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Interview mit Anna Adler, Campana & Schott "Wir haben es mit einer Generation von Nachwuchskräften zu tun, die viele Dinge kritischer hinterfragt"

Anna Adler, Leiterin des Funktionsbereichs Corporate Development bei Campana & Schott, gibt Einblicke in die Kultur und die Personalarbeit ihres Unternehmens. (Bild: Campana & Schott)
Ein Claim von Campana & Schott, der beim Besuch des Karrierebereichs Ihrer Webseite auffällt, heißt „Spitzenconsulting braucht Leidenschaft“. Welcher Gedanke steckt dahinter?

Anna Adler, Leiterin des Funktionsbereichs Corporate Development bei Campana & Schott, gibt Einblicke in die Kultur und die Personalarbeit ihres Unternehmens. (Bild: Campana & Schott)
Wir möchten Beratende nicht nur für ein bestimmtes Fachthema gewinnen, sondern gleichermaßen als Mensch und Persönlichkeit. Dahinter steht das „humanistische Menschenbild“, das wir bei Campana & Schott unserem Handeln zugrunde legen. Wir suchen interessante, diverse Menschen, die gut in unser Team passen und um neue Facetten bereichern. Ihnen möchten wir in balanciertes Arbeitsleben ermöglichen, in dem sie – entgegen vieler Vorurteile gegenüber dem Beruf Consultant – Raum für beides haben: Leidenschaft für den Beruf und für persönliche Hobbies. Selbstbestimmung und Eigenverantwortung spielen in unserer Kultur eine große Rolle. Diesen Charakterzug bringen unsere Mitarbeitenden schlussendlich bei unseren Kunden ein, was diese uns auch regelmäßig zurückspiegeln.
Auch in der Beratungsbranche gibt es einen Fachkräftemangel. Da gilt es sich als Arbeitgeber gut zu positionieren. Worauf setzen Sie beim Employer Branding? Inwiefern spielt hier der auch von CONSULTING.de unterstützte Great Place to Work-Wettbewerb „Beste Arbeitgeber im Consulting“ eine Rolle?
Wir wollen allen potenziellen Mitarbeitenden, insbesondere aber Absolvent:innen vermitteln, dass Beratung ein Job ist, der einem die Möglichkeit bietet, sich bei unterschiedlichen Kunden und Projekten auszuprobieren und immer wieder neue spannende Themen, Branchen und Methoden kennenzulernen. Wir sind überzeugt:
Im Consulting kann man sich selbst enorm weiterentwickeln, sich viel Wissen aneignen und sich zudem selbst besser kennenlernen.
Das Ganze wollen wir in einem humanen Umfeld bieten, das die Mitarbeitenden nicht als Ressource betrachtet und in dem sich jede:r mit individuellen Stärken und Persönlichkeit einbringen kann. Und das GPTW-Feedback ist ein guter Gradmesser dafür, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind und wie zufrieden unsere Mitarbeitenden sind.
Welche Profile suchen Sie aktuell? Worin besteht die besondere Herausforderung, solche Persönlichkeiten für Campana & Schott zu gewinnen? Mit welchen – auch übertriebenen – Anforderungen an Sie als Arbeitgeber werden Sie konfrontiert, und wo setzen Sie Grenzen?
Aktuell benötigen wir eigentlich in jedem unserer Themenfelder weitere Verstärkung, da wir seit Jahren wachsen. Das sind sowohl die Themen IT und Ingenieurswesen als auch generell Projektmanagement und Change Management. Diese generalistischen Profile verbinden wir oft mit verschiedenen Themenbereichen, wie zum Beispiel Cyber Security, Cloud, Sustainability oder Infrastruktur.
Wir stehen in einem harten Wettbewerb um die besten Talente. Nicht nur mit anderen, größeren Beratungen, sondern auch mit Unternehmen aus der Industrie, die zum Beispiel mit sicheren Tarifverträgen oder einer 37-Stunden-Woche locken. Eine Herausforderung dabei:
Wir haben es heute mit einer Generation von Nachwuchskräften zu tun, die viele Dinge weitaus kritischer hinterfragt und schneller registriert, ob man beispielsweise als Unternehmen lediglich vorgibt, etwas zu sein.
Egal, ob es um das Thema Geschlechtergleichberechtigung, Aufstiegsmöglichkeiten für Frauen oder Equal Pay geht - heute findet man mit zwei Klicks sofort raus, wie es in einem Unternehmen wirklich zugeht.
