Deep Dive Consulting: Jörg Hossenfelder Wer entscheidet über den Einsatz von Beratern?

Der Sales-Prozess für Beratungsprojekte ist deutlich komplexer, langwierigerer und schwieriger als früher. Jörg Hossenfelder von Lünendonk & Hossenfelder zeigt anhand von Marktzahlen auf, wie sich die Bedeutung der verschiedenen Stakeholdern im Zeitverlauf verändert hat.

Business_People-Hossenfelder-Beitrag (Bild: rawpixel)
Nicht nur die Geschäftsführer und der Vorstand sind heutzutage Entscheidungsträger bei Beratungsprojekten, sondern auch die Leiter der Fachbereiche. (Bild: rawpixel)

Der Sales-Prozess für Beratungsprojekte ist deutlich komplexer, langwierigerer und schwieriger als früher. Gegenüber früheren Jahren müssen deutlich mehr Stakeholder ins Boot geholt werden. Darüber hinaus folgt der Vergabeprozess viel häufiger klaren, aber auch zahlreichen Regeln und Abläufen. Gleichzeitig ist der Managementberatungsmarkt deutlich transparenter als früher, die Professionalisierung des Einkaufs hat ebenfalls zugenommen.

Durch diese Entwicklung hat auch der Aufwand, den Beratungsunternehmen für die Gewinnung eines Mandats betreiben müssen, deutlich zugenommen. Lünendonk-Analysen der zurückliegenden drei Jahre weisen darauf hin, dass der Pitch-Prozess deutlich umfangreicher ist als früher. Ein Grund: Kunden erwarten im Vorfeld bereits äußerst detaillierte Konzepte. Auch muss im Pitch-Prozess oft ein relevanter Teil des zukünftigen Teams anwesend sein, was wiederum Kapazitäten bindet – Corona hat "zumindest" dafür gesorgt, dass Präsenztermine und entsprechend Reisezeiten abnahmen.

Gewicht der Entscheidungsträger für Beratungsprojekte ändert sich

Zurück zur konkreten Entscheidung für Auswahl und Beauftragung: Waren es früher fast ausschließlich Geschäftsführung oder Vorstand, die überzeugt werden mussten, so sind es heute zudem auch die Leitung der Fachbereiche sowie Beteiligte aus dem Einkauf. Wie stark die Rolle des Einkaufs innerhalb der Organisation ist, ist stark abhängig vom Unternehmens- und Projekt-Scope. Interessant ist indes folgendes Ergebnis unserer aktuellen Lünendonk-Beratungsstudie: Erstmals, wird der Einfluss des Fachbereichs stärker als der der Geschäftsführung bewertet. Das sollte man an dieser Stelle nicht überbewerten, aber es zeigt doch, dass sich das Gewicht der Entscheidungsträger für Beratungsprojekte in den letzten Jahren verändert hat.

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Der Einfluss der Fachbereiche nimmt zu (Bild: Lünendonk-Studie Managementberatung 2020)

Zusätzlich wollten wir im Zuge der Marktanalyse erstmals erfahren, in wie viel Prozent der Ausschreibungen nach Meinung der Beratungsunternehmen das Netzwerk zum Vorstand ausschlaggebend für die Entscheidung ist. Im Mittel gehen die Unternehmen davon aus, dass etwa 40 Prozent der Entscheidungen maßgeblich vom Netzwerk zum Vorstand abhängen. Gerade bei Beratungsprojekten und einer engen Interaktion von Kunde und Dienstleister ist ein gutes persönliches Vertrauensverhältnis von Vorteil für die Projektarbeit. Entsprechend skeptisch stehen Beratungen sowie Fachbereiche der reinen Vergabe über den Preis, beispielsweise mittels einer e-Auction, gegenüber. In unserer Lünendonk-Studie zu den Rahmenvertragspreisen wurde ebenfalls deutlich, dass reine E-Auktionen im Beratungsmarkt eine Randerscheinung sind, da die starke Fokussierung auf den Preis statt auf die Qualität und den Fit der Beratung sich oft negativ auf den Projekterfolg auswirkt.

Ausstehende Kundenentscheidungen erschweren Kapazitätsplanung

Wenn wir einen Blick auf den Einkaufsprozess werfen, muss auch über die Entscheidungsfreudigkeit der Kunden gesprochen werden. Oft beklagen Beratungen eine gewisse Entscheidungsunwilligkeit (u. a. auch die lange Dauer der Entscheidungsfindung) auf Kundenseite. Daher stimmen viele Beratungsunternehmen der Aussage zu, dass die Entscheidungsstrukturen des Kunden ein Hindernis seien. Problematisch ist dabei nicht die Tatsache, dass Angebote innerhalb kürzester Zeit vorgelegt werden müssen; das ist normal. Vielmehr stellt es für die Beratungen eine Herausforderung dar, wenn konkrete Teams angefragt und reserviert werden müssen und diese dann nicht oder erst mit deutlicher Verspätung abgerufen werden – wenn beispielsweise ein bereits beauftragtes Projekt kurzfristig nach hinten verschoben wird. Diese Aussage galt im letzten Jahr und gilt auch im Jahr 2021 noch – besonders in Zeiten von Corona.

Jörg Hossenfelder, Geschäftsführer - Lünendonk & Hossenfelder
Jörg Hossenfelder (Bild: Lünendonk & Hossenfelder)
Jörg Hossenfelder ist Kommunikations- sowie Politikwissenschaftler und studierte bis 2000 an den Universitäten Mainz und Bologna. Nach seinem Studium beriet er als Kommunikations-Berater Business-to-Business-Unternehmen. 2004 übernahm er die Leitung der Research-Abteilung bei Lünendonk & Hossenfelder. Seit Juli 2005 ist Hossenfelder Geschäftsführer, seit 2009 Geschäftsführender Gesellschafter. Jörg Hossenfelder verantwortet die Marktsegmente Wirtschaftsprüfung, Steuerberatung, Advisory und Business Consulting.

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