Interview mit Berildja de Carvalho, Baringa „Wir sind stolze Geeks. Bei uns gibt es keine Generalisten“

"Wir arbeiten mit Menschen zusammen, nicht mit Unternehmen", heißt ein Credo bei Baringa. Entsprechend werden die Mitarbeitenden auch ermutigt, ihr ganzes Wesen in die Arbeit einzubringen. (Bild: picture alliance / Zoonar | Channel Partners)
Eine zentrale Botschaft von Baringa, der auch direkt beim Besuch Ihrer Webseite auffällt, heißt „Putting people first. Creating impact that lasts“. Welche zentralen Gedanken verbinden Sie damit?
Berildja de Carvalho: Es gibt fünf zentrale Anker, die wir mit dem “Putting People First” - Ansatz verknüpfen. Erstens: Wir arbeiten mit Menschen zusammen, nicht mit Unternehmen. Die Menschen, die unser Fachwissen benötigen, stehen für uns im Mittelpunkt. Zweitens: Wir legen großen Wert auf einen respektvollen Umgang und eine kollaborative Zusammenarbeit. Drittens: Wir pflegen eine integrative Kultur, in der die Stimme jedes Einzelnen zählt, und wir sind immer bereit, Neues zu lernen. Unsere Diskussionsgruppen zu Themen wie Neurodiversität, Identität am Arbeitsplatz und Sensibilisierung für Fehlverhalten fördern diese offene Debatte. Viertens:
Wir sind stolze Geeks. Bei uns gibt es keine Generalisten. Alle unsere Teams sind bestrebt, ihre fundierten Erfahrungen und ihre Begeisterung für ihre Spezialgebiete weiterzugeben.
Und daran anknüpfend schließlich fünftens: Anders ist gut. Wir schätzen die Vielfalt und ermutigen jeden, sein ganzes Wesen in die Arbeit einzubringen. Als Resultat bekommen wir die cleveren und kreativen Ideen, die man nur findet, wenn man Stimmen aus allen Bereichen hört.
Der Befund ist nicht ganz neu: Auch in der Beratungsbranche gibt es einen Fachkräftemangel. Worauf setzen Sie beim Employer Branding? Inwiefern spielt hier der von CONSULTING.de unterstützte GPTW-Wettbewerb „Beste Arbeitgeber im Consulting“ eine Rolle?
Berildja de Carvalho: Mit der Teilnahme am GPTW-Wettbewerb möchten wir unter anderem aufzeigen, dass wir nicht nur unsere geschätzten Werte leben und pflegen, sondern uns dadurch bewusst von alteingesessenen Kulturen in der Unternehmensberatung abheben. Wir stellen die Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden immer in den Vordergrund, fördern trotz unserer Größe ein familiäres Betriebsklima, leben eine kollaborative Arbeitskultur und schaffen die Rahmenbedingungen für eine gute Work-Life-Balance. Wir schätzen diese Auszeichnung sehr, da diese auf der Wahrnehmung und Realität unserer Mitarbeiter fußt.
Welche Profile suchen Sie aktuell? Worin besteht die besondere Herausforderung, solche Persönlichkeiten für Baringa zu gewinnen? Mit welchen Anforderungen an Sie als Arbeitgeber werden Sie konfrontiert und wo setzen Sie Grenzen?
Berildja de Carvalho: Unsere einzigartige Kultur ist der Schlüssel zu unserem Erfolg. Wir sind bestrebt, unser Wachstum in ganz Europa fortzusetzen, und stellen auf allen Ebenen und in allen Geschäftsbereichen, Energie & Rohstoffe, Financial Services, Consumer Goods, Pharma und Life Sciences, neue Mitarbeitende ein, um unser Ziel zu erreichen. Bereits im Bewerbungsverfahren achten wir neben der fachlichen Expertise auch auf die Persönlichkeit des Bewerbers. Alle im Interviewprozess involvierten Kolleginnen und Kollegen tauschen sich aus, um sicherzustellen, dass Fach- und Kulturfit auf allen Ebenen gewährt sind. Die besondere Herausforderung liegt zum einen darin, dass unsere Mitarbeitenden keine Generalisten sind – Profile, die wir suchen, sind Beratende mit profunden Fachkenntnissen in der Energiewirtschaft.
