. Das wird ein großes Problem, wenn neue Fachkräfte gesucht werden.

Die Arbeitswelt verändert sich, weil sich die Welt verändert hat

Die Pandemie hat die Gewichtung der Menschen vom außen aufs innen verlagert. Persönliche Ängste um das eigene Leben, das enge Zusammenleben mit der Familie, wenige Ausgehmöglichkeiten. Das, wofür viele arbeiteten, schien plötzlich nicht mehr wichtig. Die neue Tasche von Louis Vuitton? Der neue Porsche? Das Dinner mit der heimlichen Freundin? Alles erst mal unwichtig.

So wie sich die Gewichtung der Ziele bei den Menschen stark verändert hat, war uns als Barrus klar, dass sich auch die Arbeitswelt verändern würde. In Windeseile war Remote Working plötzlich möglich, wo es kategorisch immer als unmöglich dargestellt wurde. Was also so schnell kam, sollte nun auch bleiben. Das zeigt unter anderem auch die hohe Leerstandsquote an Büroräumen in Großstädten. Und so haben auch wir gemeinsam unsere Strategie im Sinne von New-Work weiterentwickelt:

Wir haben unsere Büroräume gekündigt und setzen konsequent auf Remote-Arbeit. Diese Entscheidung ermöglicht unseren Teams eine bessere Work-Life-Balance und spart zudem Kosten für Büromieten und -unterhalt. Unsere Teams können ihre Arbeitszeit flexibler gestalten und so ihre Produktivität steigern. Um ein starkes Teamgefühl trotz räumlicher Trennung zu erhalten, setzen wir auf regelmäßige virtuelle Meetings und Team-Building-Maßnahmen wie zum Beispiel regelmäßige, gemeinsame Abendessen, Weiterbildung an der Nordsee, Ausflüge. Durch das freundschaftliche Verhältnis vermischt sich das Private auch oft mit dem Beruflichen. Dieses fördert den persönlichen Austausch und eine positive Teamidentität. Wir setzen auf eine offene und partizipative Unternehmenskultur, in der Ideen und das Feedback von allen Mitarbeitern geschätzt und gehört werden. Flache Hierarchien, freundschaftlicher Umgang und eine wertschätzende Kommunikation stehen im Zentrum unserer Arbeitsweise.

Remote stellt ein Unternehmen vor neue Herausforderungen

Ein Unternehmen weitestgehend remote zu führen hat auch seine Herausforderungen. Eines dieser Herausforderungen ist die Führung auf Distanz, welches stark von der gelebten Kultur und Persönlichkeit der Führungskräfte abhängt. So hatten wir kein Problem damit, da wir einen freundschaftlichen Umgang und Respekt miteinander genießen. Kombinieren wir dies über mehrere Hierarchiestufen, wird es herausfordernder und benötigt andere Führungskompetenzen. Agilere Unternehmen haben in der Regel weniger Probleme mit Führung auf Distanz.

Ein nächster Schritt, der sich vielmehr durch unsere Kunden und deren Wünsche abzeichnete, ist die Remote-Beratung.

In der Pandemie wurde der Ruf nach Remote-Beratung zwangsläufig immer lauter. So öffneten sich immer mehr Kunden für Remote-Beratung und dadurch sind wir heute in der Lage, modernde digitale Tools für eine effektive Kommunikation und Projektarbeit zu nutzen. Viele Kunden bevorzugen jedoch weiterhin den persönlichen Kontakt mit uns. Als Management-Berater und Digitalisierungsexperten fungieren wir nicht nur als Berater, sondern auch als Sparringspartner. Daher sind Vor-Ort-Termine nach wie vor von hoher Bedeutung. Das Verhältnis in unserem Bereich der Strategieberatung und IT ist meist 80% Remote und 20% Vor-Ort. Es gibt technische Projekte wie die Implementierung eines Kernbankensystems, indem ich 90% vor Ort bin oder zumindest unser PMO. Das wird mit unseren Kunden individuell vereinbart.