Gerade bei Berufsanfängern erleben wir immer häufiger stark gestiegene Gehaltswünsche. Deren Basis bilden leider in vielen Fällen windschiefe Vergleiche mit anderen Berufsbildern oder nicht belegbare Zahlen, die sich bei näherer Betrachtung auch im Wettbewerb nur schwer erzielen lassen.
Spitzenconsulting braucht Leidenschaft, so das Motto bei Campana & Schott. Neben dem Beruf soll den Mitarbeitenden genügend Raum bleiben für private Hobbies. Seong-Un Yoon an der Gitarre, Daniela Kruse-Reinemann mit ihren Skiern sowie Julia Streitel (links) und Nicki Razon beim Ballet zeigen ihre persönlichen Leidenschaften bei einem Shooting im Büro. (Bild: Campana & Schott)
Das Beratungs-Geschäft ist noch immer eher männlich geprägt. Wo setzen Sie an, um weiblichen Nachwuchs zu gewinnen?
Anfangs, vor mehr als 30 Jahren, waren auch wir wirklich recht männlich geprägt – mit zwei Gründern und vielen männlichen Beratern. Allerdings stellen wir schon seit vielen Jahren fast paritätisch ein und haben einen sehr hohen Frauenanteil. Wir haben ein Umfeld geschaffen, in dem das Geschlecht nahezu keine Rolle spielt. Das zeigt uns auch das Feedback in Mitarbeitendenbefragungen oder auch Auszeichnungen von unabhängigen Instituten.
Wir haben uns zudem bezüglich Geschlechterunterschieden in der Vergütungsstruktur extern auditieren lassen.
So konnten wir uns von unabhängiger Seite bestätigen lassen, dass wir eine faire Bezahlung unabhängig vom Geschlecht sicherstellen. Auch durch Teilzeitmodelle, flexible Arbeitszeiten, Remote Work-Möglichkeiten und weitere Angebote wie Hilfe bei der Suche nach Kinderbetreuung haben wir Rahmenbedingungen geschaffen, die für Eltern wichtig sind. Diese nehmen übrigens auch viele Väter in Anspruch.
Wie stellen Sie, darauf aufbauend, gleiche Aufstiegsmöglichkeiten sicher?
Vor einigen Jahren haben wir die „Gender-Initiative“ ins Leben gerufen. Diese hat die Schlüsselaufgabe, Gleichberechtigung stärker im Unternehmen zu etablieren und Maßnahmen zu bündeln, um den Frauenanteil in der Belegschaft insgesamt und auf Führungspositionen zu erhöhen. Zudem betreiben wir ein Frauenförderungsnetzwerk „WoMen@CS“, das als interne Plattform zum Erfahrungsaustausch dient. Wir kooperieren zudem mit einem externen Business-Netzwerk für Frauen namens „nushu“. Und: Neuerdings gibt es ein internes Mentoren-Programm, um Frauen auf ihrem Karriereweg zu begleiten. Uns ist natürlich bewusst, dass wir da noch einen Teil des Weges vor uns haben, insbesondere was die Frauen in Führungspositionen anbelangt.
Wir werden nicht lockerlassen, bis wir auch hier gleichberechtigt – und divers in allen Aspekten – aufgestellt sind.
Fachkräftemangel im eigenen Unternehmen entsteht auch durch Fluktuation. Welche Hebel setzen Sie bei Campana & Schott im Sinne eines Retention Managements in Bewegung?
Viele Mitarbeitende sind langjährige Wegbegleiter. Durch unser Wachstum werden immer neue klassische Führungspositionen frei, die für einige von ihnen interessant sind. Andere wollen sich im Laufe ihres Berufslebens umorientieren, noch einmal neue Aufgaben und Herausforderungen angehen oder in andere Bereiche schnuppern. Hier sind wir sehr flexibel und suchen immer nach individuellen Lösungen.
Unsere Mitarbeitenden wissen auch zu schätzen, was wir konkret für sie tun. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Während der Corona-Pandemie haben wir schnell und effektiv ein Impfangebot für die Belegschaft und die Angehörigen organisiert. Auch haben wir nach einem sehr erfolgreichen Geschäftsjahr in 2021 den allgemeinen Urlaubsanspruch erhöht und freiwillig einen Sonderbonus an alle Mitarbeitenden ausgezahlt.
