Kolumne von Prof. Dr. Dirk Lippold Wie sinnvoll sind Testimonials in der Prüfungs- und Beratungsbranche?

Werbung mit Promi-Faktor ist ein beliebtes Instrument, um die eigene Marke bekannter zu machen. Auch in der Consulting-Branche gibt es dafür Beispiele. Mit dem Für und Wider von Glanz und Glamour im Beratermarketing und preiswerteren und mindestens ebenso glaubwürdigen Alternativen setzt sich Prof. Lippold in seiner aktuellen Kolumne auseinander.

Golfprofi Phil Mickelson (Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Debby Wong)

Phil Mickelson, erfolgreicher Golfprofi und langjähriges Testimonial für KPMG. (Bild: picture alliance / ZUMAPRESS.com | Debby Wong)

Eine besonders effektive Methode, Werbebotschaften bildlich zu übermitteln, sind sogenannte Testimonials. Dabei wird das Werbeobjekt, also das Produkt, eine Dienstleistung oder das gesamte Unternehmen von einer glaubwürdigen und kompetenten Person präsentiert.

Auf diese Weise sollen bei der Zielgruppe Prozesse ausgelöst werden, die eine Identifikation mit der werbenden Person ermöglichen.

Solche Personen können Experten, typische Kunden (zum Beispiel Brillenträger von Fielmann), Mitarbeiter oder eben Prominente sein.

Auch die Prüfungs- und Beratungsbranche nutzt die Möglichkeit eines Bekanntheits- und Imagetransfers durch Prominente – allerdings mit unterschiedlichem Erfolg, wie zwei Beispiele zeigen.

Als langjähriger Hauptsponsor des Golfprofis Phil Mickelson verspricht sich KPMG die Übertragung der Werte des erfolgreichen Golfers (Vision, Fokus, Disziplin, Anpassungsfähigkeit, Leidenschaft und Ausdauer) auf das eigene Unternehmen. Und KPMG wurde nicht enttäuscht: Seit 30 Jahren spielt „Lefty“, so der Spitzname für den Linkshänder, in der absoluten Weltspitze mit 45 Siegen auf der PGA-Tour und sechs Major-Erfolgen.

Ein Beispiel dafür, dass Promi-Werbung auch mal nach hinten losgehen kann, liefert ebenfalls ein Golfer – diesmal die Ikone der Golfszene schlechthin: Mit „Come on. Be a tiger“ hat Accenture jahrelang Tiger Woods und seine vermeintlichen Werte für sich vermarktet. Nach den mutmaßlichen Sex-Affären des ehemaligen Weltklasse-Golfers trennten sich die Wege der einstigen Vertragspartner. Doch damit nicht genug: Wie die „New York Times“ seinerzeit berichtete, hätte die Accenture-Führung ihre seinerzeit 177.000 Mitarbeiter angewiesen, alle Tiger-Poster aus den Büros zu verbannen. Mr. Woods sei schließlich für das Unternehmen nicht mehr die richtige Metapher für Spitzenleistung.

Drei Kriterien für den Kommunikationserfolg

Entscheidend für den späteren Kommunikationserfolg sind drei Kriterien, die unbedingt beachtet werden sollten, damit die Werbung nicht nach hinten losgeht.

Erstes Kriterium: Richtige Auswahl der Persönlichkeit

Wichtig ist zu allererst die richtige Auswahl der Persönlichkeit, mit anderen Worten:

Die Person und das Unternehmen müssen zusammenpassen.

George Clooney und Nespresso, Dirk Nowitzki und ING-DiBa oder Thomas Gottschalk und Haribo passen zusammen. Der Sex-Pistols-Sänger Johnny Rotten wirbt für Mundhygiene und das, obwohl der „König des Punk“ so gut wie keine eigenen Zähne mehr hat. Dennoch hat ihn das Münchner Zahnpflege-Start-up Happybrush vor die Kamera geholt und einen „schrecklich ehrlichen“ Film gemacht, bei dem das Testimonial als warnendes Beispiel herhalten muss. Einfach genial!

Dass Promi-Werbung auch mal nach hinten losgehen kann, zeigt der überflüssige Einsatz von Barbara Schöneberger in der früheren Homann-Werbung. Es ist ein Beispiel dafür, dass Testimonials bisweilen „auf Teufel komm raus“ eingesetzt werden – ohne dass dafür eine Notwendigkeit besteht. Die TV-Moderatorin wirkt in dem Spot des Lebensmittelherstellers wie im falschen Film.

Zweites Kriterium: Werteabgleich

Ein zweites Kriterium für den Erfolg ist ein Werteabgleich. So sollte sich jedes Unternehmen fragen, ob der Promi wirklich zu den Unternehmenswerten und -zielen passt.

Besonders gefährlich ist es, wenn die illustren Persönlichkeiten jenseits der Werbung ein unkontrollierbares Eigenleben führen.

