Hasmik Saturyan, AlixPartners "Wenn jemand die Herausforderung mag, ist er in diesem Beruf genau richtig."

Wie ist Hasmik Saturyan von AlixPartners zum Consultant geworden, was begeistert sie an der Consultingbranche? Was wären ihre Alternativen gewesen? Und wo sieht sie sich in 10 Jahren?

Was haben Sie ursprünglich studiert?

Hasmik Saturyan: Mein Studium begann ich bereits in meinem Heimatland Armenien. Dort habe ich an der Staatlichen Universität in Eriwan Wirtschaftswissenschaften studiert. Anschließend habe ich einen internationalen Masterstudiengang in Management und Wirtschaftswissenschaften an der Humboldt Uni Berlin abgeschlossen.

Was waren Ihre ersten Berührungspunkte mit der Consultingbranche?

Hasmik Saturyan: Als Kind und auch als Teenager habe ich eher die „konventionellen” Berufe im Blick gehabt und wollte Wirtschaftsjournalistin oder Politikerin werden. Erst während meines Studiums habe ich die Beratungsbranche durch Recruitingevents an der Universität kennengelernt. Ich war von der Vielfalt des Themenspektrums und den umfassenden Fragestellungen an die Berater – und deren souveränen Umgang damit – sehr beeindruckt.

Wie sind Sie zum Consultant geworden?

Hasmik Saturyan: Das war tatsächlich „Learning by doing”. Während meines Studiums habe ich durch Praktika und Werkstudententätigkeiten die Branche kennengelernt. Es hat mich begeistert, Unternehmen in der Entwicklung ihrer Zukunftsstrategien zu unterstützen und vor allem, diese Strategien effizient und nachhaltig umzusetzen. Neben den fachlichen Themen waren es die beindruckenden Persönlichkeiten mit denen ich arbeiten durfte (sowohl auf Kollegen- als auch auf Kundenseite), die mich letztendlich überzeugt haben, diesen Beruf zu wählen. Nach dem Studium war es für mich klar, dass das Consulting das Richtige für mich ist, also habe ich mich gezielt beworben und hatte viel Spaß im Bewerbungsprozess (u.a. Assessment Center, Fallstudien, unterschiedliche Formen von Interviews, etc).

Wenn Sie nicht Consultant geworden wären, was wäre die Alternative gewesen?

Hasmik Saturyan: Man lernt extrem viel und vor allem in kurzer Zeit, wenn man in der Beratung arbeitet. Wir müssen sehr oft die Perspektive in den Projekten wechseln, Trends erkennen und immer an den neuesten Entwicklungen „dran“ bleiben – permanent außerhalb der Komfortzone zu agieren ist quasi normal. Ich kann mir vorstellen, dass eine vergleichbare Lernkurve entstehen würde, wenn ich nach meinem Studium ein eigenes Unternehmen gegründet hätte – das wäre die wahrscheinlichste Alternative.

Welche 3 Eigenschaften muss eine Person bereits zu Beginn für diesen Beruf mitbringen?

Hasmik Saturyan: Als Berufsanfänger in der Beratung fehlt das fachliche Know-how, daher kann man natürlich noch kein Branchen- oder Fachexperte sein. Das ändert sich schnell mit den Erfahrungen, die man in den ersten 5-6 Berufsjahren sammelt. Aus meiner Sicht gibt es jedoch zwingend notwendige Voraussetzungen für einen guten Start in diesem Beruf.  Eine strukturierte Herangehensweise, um komplexe Sachverhalte verständlich zu bearbeiten und darstellen zu können, steht für mich an oberster Stelle. Als zweite Eigenschaft ist Kommunikations- und Teamfähigkeit zu nennen. Diese Voraussetzung ist nötig, um gemeinsam mit dem Kunden Sachverhalte zu validieren, Hypothesen und Erkenntnisse zu bewerten und einen Plan für das beste Vorgehen entwickeln zu können. Abschließend ist die eigene Ergebnisorientierung von großer Bedeutung, um das Ziel nicht aus dem Auge zu verlieren und greifbare Ergebnisse für den Kunden liefern zu können.