Wir fanden für uns eine Kombination aus Remote-Arbeit und persönlichen Treffen sinnvoll, um den Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden. Daraus haben wir für uns ein hybrides Arbeitsmodell entwickelt: Eine Mischung aus Homeoffice und Vor-Ort Terminen. Oft kombinieren wir die Kundenbesuche mit abendlichen Abendessen, um ums auszutauschen und gemeinsam den Abend ausklingen zu lassen.

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Ein großer Schritt: die Einführung der 4-Tage-Woche

Um den Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes auch weiterhin gerecht zu werden, haben wir gemeinsam beschlossen, die 4-Tage-Woche bei Barrus einzuführen, wobei hier explizit 32 Stunden gearbeitet wird. Oftmals ist es in der Beratung jedoch so, dass es je nach Projekt auch mal länger gehen kann. Falls ein Kunde auch an einem Freitag Beratungsbedarf sieht, stehen wir als Geschäftsführer meist zur Verfügung, was vorher verhandelt wird. Diese Maßnahme war mitunter einer der mutigsten Schritte von uns. Sie hat zu einer verbesserten Work-Life-Balance der Teams geführt und unsere Produktivität gesteigert. Dies zeigte uns, dass auch andere Unternehmen bereit sein sollten, traditionelle Arbeitsmodelle zu hinterfragen und mutige Schritte zu gehen, um den Herausforderungen der heutigen Zeit gerecht zu werden. Dass diese Maßnahme nicht in jedem Unternehmen ohne weiteres implementiert werden kann, ist uns bewusst. Es ist ein Schritt in eine Richtung, der die Identifikation mit dem Unternehmen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter stärkt.

Arbeit dehnt sich immer so lang aus, wie man ihr Zeit zur Erledigung einräumt. (Cyril Northcote Parkinson)

Eine Zusammenfassung

Die Herausforderungen, vor denen die Consulting-Branche steht, sind vielfältig und erfordern angepasste Strategien. Insbesondere der aktuelle Fachkräftemangel und die Mitarbeiterbindung sind zentrale Themen, die nicht nur Beratungsunternehmen, sondern Unternehmen allgemein betreffen.

Die neue Generation stellt spezifische Anforderungen an den Arbeitgeber. Allem voran möchte sie sinnstiftende Aufgaben und einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft haben. Remote-Arbeit und flexible Arbeitszeiten sind ihr ebenfalls von großer Bedeutung. Und der vielleicht wichtigste Punkt der jüngeren Generation: Die Chance zur persönlichen und beruflichen Entfaltung.

Spätestens hier sollten alle merken, wie starre und hierarchische Strukturen gegen diese Überzeugung arbeiten. Traditionsbewusste Unternehmen sollten sich mit der Modernisierung ihrer Strategie und Kultur befassen, sonst werden Sie durch den Fachkräftemangel dazu gezwungen. Eine Balance zwischen Tradition und Innovation ist erforderlich, um die Attraktivität als Arbeitgeber aufrechtzuerhalten.

Wir haben für uns erkannt, dass die Flexibilität in der Arbeitsgestaltung und eine offene Unternehmenskultur zentrale Faktoren sind, um Menschen für sich zu gewinnen und langfristig zu binden. Die Entscheidung, auf Remote-Arbeit zu setzen und die Büroräume zu kündigen, ermöglicht den Teams eine bessere Work-Life-Balance und spart zudem Kosten wie Büromieten und -unterhalt. Die flexible Arbeitszeitgestaltung steigert die Produktivität und Zufriedenheit von Mitarbeitern enorm.

Die Arbeitswelt wird sich weiter verändern. Die Herausforderung wird sein, die alte Generation mit der neuen Generation zu verbinden und beiden die Möglichkeit zur freien Entfaltung zu geben – aber auch voneinander zu lernen.

Die Kombination aus innovativen Ansätzen und einem offenen Umgang mit den Veränderungen wird entscheidend sein, um den Erfolg in der New-Work-Ära zu sichern.