Im Zuge von „New Work“ gibt es ein Spannungsfeld zwischen Bindung an / Kontrolle durch das Unternehmen einerseits und dem Wunsch nach Freiheit und Flexibilität andererseits. Stichworte sind hier Homeoffice, Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit. Wie lösen Sie das bei Campana & Schott auf?
Flexibles Arbeiten von zu Hause aus ist durch die technische Ausstattung und die konsequente Nutzung von Cloud-Diensten problemlos möglich. Dabei bewegen wir uns in einem Spannungsfeld zwischen unternehmerischen, kundenseitigen und Mitarbeitenden-Erwartungen. Wir vertrauen darauf, dass im Einzelfall gute individuelle Lösungen gemeinsam mit dem Kunden und der Führungskraft gefunden werden.
Die Reisetätigkeit zu den Mandaten ist an dieser Stelle ein wichtiger Punkt. Das in manchen Köpfen noch vorhandene Klischee des Consultant-Lebens aus dem Rollkoffer und in Hotelzimmern hat sich allerdings spätestens seit der Corona-Pandemie überholt. Unsere Kunden sind inzwischen viel offener für digitale Formen der Zusammenarbeit geworden.
Ihre Kundenunternehmen sind vielfach mit einem zunehmend komplexeren und volatileren Umfeld konfrontiert. Das wirkt sich auch auf die Anforderung an Beratende aus. Wie begegnen Sie dem im Sinne von Kompetenzmanagement und Weiterbildung, aber auch Entlastung der Mitarbeitenden?
Mit unserer CS Academy ermöglichen wir unseren Mitarbeitenden ein gezieltes und effektives Lernen, das gleichzeitig so flexibel und anpassungsfähig ist, dass wir auf sich ändernde Anforderungen schnell reagieren können. Unser Kompetenz- und Weiterbildungsmanagement orientiert sich an drei Eckpfeilern:
- Welche Beratenden-Profile fordern aktuell unsere Kunden beziehungsweise der Markt?
- Mit welchen Qualifikationsprofilen können wir diesen Bedarf optimal decken?
- Wohin möchten sich unsere Beratenden perspektivisch fachlich und persönlich entwickeln? Hier stimmen wir sehr individuell die Schwerpunkte ab, die entsprechend mit Entwicklungspfaden hinterlegt sind. Das schafft Klarheit, Fokus und Orientierung.
Für Entlastung sorgen Teilzeit-Modelle und Auszeiten, die unsere Mitarbeitenden wahrnehmen können, um einer veränderten Lebenssituation gerecht zu werden oder um sich einen lang gehegten Reisewunsch zu erfüllen. Die Mitarbeitenden können sich zudem jederzeit an ihre Führungskraft wenden, wenn die Arbeitslast überhandnimmt. Darüber hinaus gibt es interne Vertrauenspersonen, an die man sich wenden kann oder auch ein externes Beratungsangebot für schwierigere Situationen.
In stressigen Arbeitsphasen hilft sicherlich auch unser weit verbreiteter Teamgeist.
Selbst bei Erstplatzierten beim GPTW-Wettbewerb läuft als Arbeitgeber nicht alles rund. An welchen Stellen machen Sie bei sich selbst Optimierungspotenzial aus?
Durch regelmäßige Befragungen der Mitarbeitenden oder Exit-Gespräche haben wir unsere „Problemstellen“ gut im Blick. Auch wenn wir diese nicht immer unmittelbar angehen können, behalten wir Verbesserungspotenziale im Blick und berücksichtigen diese in unseren Entscheidungs- sowie Planungsprozessen.
Aktuell sind wir als Organisation beispielsweise dabei, unsere Strukturen und Prozesse stärker zu transformieren. Dabei werden themenspezifische Teams entstehen, die mit den passenden Beratungsleistungen mehr End-to-end-Verantwortung im Business erhalten. Vom Angebot bis zur Lieferung und Abrechnung eines Projekts setzen wir auf mehr Transparenz und direkte Verantwortung bei unseren Teams.
Das Interview führte Alexander Kolberg.
Über die Person
Anna Adler ist Leiterin des Funktionsbereichs Corporate Development und gehört dem Management Board bei Campana & Schott an. Sie ist verantwortlich für Strategie- und Innovationsinitiativen sowie die Bereiche Talent- und Organisationsentwicklung. Adler ist diplomierte Mathematikerin und arbeitet seit Anfang 2002 bei Campana & Schott.
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