KUBUS Studie 2016 Zufriedenheit im Versicherungsmarkt steigt
Von Torben Tietz, Partner bei MSR Insights

Eine wesentliche Ursache für den Anstieg ist der verbesserte Kundenservice. Dieser Anstieg resultiert aus der kontinuierlichen Arbeit an den Prozessen in Verbindung mit einer relativ normalen Auslastungssituation. Da es in den letzten 2 Jahren keine größeren Kumulereignisse gab, konnten die Versicherer weitgehend im Regelbetrieb arbeiten. 2013 waren die letzten wirklich großen Hagelereignisse. Auch größere Hochwasserereignisse kamen 2013 zum letzten Mal vor. Die Unwetter aus dem Juni 2016 schlagen sich noch nicht in den Ergebnissen der Studie nieder.
Natürlich beeinflusst die gute wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland ebenfalls die Kundenurteile. Wenn es den Versicherten wirtschaftlich gut geht, ergeben sich weniger Anlässe, die Versicherungsausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Die gute wirtschaftliche Entwicklung schlägt sich in zwei Punkten nieder: das Preis-Leistungs-Verhältnis wird marktweit weniger kritisch beurteilt und das Wechselgeschäft hat abgenommen.
Unter diesen Rahmenbedingungen agiert der Vertrieb kundenwertorientierter als in den Vorjahren. Da weniger Kunden aufgrund von Wechselwünschen oder Schäden von sich aus auf ihren Betreuer zugehen, muss dieser eher die Initiative ergreifen. Dies kann man beobachten: der Anteil Kontakte, die auf Initiative des Betreuers stattfinden ist von 37% auf 40% gestiegen. Wenn der Betreuer die Initiative ergreift, steuert er eher auf die Kunden mit Potenzial zu. In Summe führt das dazu, dass die Betreuerzufriedenheit unverändert zum Vorjahr ist.
Die zunehmende Potenzialorientierung im Vertrieb ist absolut sinnvoll. Wenn ein regelmäßiger Vertragscheck bei Kunden mit höherem Einkommen stattfindet, steigt die Neuabschlussquote um über 50%. Bei Kunden mit geringerem Einkommen steigt diese nur um gut 20%.
Betreuung bedeutet aus Kundensicht nicht mehr nur die persönliche und telefonische Betreuung durch den Betreuer. 39% der Kunden der Top23 Versicherer sind offen für digitale Betreuungswege bzw. wünschen sich diese aktiv – mit steigender Tendenz. Nur jeder Fünfte lehnt digitale Kontakte zum Versicherer ab – meist, weil ein performanter Internetzugang fehlt. Bei fehlenden Betreuerkontakten sorgen digitale Kontakte zum Versicherer dafür, dass Unzufriedenheit mit der Betreuung verhindert wird. Dabei finden viele der Kontakte bereits über mobile Geräte statt. 40% der Versicherungskunden haben ihr Smartphone bzw. ihren Tablet PC bereits im Zusammenhang mit dem Thema Versicherung genutzt.
Direktversicherer – Betreuung mittlerweile besser als bei Außendienstversicherern
Bei einem Blick auf die Spezialmärkte werden noch weitere wichtige Trends und Entwicklungen deutlich:
Bei den Direktversicherern verbessern sich die Zufriedenheit mit der Betreuung sowie der Service. Der Wunsch nach Betreuung über die Online-Kanäle nimmt zu und diesem wird entsprochen. Die Direktversicherer schaffen es damit, bei ihren Kunden eine höhere Zufriedenheit mit der Betreuung zu erzielen als die klassischen Außendienstversicherer.
Ein weiterer Aspekt, bei dem die Direktversicherer klüger als in der Vergangenheit agieren, ist die zielgerichtete Ansprache der richtigen Kunden mit Informations- und Werbebriefen. Insgesamt geht die Menge an versandten Informations- und Werbebriefen im Markt zurück. Die Beurteilung der Werbebriefe steigt im Gegenzug. Insbesondere nehmen die Kunden die Werbebriefe heute deutlich häufiger als eine auf sie und ihre Bedürfnisse ausgerichtete Ansprache wahr. Dies zeigt sich auch in gestiegenen Erfolgsquoten.
Ein großer Vorteil, den Direktversicherer zunehmend besser ausspielen, ist die Möglichkeit, die Kontakterlebnisse der Kunden konsistent zu steuern. Bei klassischen Außendienstversicherern kann man zwar grundsätzlich erkennen, dass viele Kontakte die Zufriedenheit mit der Betreuung erhöhen. Wenn allerdings Außendienst und Innendienst bei einem Thema gemeinsam agieren, kommt es noch häufig zu Unzufriedenheit.
Auch wenn die neuen Kunden der Direktversicherer eine weitgehend digitale Betreuung erwarten und nutzen, haben Direktversicherer weiterhin Bestände, denen die telefonische und auch schriftliche Betreuung per Brief wichtig sind. Es zeigt sich im Übrigen auch bei den jüngeren digital affinen Kundengruppen, dass die persönliche Interaktion – ob im Rahmen eines Telefonats, eines Chats oder von Co-Browsing – eine höhere Chance hat, Begeisterung auszulösen als dies Self-Service-Prozesse haben.