Was machen Sie konkret in Ihrer Tätigkeit als Consultant?

Hasmik Saturyan: Ich unterstütze internationale Großunternehmen in der Neuausrichtung ihrer Geschäftsmodelle. Das sind in der Regel langfristige Projekte (1+ Jahre), die entweder durch eine Krisensituation (Restrukturierung/Liquidation) oder neue Wachstumsstrategien (z.B. neues Geschäftsmodell) getrieben sind. In beiden Fällen sind das Initiativen, die die gesamte Organisation und alle Geschäftsbereiche betreffen. Mein Job ist es, die unterschiedlichen Stakeholder zusammenzubringen, um gemeinsame Lösungen für eine zukunftsfähige Organisation zu definieren und zu implementieren. Mein besonderer Fokus liegt auf der Personalperspektive einer solchen Transformation – von der Definition neuer Rollen, Umbau von Abteilungen, arbeitsrechtlichen Implementierungen bis hin zur Einführung digitaler Tools und Automatisierung, so dass die neuen Arbeitsmodelle in der Praxis ihre Wirkung zeigen.

Auf welchen beruflichen Erfolg sind Sie besonders stolz?

Hasmik Saturyan: Als Berater bei AlixPartners arbeiten wir oft an hochsensiblen Themen und unterstützen Unternehmen bei der Lösung ihrer kritischsten Probleme. Der größte Erfolg ist einerseits die persönliche Wertschätzung der Kunden für die eigene Arbeit und anderseits, wenn nach mehreren Monaten harter, gemeinsamer Arbeit mit den Kunden über die positiven Ergebnisse einer erfolgreichen Transformation eines systemrelevanten Unternehmens auf der Titelseite der Sonntagszeitung berichtet wird.

Was macht Ihnen besonders Spaß an der Tätigkeit als Consultant?

Hasmik Saturyan: Als Consultant arbeitet man vom ersten Tag mit den Experten des Kunden und dem eigenen Team auf Augenhöhe zusammen. Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Entscheidungsträgern motiviert mich tagtäglich, die jeweils beste Lösung für die zu bearbeitende Fragestellung zu finden. Die konkreten z.T. sehr komplexen Aufgaben fordern von uns eine breite Perspektive, Wissen, konkrete Ergebnisse und umsetzbare Vorgehensweisen. Dieses Zusammenspiel kann äußerst herausfordernd sein. Ich bin jedes Mal wieder stolz, wenn ein Kunde ein von mir (und meinem Team) erarbeitetes Konzept wertschätzt und mit uns zusammen umsetzen möchte.

Was vermissen Sie manchmal an Ihrem Job?

Hasmik Saturyan: Manchmal wünsche ich mir, ich könnte an vielen Orten gleichzeitig präsent sein – nicht nur beruflich, sondern auch privat. Durch die regelmäßigen Reisen verpasse ich leider die eine oder andere Geburtstagsfeier von Freunden oder ein Familienevent. Ich kann mich aber sehr glücklich schätzen, dass meine Freunde und Familie dafür Verständnis zeigen und sogar versuchen, meinen Kalender möglichst zu berücksichtigen.

Die Arbeit als Consultant gilt gemeinhin als wenig familienfreundlich: Viele Überstunden, viele Reisen. Wie ist das bei Ihnen? Wie vereinbar ist Ihr Job mit der Familie?

Hasmik Saturyan: Es ist sehr hilfreich, wenn der Partner einen vergleichbaren Rhythmus hat oder gar in der selben Branche arbeitet. Das bringt Verständnis für das eigene Arbeitsmodell und Unterstützung bei den üblichen Unwägbarkeiten. In jedem Fall ist Transparenz, eine klare und wertschätzende Kommunikation sowie eine gute Planung das Geheimnis für eine weitestgehend erfolgreiche Vereinbarung von Job und Familie. Ich finde es wichtig, bei allem Leistungswillen die Balance nicht zu verlieren, denn Ausgewogenheit ist für viele Dinge der Schlüssel zum Erfolg.