Wenn das Testimonial also in einen Skandal verwickelt ist oder anderweitig negativ auffällt, wird es brenzlig. So geschehen beim Golfstar Tiger Woods (siehe oben). Ähnlich war es beim britischen Top-Model Kate Moss, der nach ihrem öffentlich bekanntgewordenen Drogenkonsum zahlreiche Werbeverträge gekündigt wurden, oder bei Uli Hoeneß nach Bekanntwerden seiner Steueraffäre. Und auch Franz Beckenbauer, mit seinem ubiquitären Einsatz in zahlreichen Kommunika­tionskampagnen jahrelang der Spitzenreiter im deutschen Testimonial-Ranking, wird nach seiner Nähe zu einem vermeintlichen „Kauf“ der WM 2006 heutzutage kaum mehr in einem Werbespot beobachtet.

Drittes Kriterium: Exklusivität

Und damit sind wir beim dritten Kriterium für eine erfolgreiche Markenbotschaft. Angesprochen ist die Forderung der Werbetreibenden, dass ihre prominenten Markenbotschafter nur für wenige Marken werben.

Selbst unkritische Verbraucher hinterfragen die Botschaft, wenn ein Promi in jedem zweiten Werbespot für andere Produkte auftaucht.

Laut Umfragen schafft derzeit nur TV-Moderator Günther Jauch den Spagat, quasi für fast alles glaubwürdig zu sein. Eine vollständige Markenexklusivität des Testimonials zu fordern, wäre sicherlich naiv, aber der Glaubwürdigkeit sehr dienlich. Ein positives Beispiel ist sicherlich Dirk Nowitzki, der seit 20 Jahren (!) im Wesentlichen nur für die ING Diba unterwegs ist. Übrigens ist der Ex-Basketballer Spitzenreiter auf der Liste der am stärksten wahrgenommenen Prominenten in der Werbung.

Schauen wir auf Jürgen Klopp. Bislang war der Liverpooler Kulttrainer für 18 (!) verschiedene Firmen als Werbebotschafter unterwegs. Ganz aktuell hat „Kloppo“ einen Vertrag für Nivea Men von Beiersdorf unterschrieben. Angesichts dieser Inflation von Testimonial-Verträgen müssen sich nicht nur die Verbraucher fragen, wie glaubwürdig der allgegenwärtige Testimonial-Einsatz von Jürgen Klopp eigentlich ist. Alleine drei verschiedene Automarken (Mitsubishi, Seat und jetzt vorzugsweise Opel) zu bedienen, ist schon eine bemerkenswerte Kunst.

Testimonials sind nur scheinbar teuer

Zurück zur Ausgangsfrage. Nur sehr wenige Prüfungs- und Beratungsunternehmen können sich Testimonials mit Prominenten aus Sport, TV/Film und Unterhaltung leisten. Dazu reicht das Werbebudget häufig bei weitem nicht aus. Und trotzdem hat der oder die scheinbar teure Testimonial für den Dienstleister einen ganz besonders hohen Stellenwert. Warum? Weil die werbenden Personen nicht zwingend Prominente sein müssen.

Im Gegenteil, zumeist ist eine Person mit einer gewissen Affinität zum Unternehmen (Experte, Mitarbeiter, Kunde) glaub- und vertrauenswürdiger als ein Prominenter, der für seine Aussage bezahlt wird.

Nehmen wir das Beispiel Personalmarketing. In diesem Bereich ist das Statement eines Mitarbeiters über sein Unternehmen und gegebenenfalls über seine Laufbahn im Unternehmen wesentlich glaubwürdiger und nachhaltiger als die Aussage eines Prominenten. Bewerber schätzen solche Aussagen, denn Mitarbeiter erklären glaubwürdig, warum sie ihr Unternehmen und die Arbeit dort gut finden.

Aber auch im klassischen Absatzmarketing ist ein gut gemachtes Testimonial mit einem positiven Kundenzitat ein oft ausschlaggebendes Argument für zögerliche Kunden. Kunden kaufen beziehungsweise beauftragen, was andere Kunden gut finden. Das Augenmerk liegt dabei weniger auf der Person selbst als auf dem Kundenzitat. In diesem erklärt der Kunde nämlich, warum er den Dienstleister und seine Arbeit gut findet und empfiehlt. Als Referenz wird dieses dann gezielt über verschiedene Kanäle vermarktet, um die Zufriedenheit der Kunden und den Erfolg der eigenen Arbeit hervorzuheben.

Fazit: Ein gutgemachtes Testimonial ist für jedes Prüfungs- und Beratungsunternehmen quasi zum Nulltarif zu bekommen und kann eine unglaubliche Wirkung entfalten.  

Weitere Informationen zum Marketing und zu Testimonials in der Prüfungs- und Beratungsbranche:
D. Lippold: Die Unternehmensberatung. Von der strategischen Konzeption zur praktischen Umsetzung, 4. Aufl., Berlin/Boston 2022.

 

Über die Person

Prof. Dr. Dirk Lippold ist Dozent an verschiedenen Hochschulen. Seine Lehrtätigkeit umfasst die Gebiete Unternehmensführung, Marketing & Kommunikation, Personal & Organisation, Technologie- und Innovationsmanagement sowie Consulting & Change Management. Zuvor war er viele Jahre in der Software- und Beratungsbranche tätig – zuletzt als Geschäftsführer einer großen internationalen Unternehmensberatung. Auf seinem Blog www.dialog-lippold.de schreibt er über aktuelle betriebswirtschaftliche Themen.

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