Zum anderen müssen wir uns mit dem Ruf der Ausbeute- und Ellbogenmentalität auseinandersetzen, welcher der klassischen Beratung vorauseilt. Meist braucht es eine gewisse Überzeugungsarbeit, dass genau Letzteres bei uns nicht vorherrscht.
Bewerberinnen und Bewerber wünschen sich neben einer fairen Bezahlung mehr Flexibilität sowohl in den Arbeitszeiten als auch in der Karrieregestaltung, um Familie und Beruf in Einklang zu bringen. Alles Themen, die wir sehr gut abdecken. Bei den Gehaltsverhandlungen setzen wir allerdings Grenzen. Wir haben feste und faire Gehaltsstrukturen, an die wir uns auch halten, um die Chancengleichheit zwischen allen Geschlechtern zu gewährleisten.
Das Beratungsgeschäft ist, wie auch andere Branchen, auf den oberen Ebenen noch immer eher männlich geprägt. Wo setzen Sie an, um weiblichen Nachwuchs a) zu gewinnen und b) auch tatsächlich karrieretechnisch gleiche Aufstiegsmöglichkeiten zu bieten?
Berildja de Carvalho: Es fängt mit der Einstellung und der gelebten Gleichstellungsmentalität des Unternehmens an. Wir achten darauf, dass alle Geschlechter sich gleichermaßen von unseren Stellenprofilen angesprochen fühlen – zum Beispiel weisen wir in unseren Stellenanzeigen auf Teilzeit hin. Sofern es uns möglich ist, treten wir öffentlich immer mit einer weiblichen Vertretung auf. Ob bei Universitäts-/Karrieremessen oder Fachkonferenzen, es ist unser Ziel, dass interessierte Kandidatinnen direkt mit einer Baringa-Mitarbeiterin interagieren.
Bezogen auf die tatsächlichen karrieretechnischen Aufstiegsmöglichkeiten gibt es bei uns keine Politik. Alle Mitarbeitenden haben die gleichen Aufstiegschancen. Beförderungen werden nicht nur von einer Person entschieden, sondern von einem Beförderungsausschuss geleitet.
Dieser hat die Aufgabe, die Eignung einer Person für eine Beförderung zu beurteilen. Die Beförderungskriterien und die Erwartungsmatrix sind für alle Mitarbeitenden gleich. Des Weiteren haben wir Netzwerke und Strukturen etabliert, die es erlauben, dass weibliche Mitarbeitende sich vernetzen, Mentoringprogramme ausgeweitet und Plattformen ins Leben gerufen, um Erfolgsgeschichten miteinander zu teilen. Unsere weiblichen Führungskräfte nehmen ebenfalls am Female Leadership Development-Programm teil, das moderne Trainings zu den Themen Female Empowerment, Gender Equality and sonstige tägliche Herausforderungen im berufliche Alltag aufgreift. Abschließend sind unsere flexiblen Arbeitszeitmodelle das Fundament, um Karriere und Familie unter einen Hut zu bringen. Diese Bemühungen haben dazu geführt, dass sowohl die Anzahl von Frauen in den seniorigen Levels als auch die Anzahl an weiblichen Partnern gewachsen sind.
Fachkräftemangel im eigenen Unternehmen kann auch durch Fluktuation entstehen. Welche Hebel setzen Sie bei Baringa im Sinne eines Retention Managements in Bewegung?
Berildja de Carvalho: Uns ist bewusst, dass jeder Mensch im Verlauf seiner Karriere unterschiedliche Prioritäten setzen wird. Von “work to live” bis “live to work” ist alles dabei. Und diese Entwicklung begleiten zu können, haben wir diese wesentlichen Hebel im Einsatz:
- In unseren Business Units gibt es keine Quoten;
- wir leben keine Up or Out Culture;
- es gibt keine Anforderungen an die Karriereentwicklung. Jede Karrierestufe eignet sich, um eine Fachexpertise aufzubauen;
- wir achten darauf, dass unsere Benefits nicht nur aus materiellen Anreizen bestehen; wir sind für unterschiedliche Ausprägungen von flexiblen Arbeitszeitmodellen offen und
- um die Mitarbeiterbindung zu stärken, organisieren wir zahlreiche Firmenveranstaltungen, zu denen Partner, Begleitpersonen und Kinder eingeladen sind. Dadurch möchten wir unsere aufrichtige Wertschätzung ausdrücken und den unterstützenden Familienmitgliedern und Freunden unserer Mitarbeitenden danken.