Als Resultat des verbesserten Betreuungsgefühls steigt der Anteil Kunden, für die ihr Direktversicherer auch als Hauptversicherer in Frage kommt, kontinuierlich an.
PKV – Relative Preisstabilität und Serviceinnovationen erhöhen die Zufriedenheit
Die Zufriedenheit mit der Beitragsentwicklung der Vollversicherten hat einen Höchststand erreicht. Der letzte Einbruch in den Jahren 2011 und 2012, als flächendeckend relativ hohe Beitragsanpassungen durchgeführt wurden, ist komplett verarbeitet. Und die Krankenversicherer haben weiter an ihrer Kommunikation gearbeitet. So können die Kunden gerade auch die Begründungen für höhere Anpassungen besser nachvollziehen als in den Vorjahren.
Hinzu kommt eine kontinuierliche Verbesserung bei der Leistungsfallabwicklung. Eine Ursache hierfür ist der zunehmende Einsatz von Leistungsfall-Apps zur Leistungsfallabwicklung. Kunden, die ihren Leistungsfall per App abwickeln, sind deutlich zufriedener. Zwar ist die Durchdringung noch ausbaufähig, jedoch hat die Auseinandersetzung mit der Umstellung der Prozesse auf die Einreichung per App auch Früchte für die Abwicklung der Leistungsfälle bei klassischer Einreichung getragen.
Die Digitalisierung zeigt sich auch im Informationsprozess. Fast alle Abschließer nutzen das Internet in der Informationsphase. Und diese Informationen sind entscheidungsleitend: 17% der Abschließer einer Krankenvollversicherung geben an, dass diese Informationen entscheidend waren. Bei den Zusatzversicherten sind es sogar 22%.
Für die private Pflegeversicherung sind weitere Potenziale im Markt vorhanden. Auffällig ist die sehr unterschiedliche Ausschöpfung der Potenziale durch die verschiedenen KV-Anbieter. Einige schaffen es, fast das gesamte Pflege-Geschäft in ihrem Bestand zu sich zu holen. Gerade stark im Maklermarkt agierende Versicherer tun sich dabei deutlich schwerer.
Rechtsschutzversicherung – Steuerung begeistert seltener
Die Zufriedenheit der Kunden mit Rechtsschutzversicherung ist insgesamt unverändert.
Die Rechtsschutzversicherer haben sich schon vor einer Weile vom Kostenerstatter zum Rechtsdienstleister entwickelt. Nach wie vor kommt dieses Konzept bei Kunden gut an. Und die Kunden haben ihr Verhalten geändert. Der direkte Gang zum Anwalt hat sich im Laufe der Jahre deutlich reduziert. Mittlerweile Fragen 79% der Kunden zunächst bei ihrem Rechtsschutzversicherer bzw. ihrem Betreuer an, bevor sie zum Anwalt gehen, und geben diesem damit die Möglichkeit, ihnen Rechtsdienstleistungen von Partnern anzubieten. Vor sieben Jahren lag dieser Anteil noch bei 60%. Soweit der Erfolg aus Versicherersicht, der zeigt, dass ein Navigator im Rechtssystem von den Kunden gewünscht und genutzt wird. Leider ist die Begeisterung der Kunden, die Services wie telefonische Rechtsberatung oder Anwaltsempfehlungen nutzen, nicht mehr so hoch wie bei der Einführung dieser Angebote. Ein klassischer Effekt: die Mehrwertleistung wird zunehmend zum Standard. Überraschung über ein Serviceangebot weicht einer Erwartungshaltung. Und das wirkt sich dann auch entsprechend auf die Zufriedenheit mit der Leistungsfallabwicklung aus.
Ein weiterer Grund für die stagnierende Zufriedenheit mit Rechtsschutzversicherern ist, dass sich die BAK bei einigen Unternehmen bemerkbar gemacht hat. Das Preis-Leistungs-Verhältnis wird zum ersten Mal seit vielen Jahren nicht besser beurteilt.
Fazit
Die Versicherer arbeiten an ihren Kontaktpunkten und dies kommt bei den Kunden an. Es bleibt die Frage, inwieweit die verbesserte Performance auch in einem Umfeld mit neuen Großereignissen gehalten werden kann.
Eine zunehmende Wertorientierung in den Vertrieben ist grundsätzlich sehr sinnvoll. Die aktuelle Entwicklung lässt noch viel Luft nach oben. Die Frage einer systematisch kundenwertorientierten Kontaktsteuerung ist in einem Umfeld mit sinkenden Vermittlerzahlen jedoch so aktuell wie noch nie. Eine Gesamtsicht auf den Kunden fehlt jedoch zumeist. Daher wird es eine wichtige Frage für die klassischen Versicherer sein, wie sie das Betreuungsgefühl bei ihren Kunden nachhaltig steigern können anstatt von den Direktversicherern in Punkto Betreuung weiter abgehängt zu werden.
Dabei wird die Frage, wie zentrale und dezentrale Kontakte gemanaged werden, um eine einheitliche Customer Experience zu erzeugen, entscheidend sein.
Zur Person:

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