Haben Sie ein Zertifikat, dass Sie selbst als Consultant auszeichnet?

Hasmik Saturyan: In meinen ersten Berufsjahren habe ich mich verstärkt durch Zertifizierungen weitergebildet, um Expertise in konkreten Fachgebieten aufzubauen. Z.B. habe ich eine Zertifizierung als Scrum Master gemacht, um meine Kunden in der agilen Transformation ihrer Arbeitsmodelle zu unterstützen. Ein Kunde oder Beratungshaus hat mich jedoch noch nie aktiv nach meiner Zertifizierung gefragt. Dennoch ist es natürlich wichtig, sie zu haben. Meiner Erfahrung nach interessieren sich die Unternehmen jedoch eher für die Persönlichkeit, die Erfahrung im kritischen Hinterfragen von Sachverhalten und eine „Hands On Mentalität“ als für ein Stück Papier.

Wie bilden Sie sich selbst weiter?

Hasmik Saturyan: Ich bilde mich primär über die Projektarbeit und mit relevanten Studien, Artikeln und Knowledge Plattformen weiter. Wichtig sind zudem auch Trendreports und Symposien sowie die Diskussion mit ausgewählten Experten. Durch meine Arbeit bei AlixPartners und den verstärkten Fokus auf Restrukturierungsfragestellungen habe ich mich zusätzlich für ein berufsbegleitendes Jurastudium in Unternehmensrestrukturierung an der Universität Heidelberg entschieden. Dieses startet im Herbst, und ich freue mich schon sehr darauf, mich hier noch weiter zu spezialisieren.

Wenn Sie zehn Jahre in die Zukunft schauen: Werden Sie dann immer noch als Consultant arbeiten?

Hasmik Saturyan: Ich bin überzeugt davon, der Branche „treu“ zu bleiben. Aus heutiger Sicht ist der Zeitraum natürlich sehr lang, aber ich kann mir durchaus vorstellen, auch in 10 Jahren als Beraterin und vielleicht sogar als Interim-Managerin zu arbeiten und Kunden bei ihren Herausforderungen zu unterstützen.

Würden Sie den Beruf des Consultants weiterempfehlen?

Hasmik Saturyan: Absolut. In keinem anderen Beruf ist die Lernkurve, die Eigenverantwortung und die Freude an konkreten Ergebnissen so hoch wie im Consulting. Daher ein ganz klares Ja. Wenn jemand die Herausforderung mag, ist er in diesem Beruf genau richtig.

Ihre Präferenz: Selbstständigkeit oder Angestelltenverhältnis?

Hasmik Saturyan: Wenn ich die Frage im Sinne eines selbstständigen oder angestellten Beraters verstehe, dann ganz klar Angestelltenverhältnis. Als Selbständiger ist man ein Einzelkämpfer. Als Angestellte profitiert man von der Firmenkultur und kann jederzeit auf die Experten der Firma zugreifen. Zudem kommt man als Team schneller zu Lösungen, die fundiert und umsetzbar sind. Und ich bin ein Verfechter des Teamapproaches.

Kurzvita:

Hasmik Saturyan, AlixPartners (Bild: AlixPartners)
Hasmik Saturyan schloss ihr Studium „Master in Economics and Management Science“ 2015 an der Humboldt Uni Berlin ab. Seitdem berät sie als Transformationsberaterin bzw. Projektleiterin CTOs und CIOs von internationalen Großunternehmen des Finanz-, Software- oder Energiesektors. Als Beraterin bei AlixPartners unterstützt Hasmik Saturyan seit 2020 Unternehmen bei der Neuausrichtung ihrer Geschäftsmodelle mit besonderem Fokus auf Personalumbau sowie der Umsetzung von neuen Arbeitsmodellen durch digitale Tools und Automatisierung.

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