Ihre Kundenunternehmen sind vielfach mit einem zunehmend komplexeren und volatileren Umfeld konfrontiert. Das wirkt sich auch auf die Anforderung an Beratende aus. Wie begegnen Sie dem im Sinne von Kompetenzmanagement und Weiterbildung, aber auch Entlastung der Mitarbeitenden?
Berildja de Carvalho: Wir bieten viele In-house-Weiterbildungsangebote an. Unsere Mitarbeitenden haben im Rahmen eines Punktesystems jedes Jahr ein Budget zur Verfügung, mit dem sie auch externe Weiterbilungsangebote in Anspruch nehmen können. Das Mindset, dass wir an unsere Mitarbeitenden weitergeben ist, dass diese sich stetig für etwas Neues begeistern und stetig über sich hinauszuwachsen sollen. Jeder hat die Chance, sich als Experte zu positionieren. Diese Expertise wird weltweit gefördert und eingesetzt. Des Weiteren legen wir viel Wert darauf, dass Wissen und Expertise innerhalb des Unternehmens geteilt werden – zum Beispiel durch Knowledge Share Sessions, in denen Herausforderungen geteilt, miteinander besprochen und ausgearbeitet werden.
Diese Wissensnetzwerke innerhalb Baringas fördern wir gezielt, zur Stärkung des Gesamterfolgs und der Kollegialität der Mitarbeitenden über alle regionalen Grenzen hinweg.
Die Bench-time zum Beispiel ist ein Entlastunginstrument für unsere Beratenden. Diese Zeit soll zur Erholung genutzt werden. Unsere Beratenden arbeiten immer im Team, alle im Team tragen die gleiche Arbeitslast und die Projektleiter sind angehalten sicherzustellen, dass intensive Phasen nur eine “Phase” sind und kein Dauerzustand.
Im Zuge von „New Work“ gibt es ein Spannungsfeld zwischen Bindung an und auch ein Stück weit berechtigter Kontrolle durch das Unternehmen einerseits und dem Wunsch nach Freiheit und Flexibilität aufseiten der Mitarbeitenden andererseits. Stichworte sind hier Homeoffice, Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit. Wie lösen Sie das bei Baringa auf?
Berildja de Carvalho: Wir bei Baringa haben dieses Spannungsfeld nicht. Unser “Putting People First”- Ansatz unterstreicht, dass die Qualität der Arbeit im Vordergrund steht und nicht die Quantität, gemessen an der Arbeitszeit. Die Arbeitszeiten, beziehungsweise die Verfügbarkeit unserer Mitarbeitenden, richten sich gleichermaßen an die Bedürfnisse der Kunden als auch unserer Mitarbeitenden. Termine, Meetings und Arbeitsergebnisse werden so koordiniert, dass alles stets in Balance bleibt.
Selbst bei Erstplatzierten beim GPTW-Wettbewerb läuft als Arbeitgeber nicht alles rund. An welchen Stellen machen Sie selbst bei sich Optimierungspotenzial aus?
Berildja de Carvalho: Wir sind ein globales und schnell wachsendes Unternehmen. Mit dem Wachstum kann es vorkommen, dass einige Prozesse nicht im gleichen Tempo mitwachsen. Wir sind diesen Herausforderungen gewachsen, holen Rückstände auf, wo benötigt, und erfreuen uns mit unseren Mitarbeitern an der Frucht unserer Arbeit und Mentalität. Gleichzeitig ist es Teil unseres unternehmerischen Handelns, ein Umfeld zu schaffen, in dem wir uns alle persönlich und beruflich weiterentwickeln können.
Das Interview führte Alexander Kolberg.
Über die Person
Berildja de Carvalho ist Senior Recruitment Advisor bei Baringa und verantwortet die Konzeption und strategische Umsetzung von Personalbeschaffungsmaßnahmen für die Geschäftsbereiche in Europa. Nach ihrem Masterabschluss in International Management & Economics war sie fünf Jahre für eine renommierte Personalberatung tätig, wechselte anschließend zu einem internationalen Ingenieurbüro und unterstützt seit 2022 Baringa mit ihrer Erfahrung.
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